Kultur Auf Zeitreise mit historischen Karten

Köln · Das 19. Jahrhundert war für Köln eine Zeit des großen Umbruchs. Zu Beginn dominierte das alte Köln in den mittelalterlichen Stadtmauern. Dort wurde aber der Platz für die Menschen immer enger. Die letzten Grünflächen, darunter auch Weinberge, mussten der Bebauung weichen, um Raum für die stetig wachsende Zahl der Bewohner in der Domstadt zu schaffen.

Die Kreuter‘schen Karten ermöglichen besondere Einblicke in das alte Köln im 19. Jahrhundert.

Foto: step/Eppinger

Die Preußen kamen an den Rhein und brachten ihr Militär mit, sodass eine Festungsstadt mit Kasernen und Forts entstand. Auch die Eisenbahn war ein großes Thema - doch wie sollte diese durch die massiven Stadtmauern ins Zentrum Kölns gelangen? Der Dom war immer noch unvollendet - erst die Preußen sorgten dafür, dass die mächtige gotische Kathedrale im späten 19. Jahrhundert ihr heutiges Aussehen bekam. Dazu gesellte sich die Industrialisierung, die Köln den Weg in die Moderne bahnte.

Das alte Köln
in topografischen Karten

Während immer mehr mittelalterliche Gebäude in Köln verschwanden, weil sie modernen, gründerzeitlichen Bauten Platz machen mussten, gab es Kölner, die ihre alte Stadt zumindest in der Erinnerung unverändert behalten wollten. Dazu zählte auch der Buchhändler, Antiquar, Heimatforscher und Schriftsteller Franz Anton Kreuter, der nicht nur Anekdoten und Archivalien aus der Domstadt sammelte, sondern der diese auch in handgefertigten topografischen Karten für die Nachwelt festhielt.

Dabei beschränkte er sich auf einen engen Bereich der Innenstadt mit den wichtigen Achsen vom Eigelstein bis zur Severinstorburg und vom Ehrentor bis zum Rhein. Bei seiner Arbeit ging der historische Laie sehr systematisch und exakt vor, sodass es in den insgesamt 98 Karten mit Häusern kaum Lücken gibt. Gestaltet wurden die farbigen Karten in einem frühen Pop-up-Format mit hochklappbaren Häusern, was eine dreidimensionale Ansicht von Plätzen und Straßen ermöglichte. Damit wurde die Sammlung zu einem wichtigen Baustein für die Erforschung der Kölner Stadtgeschichte.

Durch die Kreuter’schen Karten verfügen die Experten heute über Darstellungen und Abbilder zahlreicher Bauten aus dem Mittelalter und aus der frühen Neuzeit, die zu Beginn des 19. Jahrhunderts nach und nach durch die modernen Bauten ersetzt wurden und so unwiederbringlich verloren gingen. Sichtbar wird anhand des umfangreichen Kartenmaterials, wie gravierend die Eingriffe in das Stadtbild waren und wie sie bis heute nachwirken.

1892 wurde die Sammlung von der mit Kreuter befreundeten Familie Tonger dem Stadtarchiv übergeben, wo sie damals von einem Archivar als Erleichterung für die topografische Forschung über das alte Köln verstanden wurden. Nun sind diese Archivbestände im Rahmen der von Andrea Wendenburg kuratierten Sonderausstellung  „M’r welle en neu Stadt baue” des Historischen Archivs mit Rheinischem Bildarchiv im neuen Gebäude am Eifelwall bis zum 10. März 2024 erstmals für die Öffentlichkeit im großen Umfang zugänglich gemacht worden.

Dabei geht die Schau über die reine Präsentation des Kartenmaterials hinaus: In aufbereiteter, digitalisierter Form waren die Karten Teil der Abschlussarbeit des Masterstudenten Lukas Lammers im Fach Archeoinformatik am Archäologischen Institut der Kölner Uni. Nachdem er die Karten in digitalisierter Form vom Archiv erhalten hatte, baute Lammers daraus ein digitales Model vom alten Köln. Mit diesem als Basis entwickelte der Student einen VR-Rundgang, bei dem Interessierte mittels Virtual-Reality-Brillen einen Spaziergang durch die Stadt machen können, die es so heute nicht mehr gibt. Dinge, die Kreuter, wie zum Beispiel die Kirchen, ausgelassen hat, wurden dabei durch virtuelle Dummys ersetzt.

Zur Schau gibt es noch ein weiteres Ausbildungsprojekt. Dabei hat Daria Lurova vom Amt für Liegenschaften, Vermessung und Kataster eine Karte zur Stadtentwicklung erarbeitet, die es dem Betrachtenden ermöglicht, die räumliche Stadtentwicklung in jeder Epoche zu verfolgen, charakteristische Stadtstrukturen zu erkennen und somit Stadtmorphologie zu verstehen.

Die Ausstellung am Eifelwall macht zudem deutlich, dass Themen der Stadtentwicklung von damals auch heute durchaus noch aktuell sind. So ging es damals und heute zum Beispiel um bezahlbaren Wohnraum und um die Umsetzung von Großprojekten, wie im 19. Jahrhundert bei der Suche nach einem geeigneten Ort für den neuen Kölner Hauptbahnhof.

Zur Ausstellung gibt es im Historischen Archiv auch ein Rahmenprogramm, das mit einem Vortrag der früheren Dombaumeisterin Barbara Schock-Werner zum Thema „Die Kölner Ringe - ein Versagen der Stadtplanung“ am 8. November eröffnet wird. Am 6. Dezember folgt der Vortrag „Neue Mitte Köln“ des bekannten Architekten Paul Böhm und am 10. Januar referiert Stadtkonservator Thomas Werner über die „Historische Bausubstanz in Köln“.

Service: Sonderausstellung „M’r welle en neu Stadt baue“ bis zum 10. März, Historisches Archiv mit Rheinischem Bildarchiv, Eifelwall 5, Köln. Öffnungszeiten: Di-So 9-16.30, Mi 9-19.30 Uhr.