Johannes Pink verlässt Federal-Mogul
Der Zulieferer steht wirtschaftlich stark da und setzt weiter auf Innovationen. Neuestes Patent ist ein Kolbenring mit reibungsarmer Beschichtung.
Burscheid. Ganz am Schluss der Pressekonferenz zur wirtschaftlichen Lage und Perspektive von Federal-Mogul (FM) reichte Senior Vice President Michael Hedderich, weltweit verantwortlich für den Bereich Kolbenringe und Zylinderlaufbuchsen, noch eine für Burscheid bedauerliche Personalie nach: Geschäftsführer Johannes Pink verlässt nicht nur den Standort Burscheid, sondern den Konzern insgesamt.
Nach acht Jahren bei FM und vier Jahren in Burscheid wechselt Pink Ende April zu einem nach seinen Worten „stark expandierenden Unternehmen“ und übernimmt dort ein Aufgabengebiet mit „globaler Verantwortung“. Welche Firma es ist, wollte er nicht mitteilen, aber es handele sich auch um einen Automobilzulieferer.
Verlockend sei nicht nur der größere Verantwortungsbereich gewesen, sondern auch die Lage in unmittelbarer Nähe seines Wohnorts Boppard südlich von Koblenz. Starke Gründe, die letztlich doch den Ausschlag für den Wechsel gaben, obwohl Pink zu seiner Burscheider Zeit sagt: „Die Arbeit hat sehr viel Spaß gemacht. Die Belegschaft identifiziert sich mit dem Unternehmen und der Teamgeist ist sehr ausgeprägt.“
Ein Nachfolger ist noch nicht gefunden, zunächst wird es eine Interimslösung geben. Das sei auch kein Problem, so Hedderich, der Standort Burscheid sei in guter Verfassung und mit sehr eigenständigen Bereichsleitern ausgestattet. „Eine Entscheidung wird aber sicher in diesem Jahr fallen, wahrscheinlich innerhalb der nächsten sechs Monate.“
Pink verlässt Burscheid in einer Phase wirtschaftlicher Stärke. Schon das vergangene Jahr brachte dem Standort ein Umsatzplus von sieben Prozent. Bei dem Joint Venture für die Stahlringproduktion lag es sogar bei 21 Prozent. Die Zahl der Mitarbeiter wuchs innerhalb eines Jahres um knapp 140 auf 1837 Ende Dezember.
Und der Aufwärtstrend hält auch im ersten Quartal dieses Jahres an: Ein Plus von fünf Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum, bei den Stahlringen sogar von 16 Prozent. Auch der Mitarbeiterstamm ist noch einmal leicht angewachsen. 15 Millionen Euro will FM in diesem Jahr in Burscheid investieren, drei Millionen mehr als im vergangenen Jahr.
Während Wettbewerber wie der Stuttgarter Zulieferer Mahle deutsche Standorte mehr und mehr infrage stellen, bekennt sich FM weiter zu Burscheid — und das vor allem auf der Basis der Innovationen. „Das gibt uns die Zukunftssicherheit für diesen Standort“, sagt Steffen Hoppe, Leiter Forschung und Entwicklung.
Über 300 Patente besitzt FM im Bereich Kolbenringe und Zylinderlaufbuchsen. 2009 wurde Patentantrag gestellt für eine neue Ringbeschichtung mit der Bezeichnung DuroGlide. Heute zählt die Technologie zu den jüngsten Hoffnungsträgern des Unternehmens. Denn sie kann durch geringere Reibung den Kraftstoffverbrauch und die CO2-Emission um bis zu 1,5 Prozent mindern.
Das entspricht den immer höheren Erwartungen der Kunden, die FM vor allem als Chance sieht, seinen Entwicklungsvorsprung auszureizen. DuroGlide hat inzwischen Serienreife erlangt. Seit der vergangenen Woche wird für den ersten Kunden produziert.
So wie der Standort in Forschung und Entwicklung seine Führungsrolle innerhalb des Konzerns weiter gefestigt zu haben scheint, so gibt es auch auf der Personalseite keine Anzeichen für Zweifel am Verbleib in Burscheid. „Mehr als drei Viertel aller Mitarbeiter haben 2014 an Weiterbildungen teilgenommen“, sagt Personalleiterin Andrea Vogt-Schulz. Mehr als 330 000 Euro war FM die Qualifizierung der Belegschaft im vergangenen Jahr wert.
Die Qualifizierung gilt auch für das Führungspersonal — und setzt dort schon bei den Schichtführern an. Über die Frage der Meisternachfolge reicht sie bis auf Direktorenebene hinauf.
Im Dreiklang von guter Auftragslage, erfolgreichen Innovationen und langfristiger Personalplanung steht der Standort derzeit so stark wie lange nicht da. Dass laut Hedderich das Arbeiten unter Konzernchef Rainer Jückstock zudem „viel Spaß macht und sehr zielorientiert ist“, tut sein Übriges.
Aber ganz so ungetrübt will Hedderich die Lagebeschreibung doch nicht ausfallen lassen. „Tendenziell bewegt sich der Markt weg von Europa.“ Die Kunden verfolgten die Strategie, die Märkte in Asien und Lateinamerika lokal zu bedienen — und erwarteten das auch von ihren Zulieferern.
Und auch die Gleichung „Hohe Technologie = hohe Preise“ könne nicht beliebig ausgereizt werden. „Bei unseren Kunden setzt der Einkauf die Techniker unter Druck.“ FM müsse in der Konsequenz seine Kosten unter Kontrolle halten.
Immerhin: Noch scheinen die Techniker der Kunden ihren Einkauf von der FM-Qualität überzeugen zu können. „Der Standort“, sagt Hedderich, „bewegt sich derzeit an seinen Kapazitätsgrenzen.“