Geschichte Ein Weihnachtsgeschenk für das Schnütgen
Köln · „Mit seinem Reichtum an Illustrationen fügt sich das Pariser Stundenbuch in vielfältiger Art und Weise in unsere Sammlung ein. Wir haben es auf einer Kunstmesse in Maastricht entdeckt und wollten es unbedingt haben.
Leider fehlte uns der Etat dazu, aber unser Freundeskreis hat die 35.000 Euro dank einer Spendenaktion binnen von 14 Tagen zusammenbekommen“, berichtet der Direktor des Museums Schnütgen, Moritz Woelk über ein besonderes Weihnachtsgeschenk für sein Haus.
Wer das wertvolle Druckerzeugnis aus dem Jahr 1525 im Kirchenraum von St. Cäcilien betrachtet, erfährt alleine durch die Umgebung, wie bedeutsam diese Neuerwerbung ist. So kommt der Besucher am 2019 erworbenen Zizenhausener Totentanz mit seinen Tonfiguren vorbei, bevor er auf die aufgeschlagenen Seiten die Legende der drei Lebenden und der drei Toten betrachten kann, die den Beginn des Totenoffiziums markieren.
Das Pariser Stundenbuch wurde von Yolande Bonhomme in der Werkstatt ihres verstorbenen Mannes Thielmann Kerver im heutigen 5. Arrondissement gedruckt, wo sich viele Verleger und Drucker angesiedelt hatten. Das Gebet- und Andachtsbuch diente dem privaten Gebrauch und umfasst all jene Texte, mit denen sich Laien selbstständig den täglichen Stundengebeten widmen konnten.
So findet sich am Anfang des Buches der Kalender mit Monatsübersichten zu den kirchlichen Feiertagen. Die Hauptbestandteile bilden das Marien- und das Totenoffizium, also Gebete zu Ehren Mariens und für die Verstorbenen. Die nach Stunden geordneten Texte umfassen dabei Psalmen, kürzere biblische Auszüge und Verse für die Gesänge sowie Gebetstexte. Dazu kommen Gebete zu Ehren des Hl. Kreuzes und des Hl. Geistes als Stundengebete und Bittgebete an die Heiligen. Als Hilfestellung wurden dem Stundenbuch zahlreiche bildliche Darstellungen hinzugefügt.
Präsentiert wird das Pariser Stundenbuch im Museum derzeit mit einer etwa zeitgleichen Stundenbuch-Handschrift und mit zwei weiteren Druckwerken. „In diesem Kontextlassen sich exemplarisch die Entwicklung zum gedruckten Buch und die gestalterischen Möglichkeiten des Drucks nachvollziehen“, erklärt Woelk.
Noch bis zum 16. Jahrhundert wurde das Stundenbuch als Handschrift auf Pergament aus Ziegen- oder Kalbshaut angefertigt. Die Bebilderung war entsprechend über eine lange Zeit insbesondere wegen der Farben für die Miniaturen und die den Text umrahmenden Bordüren eine sehr teure Angelegenheit. Erst mit dem Druck wurden die Stundenbücher erschwinglicher und enthielten mehr Illustrationen. So verfügt die gezeigte, aus Gent oder Brügge stammende Handschrift 13 Miniaturen. Das Pariser Stundenbuch verfügt dagegen über 58 ganzseitige Darstellungen und zahlreiche kleinformatige Bilder.
„Wir zeigen auch die Seite einer luxuriösen Ausgabe, die ebenfalls in Paris auf Pergament gedruckt und dann von Hand ausgemalt wurde“, berichtet Woelk. Zu sehen ist hier das Pfingstwunder mit der Aussendung des Hl. Geistes. Präsentiert wird außerdem ein mit Mitteln des Freundeskreises restauriertes Kölner Messbuch, das für ein Kölner Verlagshaus ebenfalls in Paris gedruckt wurde - allerdings in einer anderen Werkstatt. Dort finden sich auch Darstellungen wie in dem jetzt neu erworbenen Stundenbuch, was für die Kooperation der Druckerwerkstätten bei der Bildfindung und bei den Motiven spricht und erklärt wie Motive von Paris nach Köln wandern konnten.