Inklusion Das Leben ist schön und voller Hindernisse
Köln · Natalie Dedreux ist ein „kölsch Mädsche“ mit familiären Wurzeln in Frankreich. In Köln geboren liebt sie ihre Stadt, den Karneval und Bands wie Kasalla. Sie genießt ihr Kölsch und feiert gerne.
„Mein Leben ist doch cool“ hat die junge Frau mit Down-Syndrom als Titel für ihr Buch gewählt. Dort schreibt sie über ihren Blick auf die Welt, die schön ist, die aber auch immer wieder Hindernisse bereithält.
Deutschlandweit bekannt wurde die Kölnerin durch eine Begegnung mit Angela Merkel vor einigen Jahren. Damals fragte die 18-Jährige die Bundeskanzlerin: „Frau Merkel, wie stehen Sie zum Thema Spätabbruch, wieso darf man Babys mit Down-Syndrom bis kurz vor der Geburt abtreiben?“
Das ist ein Thema, das die Aktivistin umtreibt. Sie kämpft dafür, dass Menschen mit Down-Syndrom nicht abgetrieben werden dürfen. „Wichtig ist, dass wir Menschen mit Down-Syndrom auch einen Wert haben. Das heißt auch, dass wir Menschen mit Down-Syndrom auf der Welt bleiben sollen“, schreibt Dedreux in ihrem Buch.
Daher lehnt sie es auch ab, dass Krankenkassen für einen Test auf das Down-Syndrom bezahlen, und hat zu diesem Thema eine Petition gestartet. Sorgen bereiten Dedreux auch Corona-Themen wie die Triage, bei der auch Behinderte „aussortiert“ werden könnten: „Wichtig ist auch, dass Menschen mit Behinderung in so einer Pandemie geholfen wird.“
Auch Menschen mit Down-Syndrom wollen gesiezt werden
Es sind aber auch ganz alltägliche Dinge, die Dedreux ärgern: „Wenn Menschen mit Down-Syndrom unterwegs sind, dann werden wir automatisch geduzt. Wir sind nicht jünger, als wir alt sind. Wenn wir erwachsen sind, möchten wir wie alle anderen gesiezt werden. Wir werden wie kleine Kinder behandelt, obwohl wir erwachsen sind.“ Es gebe auch sonst viele Vorurteile: „Zum Beispiel, dass wir nicht lesen und schreiben können. Das stimmt nicht.“
Das Down-Syndrom sei etwas Besonderes: „Das ist bei manchen Menschen so. Man braucht keine Angst davor haben. Wir wollen gehört und gesehen werden. Wir wollen ja auch weiter am Leben teilhaben“, schreibt sie in dem Buch, das in Zusammenarbeit mit dem Grafiker Wenzel Rehbach entstanden ist und das sich für eine inklusiver Gesellschaft einsetzt.
Dazu gehört auch das Engagement der Kölnerin für die Ausstrahlung einer Tagesschau in „Leichter Sprache“. „Es ist wichtig, dass sich alle Menschen informieren können. Nachrichten müssen verständlich sein. Das ist für mich eine Barriere“, erklärt Dedreux, die selbst als Bloggerin arbeitet und die Redakteurin beim „Ohrenkuss Magazin“ ist. Für ihr Engagement wurde sie bereits mit dem German Diversity Award, dem Bobby, sowie mit dem 25-Frauen-Award ausgezeichnet.
Am Herzen liegt ihr, dass Menschen mit Behinderung eine Arbeit haben können, die ihnen Spaß macht, und einen Mindestlohn bekommen, sodass sie ihr eigenes Geld verdienen und selbstbestimmt wohnen können. Zur Inklusion gehört für Dedreux zudem, dass Menschen mit Behinderung auf politischer Ebene mitbestimmen können.
Im Buch findet sich aber nicht nur die Aktivistin wieder, auch der Privatmensch berichtet von seiner Welt und von seinem Leben. So liebt Dedreux den Besuch bei Europas größtem Reggae-Festival, dem Summerjam. Sie mag ihr Zirkus-Training und kocht gerne für sich und die Mitbewohner in der WG, in der sie lebt. Zudem blickt die Kölnerin auch auf die großen Krisen der Welt wie den Truppenabzug in Afghanistan und den Krieg in der Ukraine, ein Land, das sie von einem Besuch dort gut kennt.
So entsteht ein so spannendes wie auch unterhaltsames Buch, das Einblicke gibt und das zum Nachdenken anregt. Denn jeder kann in seinem Alltag und mit seinem Engagement dazu beitragen, dass das Leben für alle Menschen cool bleibt.
Natalie Dedreux: Mein Leben ist doch cool!, Knauer Verlag, 240 Seiten, 16,99 Euro