Jagd: Jürgen Lang - "Ich schieße kein Bambi tot"
Ein Burscheider Jäger erklärt auf dem Ansitz, warum Tiere getötet werden müssen und warum es ihm doch ans Herz geht.
<strong>Burscheid. Die Dämmerung bricht über Burscheid herein. Jürgen Lang hockt auf seinem Ansitz in fünf Metern Höhe und zieht gemütlich an seiner Zigarette. Seinen grünen Filzhut hat er vor sich abgelegt; das geladene Gewehr, Bockbüchse genannt, lehnt daneben in der Ecke. Der 49-Jährige erzählt leise, aber munter von den zwölf Rehböcken und 16 Wildschweinen, die er in diesem Jahr geschossen hat. Plötzlich dreht er den Kopf zur Seite, greift zu seinem Fernglas und beobachtet, was sich in 50 Metern Entfernung vorsichtig aus dem Wald tastet. "Das ist eine Ricke im zweiten Jahr", erkennt der Jäger das Tier sofort. "Sie ist noch zu jung und womöglich gerade schwanger." Die Bockbüchse bleibt in der Ecke.
Jürgen Lang betreut das Revier IV in Burscheid; es erstreckt sich über etwa 440 Hektar östlich der B 51 bis zum Eifgental auf einem Streifen von der Alten Ziegelei in Hilgen bis nach Blecher. Seit 26 Jahren legt der hauptberufliche Dachdecker fast täglich seine Jägerkluft an und geht in den Wald. Dieser eine Quadratmeter ist der Platz, an dem er über Leben und Tod entscheidet.
Es gibt Abschusspläne über drei Jahre, die vorgeben, wie viele Rehe - welchen Alters und Geschlechts - geschossen werden müssen. Ekkehard Behnke leitet den Hegering Burscheid, in dem 86 Jäger auf fünf Reviere verteilt sind. Er sagt: "Wir schießen viel weniger, als wir eigentlich müssten."
"Wir müssten auch auf Muttertiere und Kitze schießen", sagt Lang. In den ersten Jahren (mit 19 begann er mit der Jagd) habe er das auch öfters getan. Aber inzwischen bleibe der Finger vom Abzug. "Ich schieße kein Bambi tot."
Das Jägerdasein hat auch mühsame Seiten: im Straßenverkehr überfahrene Tiere vom Asphalt kratzen; Mais- und Getreidefelder einzäunen zum Schutz gegen hungrige Wildschweine - "diese Arbeit sieht niemand", klagt Lang.
Es werde zunehmend schwieriger: Rücksichtslose Hundehalter und Mountainbiker schreckten das Wild auf; die dichter gewordene Besiedlung und die Monokulturen der Landwirtschaft nähmen zudem immer mehr Lebensraum weg. Hans-Erik Backhausen, Geschäftsführer der Kreisjägerschaft, sagt: "Fasane und Rebhühner mussten bereits weichen." Dafür seien Populationen anpassungsfähigerer Tiere gewachsen, wie Nilgänse, Kormorane und Dachse, die inzwischen sogar bejagt werden müssen.
Jürgen Lang öffnet den Kofferraum seines alten Geländewagens und legt das Gewehr ab. Geschossen hat er nichts. "Macht nichts, ich beobachte auch gern", sagt er ruhig. "Aber so langsam wäre mal ein junger Bock dran."