Gesamtschule in kirchlicher Trägerschaft zum Greifen nah

Zwei Modelle stehen zur Auswahl. Aber die Fraktionen setzen auf die Landeskirche. Am Donnerstag fällt im Schulausschuss der Grundsatzbeschluss.

Burscheid. Die Burscheider Schullandschaft steht vor einer historischen Neugestaltung. Erstmals in ihrer Geschichte könnte die Stadt Schülern den Weg bis zum Abitur anbieten.

Für die erhoffte Gesamtschullösung, die schon zum Schuljahr 2014/15 greifen soll, gibt es nach den jüngsten Gesprächen mit der Stadt Leverkusen und der Evangelischen Kirche im Rheinland sogar zwei Modelle. Aber alles deutet dabei auf eine Zusammenarbeit mit der Kirche hin.

Das Modell sieht vor, dass ab dem kommenden Schuljahr Real- und Hauptschule keine neuen Schüler mehr aufnehmen. Stattdessen soll die neue kirchliche Gesamtschule mit der Aufnahme des 5. Schuljahres starten. Geplant sind vier Züge, gewünscht fünf.

Die unter Sparzwang stehende Landeskirche würde ihr Realschulgebäude bereits zum Gesamtschulstart an die Stadt abtreten. Das wäre die erste finanzielle Entlastung. Die zweite, perspektivische: Der Kirche würde vertraglich die Option eingeräumt, im Jahr 2023, wenn an der Gesamtschule erstmals alle neun Jahrgänge vorhanden sind, die Trägerschaft an die Stadt zu übertragen.

Die Düsseldorfer Kirchenleitung hat das Modell daher schon abgesegnet. Es wird somit nicht mehr Thema bei der Landessynode im Januar 2014 sein, auf der einschneidende Sparbeschlüsse anstehen.

In der Burscheider Politik soll der weichenstellende Grundsatzbeschluss in einer Sondersitzung des Schulausschusses am Donnerstag fallen. Obwohl noch eine Alternative besteht, gibt es laut Bürgermeister Stefan Caplan bei den Fraktionsvorsitzenden eine eindeutige Präferenz für die Burscheider Lösung mit der Kirche. Darüber wurde am Montag auch der Leverkusener Rat informiert.

Gleichwohl seien auch die Gespräche mit der Stadt Leverkusen sehr gut verlaufen. Eine Verbundschule mit Leverkusen würde nach den gesetzlichen Vorgaben in beiden Städten jeweils drei Züge erfordern. Leverkusen wäre auch bereit, die spätere Oberstufe dann allein Burscheid zuzubilligen. Nachteil gegenüber der kirchlichen Lösung: Die 75 Anmeldungen für die drei Burscheider Züge müssten alle auch wirklich aus Burscheid stammen — bei gleichzeitig weiter bestehender Evangelischer Realschule.

Eine rein Burscheider Gesamtschule als kirchliche Ersatzschule benötigt aber nur hundert Anmeldungen, die zudem aus der ganzen Region stammen können. Auch bestünde dann die Realschule als Wahlalternative für die Eltern nicht mehr. „Wir sind sehr stolz, dass wir gegenüber der Situation im Mai, wo noch keine Lösung greifbar war, jetzt sogar zwei Modelle präsentieren können“, sagt Bürgermeister Caplan. „Zum ersten Mal wird es dadurch eine Oberstufe in Burscheid geben.“

Dass für Gesamtschulen weiter das G9-Prinzip gilt (Abitur nach 13 statt zwölf Jahren), könnte der Schule gerade bei den Eltern weitere Attraktivität verleihen, die die hohen Belastungen des neuen G8-Systems beklagen. Oberkirchenrat Klaus Eberl spricht aus kirchlicher Sicht von einer „Win-win-Situation“: „Wir haben einen guten Weg gefunden, das Schulangebot in Burscheid zu verbessern und uns finanziell zu entlasten.“ Das evangelische Profil der Gesamtschule werde offener gestaltet als bisher: „Es wird nicht ausschließen, sondern so gestaltet, dass alle damit leben können.“

Formaljuristisch würde eine neue Schule gegründet, die aber zunächst auch durch interne Versetzungen und Teilabordnungen mit bereits vorhandenen Lehrkräften bestückt werden könnte. Gestern wurde das Kollegium der Realschule über die Pläne informiert. Auch der Kirchenkreis Leverkusen käme schrittweise aus seiner längst ungeliebten Mitfinanzierung der Evangelischen Realschule heraus.

Die derzeit jährlich von Leverkusen aufgebrachten 40 000 Euro entsprechen laut Eberl zwar nicht dem vertraglich zugesicherten Drittel der Betriebskosten. Aber dennoch soll der Betrag mit jedem ausscheidenden Realschuljahrgang um ein Sechstel abgeschmolzen werden, sodass der Kirchenkreis 2019 aus seiner finanziellen Beteiligung entlassen wäre.

Entscheidend für die Zustimmung der Kirchenleitung zu dem Gesamtschulmodell sei gewesen, so Eberl, dass es perspektivisch den Ausstieg aus der Trägerschaft ermögliche, ohne gleich Knall auf Fall aufzugeben. „Wir haben ein ein halbes Jahrhundert in Burscheid gute Schule gemacht und wollen jetzt auch noch den Einstieg in ein neues Schulsystem ermöglichen.“