Serie Die Talklegende und der Patriarch

Köln · In der mehr als 2000-jährigen Geschichte hat Köln viele berühmte Persönlichkeiten hervorgebracht. Viele sind noch immer in der Stadt präsent. Das gilt für die vielen Denkmäler genauso wie für Plätze und frühere Wirkungsorte.

Blick auf den zentralen Platz des Gerling-Quartiers. In der früheren Unternehmenszentrale war auch das Büro von Hans Gerling.

Foto: step/Eppinger

Dazu kommt mit Melaten der Kölner Friedhof, auf dem die meisten prominenten Kölner begraben worden sind. In der heutigen Serie stehen zwei bekannte Wirtschaftsführer, ein Kunstsammler, eine Talklegende und ein Komiker im Mittelpunkt. Wir blicken auf ihr Leben und haben die Orte besucht, die heute an diese Persönlichkeiten erinnern.

 

Ferdinand Franz Wallraf: Zu den bedeutendsten Schätzen Kölns zählen heute die Bestände der Museen. Zentral waren hierbei die Sammlungen der großen Kunstmäzene- und -sammler. Das gilt insbesondere für das Wallraf-Richartz-Museum. Der 1748 geborene Ferdinand Franz Wallraf war Naturwissenschaftler und Priester. Als Kunstsammler ging er in die Geschichte Kölns ein. Der Sohn eines Schneidermeisters verdingte sich zunächst als Lehrer. Das sollte sich aber schon bald ändern: 1772 wurde er vom Erzbischof zum Priester geweiht, ab 1776 studierte Wallraf Medizin, bekam 1784 einen Lehrstuhl an der Kölner Uni und wurde 1793 zu deren Rektor. 1798 wurde er Conservator des monumens und bekam 1809 den Auftrag, den neuen Melatenfriedhof zu gestalten. Seine große Leidenschaft war die Kunst, seine umfangreiche Sammlung vermachte er 1818 der Stadt. Diese wurde zunächst im „Wallrafianum“ an der Trankgasse ausgestellt, eine Einrichtung, aus der mehrere Kölner Museen hervorgingen. Heute befindet sich die Sammlung im Wallraf-Richartz-Museum, dem ältesten Museum Kölns. Dieses hatte seinen Platz zunächst an der Stelle, wo sich heute das Makk befindet. Möglich wurde das 1861 eröffnete Haus durch die Stiftung des Kaufmanns Johann Heinrich Richartz. Die Denkmäler für Wallraf und Richartz findet man folgerichtig vor dem Makk an der Rechtsschule. 1957 wurde das Museum als Neubau an alter Stelle wiedereröffnet. 1986 zog es mit dem Museum Ludwig in den neuen Kunsttempel am Heinrich-Böll-Platz. Seit 2001 hat das Wallraf ein eigenes Gebäude unweit des Rathauses. Ein neuer Stifter ist der Schweizer Sammler Gérard Corboud. Das Grab von Ferdinand Franz Wallraf befindet sich auf Melaten.

 

Hans Gerling: Es gibt nur wenige Kölner Unternehmen, die ihre Macht derart in ihrer Architektur manifestiert haben. Auch wer heute das neu gestaltete Gerling-Quartier unweit des Friesenplatzes besucht, fühlt sich eher an einen Staatspalast oder an einen Königshof erinnert, wenn er auf dem großen Platz mit dem Brunnen und den Gebäuden der Unternehmenszentrale steht. Von 1949 bis zu seinem Tod 1991 führte Hans Gerling das familieneigene Versicherungsunternehmen mit 6400 Mitarbeitern in 20 Ländern, das er von seinem Vater Robert übernommen hatte. Viele älteren Kunden ist bis heute der Rundbau mit der Kassenhalle in Erinnerung, wo sich inzwischen das schicke 25hours Hotel befindet. Die Kassenschalter sind dort bis heute erkennbar. Zum Konzern gehört neben dem markanten Hochhaus und dem denkmalgeschützten Jahrhundertsaal auch eine Kapelle, in der sich die Firmenbibliothek befand. Sein Büro hatte der Firmenpatriarch hinter einer großen Glasfront mit gutem Blick auf das Geschehen auf dem Platz. 2006 wurde Gerling vom Hannoveraner Talanx-Konzern übernommen. Zunächst war man noch unter HDI-Gerling in den Rheinhallen der Messe präsent. 2016 verschwand der alte Firmenname komplett. Privat lebte die Familie in der Marienburg am Rheinufer, die zur Gerling-Villa wurde. 

