Köln Ganz Köln in einem Buch vereint
Köln · Schon das Coverfoto zeigt dem Leser, dass er keinen gewöhnlichen Köln-Bildband in Händen hält. Anders als in vielen Vorgängerpublikationen ist dort nicht der Dom als Markenzeichen der Stadt zu sehen.
Vielmehr fällt der Blick des Fotografen aus einem Fenster der Industrie- und Handelskammer auf die mehrspurige Gereonstraße. Im Hintergrund erheben sich die monumentale romanische Kirche St. Gereon und der Fernsehturm Colonius. Zu erkennen ist außerdem eine Ecke des erzbischöflichen Gebäudeensembles.
So vereint ein einziges Bild das, was Köln ganz maßgeblich ausmacht: Der Verkehr, dem die Stadt mehr Nachhaltigkeit einhauchen möchte. Der Handel, der Köln zur mächtigen Metropole am Rhein gemacht hat. Die Stadtgeschichte, die ganz maßgeblich von den großen Kirchen geprägt worden ist. Die katholische Kirche, die aktuell eine ihrer schwersten Kristen meistern muss. Und die Medien, die in Köln seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges eine wichtige Konstante bilden.
Der frühere Domfotograf
und die Zeit-Journalistin
Die eindrucksvollen Bilder im Buch stammen vom renommierten Kölner Fotografen Reinhard Matz, der dafür ausgiebige Streifzüge durch seine Stadt unternommen hat. Matz war lange der Domfotograf und gilt als ausgewiesener Kenner von Stadtgeschichte und Stadtbild. Ihm ging es vor allem darum, auf 280 Seiten die architektonische und soziale Vielfalt Kölns zu zeigen. Er ermöglicht mit seinen Aufnahmen einen Blick auf die Gemeinsamkeiten und Unterschiede der Lebenswelten, der einzelnen Veedel und der beiden Stadtteile links und rechts des Rheins.
Ihm zur Seite stand die Zeit-Journalistin und Autorin Anna Mayr, die ursprünglich aus dem Ruhrgebiet stammt. Ihr Studium hat sie in Köln absolviert, wo sie später auch journalistische Erfahrung gesammelt hat. Ihr Blick auf Köln ist eigen und so kritisch wie auch liebevoll. Das zeigt sich zum Beispiel in einer geschilderten Szene, in der die heutige Wahlberlinerin mit dem Zug im gut gefüllten Kölner Hauptbahnhof ankommt.
Viel Lob für das opulente Werk gab es von der „Erstleserin“, Oberbürgermeisterin Henriette Reker: „Die Bilder, die Geschichten erzählen, und die Texte, die Bilder hervorrufen, gehen eine wunderbare Symbiose ein. Sie haben mich angerührt, oft schmunzeln lassen, aber auch melancholisch gestimmt, wenn ich an Orte erinnert wurde, die mich so sehr geprägt haben und die ich leider nur selten besuche.“
Der Bildband sei ein ehrliches Buch, das fest im heute verankert ist und das die Menschen und die Gesellschaft porträtiere - ganz ohne gefälligen Kitsch, aber mit erzählter Menschenliebe. „Für mich war Köln schon immer eine Weltstadt, nicht nur wegen ihrer Größe. Denn die wahre Größe sind die Einwohner, ihr Zusammenhalt und ihre Diversität. Hier gibt es eine einzigartige Mischung von Menschen“, erklärt Reker.
Das Buch wirkt wie ein Parcours durch die Millionenstadt am Rhein. Der Weg des Fotografen führt auf beide Rheinseiten und lässt die Stadt so zusammenwachsen. Die Außenbezirke finden sich dort genauso wieder wie die geschichtsträchtige Innenstadt mit dem Dom und den romanischen Kirchen. Zu sehen ist ein modernes und ein ungeschminktes Köln. Dazu gehören die Bettlerin vor dem Dom genauso wie der goldene Dreikönigenschrein im Herz der großen Kathedrale. Auch offene Wunden der Stadt wie die Einsturzstelle des Historischen Stadtarchivs werden nicht ausgespart.
Gezeigt wird nicht nur die steinerne Stadt, sondern auch die Menschen, die darin leben, wie beim Karneval, beim CSD, im Brauhaus oder beim bunten sommerlichen Treiben sowie bei Kundgebungen auf dem Roncalliplatz. Das Buch ist fest im Hier und Jetzt verankert, blickt aber auch immer wieder wie beim Dionysos-Mosaik oder der römischen Hafenstraße zurück in die gut 2000-jährige Geschichte Kölns.
Die Kultur findet sich mit ihren Museen und Konzertsälen genauso im Bildband wieder wie das politische Leben im Historischen Rathaus oder große sportliche Ereignisse wie der Köln-Marathon. Viele markante Gebäude werden vom Fotografen eindrucksvoll in Szene gesetzt wie das Quergebäude von Groß St. Martin oder das Erzbischöfliche Kunstmuseum Kolumba.
Viele der Kölner Veedel haben im großen Buch ihren Platz gefunden - von der quirligen Serverinstraße in der Südstadt und dem Eigelstein mit seinen schmalen Häusern über Schloss Arff in Roggendorf, Ehrenfeld mit dem Heliosturm und Chorweiler mit seinen Wohntürmen bis zum Japanischen Garten in Flittard, der GAG-Siedlung in Höhenberg oder der Keupstraße im Stadtteil Mülheim.
Mit den romanischen und den modernen Kirchen der Stadt, der Synagoge an der Roonstraße und der Zentralmoschee an der Venloer Straße in Ehrenfeld sind alle großen Religionen im neuen Köln-Buch vertreten. Auch der Freizeitsektor kommt mit dem Zoo oder der Flora in Riehl oder der Brunnenskulptur auf dem Ebertplatz nicht zu kurz.
Das Leben im touristisch geprägten Martinsviertel oder im Biergarten am Malakoffturm hat seinen Platz im Buch genauso wie moderne Bauten wie die Christuskirche, die bunte Belvederebrücke oder der beliebte Rheinboulevard mit seiner Freitreppe in Deutz. Gezeigt werden die kleinen, gemütlichen Welten der Wohnsiedlungen genauso wie das oft ziemlich hektische Leben am Kölner Hauptbahnhof. So entsteht aus einem Mosaik aus vielen, ganz unterschiedlichen Fotografien und Texten die Gesamtheit, die Köln als moderne Stadt mit einer langen Geschichte heute ausmacht.
Reinhard Matz, Anna Mayr: Köln. Bilder einer großen Stadt, Greven-Verlag, 280 Seiten, 48 Euro