Interview Es braucht Mut, Haltung zu zeigen

Rainhard Fendrich hat gerade sein neues Album „Starkregen“ veröffentlicht. Unsere Zeitung hat den Musiker bei einem Besuch in Köln getroffen.

Rainhard Fendrich am Kölner Heinzelmännchenbrunnen in der Altstadt.

Foto: step/Eppinger

Der Titel zum Album ist aus einem kleinen, digitalen Problem entstanden.

Rainhard Fendrich: Ja, da wurde mein Vorname durch ein Übersetzungsprogramm bei der Onlinebuchung für ein Flugticket in die Bestandteile Rain und Hard getrennt und daraus wurde dann „Starkregen“, das habe ich zum Titel für das neue Album gemacht. 

Wie nutzen Sie persönlich das Internet?

Fendrich: Für mich haben das Internet und der Computer zwei wesentliche Funktionen: E-Mails schreiben und sich über die neuesten Nachrichten informieren, das geht es heute einfach nicht mehr ohne das Internet. Und mir ist es sehr wichtig, immer das Neueste aus der Welt zu erfahren. Ich recherchiere und vergleiche News, damit ich nicht Fakenews Glauben schenke. Natürlich habe ich eine Homepage und auch Facebook und Instagram, privat nutze ich das aber nicht. Ich bevorzuge da immer noch das persönliche Gespräch und das Telefonat. Ich habe aber kein Problem mit der digitalen Vernetzung auf den sozialen Medien. Gefährlich finde ich es nur, wenn so ein Paralleluniversum entsteht und die Menschen nicht mehr am wirklichen Leben teilnehmen. 

Wie wichtig ist Ihnen Politik als Musiker?

Fendrich: Jeder Mensch sollte sich für Politik interessieren, denn sie regelt unser aller Zusammenleben. Und Künstler haben die Pflicht, problematische Dinge aufzuzeigen und wenn nötig auch falschen Entwicklungen gegenzusteuern. 

Wie finden Sie ihre Themen für die Lieder?

Fendrich: Ich schreibe Lieder über die Dinge, die mich beschäftigen, die mich berühren oder die mich aufregen. Es ist mir ein Bedürfnis, Lieder über Themen zu schreiben, die alle angehen. 

In einem der neuen Lieder geht es um das Verkehrschaos. Wie gehen Sie damit um, wenn Sie im Stau stehen?

Fendrich: Ich bin bekannt als überpünktlicher Mensch, der meist zu früh zu Terminen kommt. Außerdem fahre ich nicht gerne Auto und bin lieber mit dem Zug unterwegs, weil man da auch lesen oder arbeiten kann. Wenn ich trotzdem im Stau stehe, versuche ich es, mit Humor zu nehmen und schalte den Motor ab. Außerdem ergibt sich oft die Möglichkeit, die Menschen in den anderen Autos zu beobachten, da finde ich auch schon mal Anregungen für neue Lieder. 

Wie reagieren sie auf den Populismus rechter Bewegungen wie in Österreich oder Deutschland?

Fendrich: Es wird leider - wie gerade beim Wahlkampf in Österreich - sehr viel heiße Luft produziert. Da ist bei den Politikern auch viel Unehrlichkeit im Spiel. Die Politik müsste sich beispielsweise viel mehr für den Klimaschutz engagieren und entsprechende Maßnahmen zur Regulation der Automobilindustrie und zur generellen Mobilität ergreifen. Stattdessen machen sich Politiker zu oft zum Handlanger der Wirtschaft und reagieren deshalb wie zum Beispiel beim Dieselskandal nicht so, wie sie eigentlich reagieren müssten. 

Was halten Sie von der „Fridays for Future“-Bewegung?

Fendrich: Mich ärgert es, wenn junge Leute, die um ihre Zukunft kämpfen, als Schulschwänzer bezeichnet werden. Dabei ist es doch unsere Generation, die geschwänzt hat, als es um den Schutz des Klimas und der Umwelt ging. Mir imponieren diese jungen Leute und auch die Menschen, die gerade in Hongkong um ihre Demokratie kämpfen. Was den Klimaschutz angeht, sollten wir die Angst vor Verboten ablegen. Es gibt Bereiche, da geht es einfach nicht ohne. Das sieht man beispielsweise beim Verkehr. 

Sind hier Künstler in der Pflicht?

Fendrich: Ich habe Herbert Grönemeyers wütende Ansprache „Kein Millimeter nach rechts“ gehört. Es braucht Mut, sich so klar gegen Rechts zu positionieren und Haltung zu zeigen. Ich habe meine eigenen Erfahrungen gemacht. Da kommt schnell ein Shitstorm und die Drohung, künftig nicht mehr zu den Konzerten zu kommen oder die CDs zu kaufen. Das muss man aushalten können. 

Wie blicken Sie auf die junge österreichische Musikszene mit Wanda oder Seiler & Speer?

Fendrich: Das ist eine positive Entwicklung, die es so eine Zeitlang bei uns nicht gegeben hat. Das liegt auch daran, dass sich die Radioformate wieder zugunsten deutschsprachiger Musik geändert haben. Es ist interessant, sich mit Musik von Bands wie Wanda, Bilderbuch oder Seiler & Speer auseinanderzusetzen, wo die eigene Sprache und Kultur nicht verleugnet wird. 

Was motiviert Sie, immer wieder neue Lieder zu schreiben?

Fendrich: Die Neugier und das Interesse, sich mit Themen zu beschäftigen. Das kann auch mal länger dauern, bis ich mich hinsetze und dann die ersten Zeilen schreibe. Da ist es gut, nicht mehr von den Majors abhängig zu sein und sein eigenes Label zu haben. Beim aktuellen Album hat es eine längere Pause gegeben, weil es einfach Wichtigeres zu tun gab. Das war in dem Fall mein Engagement gegen Kinderarmut in Österreich. Darauf bin ich durch ein Plakat der Österreichischen Volkshilfe aufmerksam geworden. Da war ein achtjähriges Mädchen und der Satz „Wenn ich groß bin, werde ich arm“ zu sehen. 350.000 Kinder und Jugendliche sind in Österreich von Armut bedroht. Ich habe inzwischen drei Benefizkonzerte gegeben mit dem Reinerlös für die Volkshilfe. In Deutschland ist das auch nicht anders, auch hier engagiere ich mich für ein Programm für Straßenkinder. 

Und danach ging es zurück zum Album.

Fendrich: Und da haben mir viele schon fertige Titel thematisch nicht mehr gefallen und ich habe fast alles neu produziert. 

Welche Beziehung haben Sie zu Köln?

Fendrich: Mein erstes Konzert hatte ich in den 80er Jahren hier im Theater am Dom. Dort gab es ein Liedermacherfestival, bei dem auch der junge Herbert Grönemeyer mit „Currywurst“ dabei war. Ich mag außerdem gerne den Dom mit dem Schrein der Heiligen Drei Könige, trinke gerne mal ein Kölsch und mag außerdem die Frohnatur hier am Rhein.