Leonhard Tietz: Ein weiterer wichtiger Kölner Unternehmer, dessen Name heute fast komplett aus dem Stadtbild verschwunden ist, war Leonhard Tietz. Er wurde 1849 in der Provinz Posen geboren. 1879 eröffnete er in Stralsund sein erstes Textilgeschäft. 1882 folgte ein ähnliches Geschäft in Elberfeld. Nur drei Jahre später ging der Unternehmer im aus Elberfeld und Barmen entstandenen Wuppertal mit einem Mehrsparten-Warenhaus nach französischen Vorbild an den Start. In seiner späteren Wahlheimat Köln entstand 1891 ein 180 Quadratmeter großes Warenhaus an der Hohe Straße. Seit 1893 befindet sich der Sitz des Unternehmens in der Domstadt. Ein Neubau an der Hohe Straße wurde später zum Stammhaus des Konzerns, der Anfang der 1930er Jahre 15.000 Mitarbeiter an 43 Standorten beschäftigte. Das Ende der Wirtschaftsdynastie Tietz besiegelten die Nationalsozialisten, die auf die sogenannte „Arisierung“ der jüdischen Kaufhäuser drängten. Ähnlich erging es auch den Hertie-Eigentümern, die ebenfalls zur Familie Tietz gehörten. Die Familie musste emigrieren, aus der Leonhard Tietz AG ging später die Galeria Kaufhof GmbH hervor, deren großes Warenhaus bis heute an der Hohe Straße zu finden ist. An den Gründer erinnert bis heute die Leonhard-Tietz-Straße unweit des Neumarkts, wo sich lange die Kaufhof-Hauptverwaltung befand.

 

Dirk Bach: In kölschen Heimersdorf wuchs der Kölner Schauspieler, Moderator und Komiker Dirk Bach auf. 1961 wurde er als Sohn des Messingenieurs und Heimatforschers Willi Bach und seiner Frau Trude, die beide beim WDR angestellt waren, geboren. Die Schule besuchte Bach in Chorweiler, wo er mit der Mittleren Reife abging. In der dreien Theaterszene sammelte der Kölner in verschiedenen Städten Berufserfahrung. Seinen Durchbruch im komischen Fach schaffte er beim Stück „Geierwally“ unter der Regie von Walter Brockmeyer in dessen Kölner Theater. 1992 wurde Bach festes Ensemblemitglied im Kölner Schauspielhaus. Im Fernsehen wurde der Kölner mit seiner „Dirk Bach Show“ und in seiner Hauptrolle in der Serie „Lukas“ bundesweit bekannt. Von 2004 bis 2012 moderiert er mit Sonja Zietlow die Dschungel-Sendung „Ich bin ein Star – holt mich heraus“. Intensiv engagierte sich Dirk Bach für die Kölner Aidshilfe – legendär waren seinen Benefizkonzerte „Cover me“ im Palladium. 2012 starb Bach überraschend in Berlin. Sein Grab findet sich auf dem Melaten-Friedhof.

 

Alfred Biolek: Es kommt selten vor, dass ein Immi so mit Köln verbunden wird. In seiner Wahlheimat schrieb Alfred Biolek als Talklegende Fernsehgeschichte. Geboren wurde er 1934 im tschechischen Freiberg. Mit zwölf Jahren zog er mit der Familie ins schwäbische Waiblingen um. In Freiburg, Wien und München studierte Biolek Jura. Zum Fernsehen kam er zunächst als Justitiar, wo er schon bald redaktionelle Tätigkeiten übernahm. 1976 startete er mit dem Dieter Thoma die Talkshow „Kölner Treff“. Zuvor gab es ein ähnliches Format im Senftöpfchen. 1978 startet die Sendung „Bio‘s Bahnhof“, wo deutsche Talente wie Anke Engelke, aber auch internationale Künstler wie Helen Schneider oder The Police entdeckt und gefördert wurden. Aufgenommen wurde die Sendung in einem ehemaligen Eisenbahndepot in Frechen. Von 1991 bis 2003 war Alfred Biolek der Gastgeber von „Boulevard Bio“, eine Kultsendung, die in den Innenstadtstudios des WDR aufgezeichnet wurde. Bekannte Formate waren zudem die Spieleshow „Mensch Meier“ und die Kochsendung „Alfredissimo“. Beteiligt war Biolek auch am Restaurant „Alter Wartesaal“ mit seiner Eventlocation. Im Museum für angewandte Kunst befindet sich ein Ring des Talkmasters. Eingelassen ist dort ein Stück Holz von dem Tisch, an dem er privat Stars wie Tina Turner empfangen hat. Sein Grab befindet sich ebenfalls auf Melaten.