Erzählcafé: Erinnerungen an die „gute alte Zeit“ wurden wach
Der Seniorenbeirat und das Altenzentrum luden zum ersten Mal zum Erzählcafé ein. Dabei ging es um die Schulzeit.
Burscheid. Früher war alles besser. Oder doch nicht? Fast 30 Besucher waren der Einladung des Seniorenbeirats und des Evangelischen Altenzentrums am Mittwochnachmittag gefolgt — doch viele von ihnen erinnerten sich mit gemischten Gefühlen an die viel zitierte gute alte Zeit.
Flott moderierten Sabine Wurmbach vom Geschichtsverein und Barbara Sarx vom Seniorenbeirat im Aufenthaltsraum des Seniorenzentrums den Nachmittag. Die anwesenden Frauen und Männer nahmen den roten Faden unter großem Mitteilungsbedürfnis auf und ließen die Runde an ihren „Erinnerungen an meine Schulzeit in Burscheid“, so das erste Thema der neuen Reihe, teilhaben. Die gedankliche Zeitreise wurde wegen der verstreuten Verwurzelungen der Gäste freilich eine bundesweite. Und eine sehr bewegende.
Nicht unweit der Lindenstadt ist Liselotte Reintges aufgewachsen. „Wir mussten jeden Morgen durch den Wald nach Quettingen zur Schule gehen.“ Acht Kilometer habe die Strecke durch den finsteren Forst betragen — 15 Kilometer die sicherere über die Straße. „Als ich sieben Jahre alt war, ist mir eines Tages ein nackter Mann auf einem Fahrrad entgegengekommen“, erinnert sich die 73-Jährige. Furchtbar sei das gewesen. In großer Angst sei sie unter einem Stacheldrahtzaun hindurch zu einem nahegelegenen Bauernhof geflüchtet. „Dabei habe ich mir mein schönes Schulkleid kaputt gemacht.“
Ihr Ehemann Heinz, der neben ihr sitzt, kam 1933 auf die Schule und war schon mit 17 Jahren in Kriegsgefangenschaft. Und er spricht von einem „Glück“ für jüngere Generationen, dass diese Zeit vorbei sei. „Ich kann nicht verstehen, dass es jetzt wieder so Idioten gibt, die marschieren“, sagt er hinsichtlich der jüngsten Auswüchse gegen Ausländer auf deutschen Straßen.
Überfüllte Schulklassen mit 50 Kindern (in denen man etwas lernen könne, so der Tenor), Streiche im Unterricht, Benachteiligungen aufgrund religiöser Zugehörigkeit und auch körperliche Züchtigungen im Unterricht waren die weiteren Themen an dem Nachmittag.
An letzteres Kapitel erinnert sich auch Irmgard Grave (66). Als Strafe — aus welchem Grund auch immer — habe ihr Klassenlehrer in der katholischen Pestalozzischule ihr auf die Hände schlagen wollen. „Aber ich habe die Hände weggezogen. Da hat er sich selbst auf die Finger geschlagen.“ Die Folge: eine dreiseitige Strafarbeit.
Thema beim nächsten Erzählcafé am 8. April mit Marie-Luise Mettlach: mein Poesie-Album.