Serie Französische Lebensart ganz nah
Köln · Das Belgische Viertel in Köln zählt zu den angesagtesten Veedeln der Stadt. Unzählige Restaurants, Cafés und kleine Läden finden sich dort genauso wie erholsame grüne Oasen. Seinen Namen verdankt das Viertel den Straßen, die sich seit dem 19. Jahrhundert auf belgische Städte und Provinzen wie Lüttich oder Brabant beziehen.
Die heutige Brüsseler Straße und Molkestraße waren Teil des mittelalterlichen Bischofswegs. Auf der Fläche zwischen der Stadtmauer und des Bischofswegs wurde vor allem für den Gartenbau genutzt. Weiter draußen überwogen Ackerbau und Viehzucht. Der Bischofsweg war im Mittelalter auch die Stadtgrenze.
Wer das „echte“ Belgien genießen möchte, braucht dafür nicht weit zu reisen. Mit dem Thalys beträgt die Fahrzeit von Köln in die wallonische Stadt Lüttich knapp eine Stunde. In der jüngeren Vergangenheit waren Kohle und Stahl dort die bestimmenden Elemente, die Lüttich auch den Namen „Stadt der tausend Feuer“ eingebracht haben. Dabei hat die wallonische Metropole eine reiche Geschichte vorzuweisen, die bis ins Mittelalter zurückgeht und die heute noch an vielen Stellen erlebbar ist. Und es ist die Stadt des Schriftstellers Georges Simenon, der den legendären Kommissar Maigret geschaffen hat. Seit 1958 ist Lüttich eine Partnerstadt Kölns.
Los geht der Rundgang am weißen Bahnhof Guillemins, der mit seinen geschwungenen Formen wie eine hochmoderne Kathedrale aus Glas, Beton und Stahl wirkt. Entworfen wurde das markante Gebäude vom Stararchitekten Santiago Calatrava. In die Innenstadt gelangt man mit dem Bus oder entspannter mit den Pendelschiffen von „La Navette Fluviale“, die auf der Maas wichtige Punkte der City miteinander verbinden. Ab 2024 soll in Lüttich die neue Tram fahren und zum zentralen Verkehrsmittel werden.
In der Innenstadt angekommen, führt der Weg über die Straße En Neuvice. Sie gilt als eine der ältesten Straßen Lüttich und vereint eine Vielzahl von kleinen und besonderen Geschäften, die alle einen Besuch wert sind. Weiter geht zum Wallonischen Volkskundemuseum, das seinen Platz in einem ehemaligen Minoritenkloster aus dem 13. Jahrhundert gefunden hat und das spannende Einblick in Leben der Menschen in Lüttich und der Region gibt.
Nur wenige Schritte entfernt liegt eines der beliebtesten, aber auch anstrengendsten Touristenziele der Stadt – die Treppe „Montagne de Bueren“ mit ihren 374 Stufen. Sie entstand Ende des 19. Jahrhunderts und verbindet das Stadtzentrum mit der hoch gelegenen Zitadelle. Entlang der imposanten Treppe befinden die begehrte Wohnhäuser, die aber täglich eine sportliche Herausforderung bereithalten. So ist der Zusammenhalt der Bewohner dort groß – man hilft sich und gibt aufeinander acht.
Alternativ zum direkten Weg über die Treppe bieten sich serpentinenartige Wege hoch zur Zitadelle an, die schöne Ausblicke auf die Stadt sowie das Maastal und ebenso wie spannende Einblicke in das grüne Lüttich geben, dessen Gesamtfläche zu mehr als 20 Prozent von Alleen, Parks, Friedhöfen, Wäldern und sonstigen Grünland geprägt werden, wo auch Obst und Gemüse angebaut werden. Die Wege führen beispielsweise zu den Terrassen des Deutschritterordens und zu den Überresten der Stadtmauer. Insgesamt gibt es an den Hängen fünf markierte Wanderwege.
Zurück im Tal geht es zu den Klassikern der alten Bischofsstadt. Dazu zählt zum Beispiel der Museumskomplex „Grand Curtius“, der auf 5000 Quadratmetern sechs Museen zur Stadtgeschichte vereint. Unweit davon befindet sich die romanische Stiftskirche Saint-Barthélemy mit einem Taufbecken aus dem 12. Jahrhundert, das als Meisterwerk mittelalterlicher Goldschmiedekunst gilt. Schön ist auch der Place du Marché, wo sich wichtige Monumente wie der Brunnen Perron, als Symbol der Lütticher Bürgerfreiheiten, sowie das Rathaus „La Violette“ befinden.
Einblicke in die Geschichte ermöglicht auch der mächtige Fürstbischöfliche Palast im Stil der Gotik, in dem sich unter anderen der Sitz der Provinzregierung befindet. Neben der St.-Pauls-Kathedrale mit ihrer Schatzkammer gilt die Stiftskirche Saint-Jacques mit ihrem vollständig bemalten Netzgewölbe als eine der schönsten Kirchen Belgiens. Auf dem Platz vor der Kathedrale gibt es viele Straßencafés, wo man eine der vielen belgischen Bierspezialitäten genießen kann. Nicht verpassen sollten die Besucher das Kunstmuseum La Boverie mit seiner hochkarätigen Sammlung.
Lüttich ist auch eine Stadt, in der ein Einkaufsbummel wirklich Spaß macht. Wer schöne und ausgefallene Geschenke sowie die kulinarischen Spezialitäten der Region sucht, ist in der Rue Souverain-Pont bei „Wattitude“ genau richtig. Literatur für die Reise und fürs Kochen, auch auf Deutsch, findet sich im kleinen Buchladen „Toutes Directions“ an der Rue de la Violette.
Nachhaltig, lokal und fair produzierte Lebensmittel finden sich bei „Les Petits Producteurs“ in der Straße En Neuvice, wo man als Kooperative, die Lebensmittelproduzenten der Region unterstützt. Direkt gegenüber bei „Carré Noir – Atelier de Chocolaterie“ kommen Schokoladenfans voll auf ihre Kosten. Nicht fehlen darf natürlich die Lütticher Waffel – sie gibt es in verschiedenen Variationen bei „Une Gaufrette Saperlipopette“ in der Rue des Mineurs.
Auf dem Rückweg vom Bahnhof bietet sich ein kleiner Abstecher in den Botanischen Garten von Lüttich an der Rue Fusch an. Die Gärten und Gewächshäuser vereinen die heimische Pflanzenwelt mit Pflanzen aus der gesamten Welt von der Savanne bis in die Tropen. Sehr schön ist das zum Garten gehörende Café mit seiner grünen Außenterrasse. Am besten erschließt sich die Pflanzenwelt bei einer Führung.