Karneval Der Zoch endet erst spät am Abend

Köln · Dieser Rosenmontagszug wird in die die Geschichte des Kölner Karnevals eingehen. Erstmals zogen die mehr als 12.000 Aktiven in 70 Gruppen vom Deutzer Ottoplatz über den Rhein und die City zur Kölner Südstadt.

Zum ersten Mal überquerte der Rosenmontagszug den Rhein. Am Ziel kamen die letzten Wagen erst um 20.40 Uhr an.

Foto: Gruppe C Photography

Dabei war der 8,5 Kilometer lange Zoch deutlich länger unterwegs als ursprünglich geplant. Der letzte Wagen mit Prinz Boris I. traf erst gegen 20.40 Uhr an der Severinstorburg ein. Geplant war das Ende eigentlich für 18 Uhr.

Grund waren neben technischen Problemen bei einigen Wagen und Zugfahrzeugen immer wieder die vielen Zuschauer, die auf die Strecke drängten und so den Umzug zum Erliegen brachten. Schon früh mussten die Bereiche an der Zugstrecke in Deutz und an der Severinstraße gesperrt werden. Hunderttausende Zuschauer standen an der Strecke. Eine genaue Zahl zu nennen, sei nicht möglich, so das Festkomitee Kölner Karneval. Es herrsche aber „sehr, sehr großer Andrang“ - noch mehr als in den Jahren vor Corona.

Das lange Warten auf die Rückkehr des Rosenmontagszugs

Die Bilanz des Festkomitees ist durchweg positiv: „Drei Jahre mussten die kölschen Jecken auf ‚ihren‘ Rosenmontagszug warten – und sie wurden für ihre Geduld belohnt. Ein tolles Programm vor dem Start am Deutzer Bahnhof, tolle Bilder von den Festwagen mit dem Dom-Panorama im Hintergrund und ein unglaubliches Finale im bunt illuminierten Severinsviertel: Was will das kölsche Hätz mehr?“, freut sich Zugleiter Holger Kirsch am gestriegen Abend. Im Vordergrund stand für die Jecken nach zwei Jahren Pandemie vor allem das Miteinander mit Familie und Freunden am Rand des Zuges. „Die Jecken hatten Lust, endlich wieder gemeinsam zu schunkeln und zu feiern”, sagt Kirsch.

Er enthüllte auch schon das Motto für die 201. Session des Kölner Karnevals: „Wat e Theater – wat e Jeckespill“. Das Motto steht für den Stoßseufzer der kölschen Jecken, die mit Fassungslosigkeit auf das Weltgeschehen blicken: Die Pandemie, Kriege und Naturkatastrophen haben die gesamte Welt in den letzten Jahren in Atem gehalten und ordentlich auf das Gemüt gedrückt. So mancher blickt kopfschüttelnd um sich und fragt sich, wie soll das nur weitergehen? Dabei ist es um so wichtiger, gerade in Krisenzeiten einen kühlen Kopf zu bewahren und ab und zu eine Auszeit zum Luftholen zu nehmen. „Ob auf der großen Weltbühne oder in der aufgeheizten Stimmung von Social Media: Ein bisschen mehr kölsche Gelassenheit würde den Menschen guttun”, erklärt Festkomiteepräsident Christoph Kuckelkorn.

Gleichzeitig soll das Motto eine Hommage an die vielen Kölner Bühnen sein – vom Hänneschen-Theater über die vielen Kleinkunst-Bühnen und freien Theater bis zum Schauspielhaus und der (fast) fertigen Oper. „Karneval und Theater haben viele Gemeinsamkeiten, und genau wie der Karneval sind die Kölner Bühnen ein wichtiges Element unserer Kultur und unserer Traditionen. Die Schauspieler, Techniker, Bühnenbauer, Autoren und andere Mitwirkende, die unter den Beschränkungen der Corona-Pandemie sehr gelitten haben, wollen wir besonders würdigen. Wir sind der Überzeugung, dass auch dieser Teil der Kultur (über-)lebenswichtig ist“, betont Kuckelkorn.

Weil die Kapazität des Kwartier Latäng erreicht war, wurden die Zugänge am Nachmittag gesperrt. Gleichzeitig wurde der Kfz-Verkehr auf der Luxemburger Straße stadtauswärts unterbunden. Bis 15 Uhr sprachen die Mitarbeiter des Ordnungsamtes im Zülpicher Viertel, in der Altstadt und entlang des Zochs 210 Jugendliche an, in Einzelfällen mussten die Jugendlichen alkoholische Getränke abgeben. Mithilfe der Polizei und des Ordnungsamtes wurden bis zum Mittag für das Zülpicher Viertel 193 Sicherheitskräfte eingecheckt. Eine Person wurde durch die Polizei abgewiesen, zwei weitere waren bereits vor der Prüfung durch den von der Stadt beauftragten Dienstleister abgewiesen worden.

Obwohl in den Hotspots von der Stadt rund 550 Mobiltoiletten, 140 Urinale, 20 Urinalrinnen und elf Toilettenwagen aufgestellt worden waren, wurden auch Rosenmontag zahlreiche Verstöße festgestellt: Bis 15 Uhr wurden 20 Wildpinkler erwischt. Sie erwartet ein Bußgeld in Höhe von bis zu 200 Euro zuzüglich Gebühren. Rund 40 Mitarbeiter des Ordnungsamts ließen insgesamt 65 Fahrzeuge abschleppen und haben 199 schriftliche Verwarnungen ausgestellt. 85 Fahrräder, die den Zugweg behinderten, wurden weggeflext.

600 Einsatzkräfte der Hilfsorganisationen ASB Köln, DLRG, DRK-Kreisverband Köln, Johanniter und Malteser waren am Rosenmontag im Einsatz. Insgesamt gab es 200 Hilfeleistungen, darunter lediglich zwei Jugendliche mit übermäßigem Alkoholkonsum und nur 15 Patienten mit Schnittverletzungen durch Glas. Dass der Sanitätsdienst rund um den Karneval nicht nur heitere Seiten hat, zeigen drei stark belastende Situationen während der Schull- und Veedelszöch und des Rosenmontagszugs: Die ehrenamtlichen und oft jungen Einsatzkräfte der Hilfsorganisationen mussten neben vielen Bagatellverletzungen bis 16 Uhr drei Personen entlang des Zugwegs reanimieren. In solchen Fällen steht den Einsatzkräften besonders geschultes Personal der psychosozialen Notfallversorgung zur Seite.

Polizei: Ein Schwerverletzter
nach Streit in der Innenstadt

Die Polizei erteilte in Köln an Rosenmontag insgesamt 172 Platzverweise, nahm 32 Menschen in Gewahrsam und sieben vorläufig fest. Unter anderem ging es bei den Einsätzen der Beamten um Körperverletzung, Widerstand gegen Polizeibeamte, Taschendiebstahl und Raub- und Sexualdelikte. Ein 26 Jahre alter Mann wurde in der Innenstadt von einem Unbekannten durch einen Stich mit einem scharfen Gegenstand schwer verletzt. Der Tat sei zunächst ein Streit vorangegangen, so die Polizei. Zusammen mit zwei Begleitern sei der Angreifer anschließend geflüchtet. Alarmierte Rettungskräfte fanden den 26-Jährigen auf dem Boden liegend und fuhren ihn in eine Klinik. Eine Mordkommission der Kriminalpolizei Köln ermittelt wegen des Verdachts der gefährlichen Körperverletzung. Der Mann befinde sich nicht in Lebensgefahr, sagte ein Polizeisprecher.