Bühne „Diese Geschichte passt zu Südafrika“

Köln · Marimbas statt klassischer Orchesterinstrumente, afrikanische Rhythmen, farbenfrohe Kostüme und eine Spielfreude, die auch Opernmuffeln schwärmen lässt - bei „Die Zauberflöte - Impempe Yomlingo“ verschmelzen Mozarts Meisterwerk und die Kultur Südafrikas zu einem spektakulären Gesamterlebnis.

Regisseur Mark Dornford-May mit seiner Ehefrau Paulina Malefane, der Mitbegründerin des Isango-Ensembles.

Foto: ATG/Andile Malindi

Vom 10. bis zum 14. Juli ist das Isango-Ensemble im Rahmen des Kölner Sommerfestivals zu Gast in der Philharmonie. Wir haben vorab mit Regisseur Mark Dornford-May gesprochen, der 2005 für seine Carmen-Adaption bei der Berlinale mit dem Goldenen Bären ausgezeichnet wurde.

Wie ist die Idee entstanden, mit dem Isango Ensemble eine südafrikanische Version von Mozarts Zauberflöte auf die Bühne zu bringen?

Mark Dornford-May: Wir hatten schon bei Carmen oder La Bohème gute Erfahrungen mit der Neuinterpretation westlicher Klassiker in einem südafrikanischen Kontext sammeln können. Und der Stoff dieser so außergewöhnlichen, wie auch großartigen Oper von Mozart bot sich für uns regelrecht an - auch weil die Geschichte perfekt zu Südafrika passt. Die Idee, die Zauberflöte neu zu interpretieren, entstand in einer Zeit, in der das Land zur Demokratie gefunden und die Apartheid beendet hatte. In der Zauberflöte sind es zwei junge Menschen, die gemeinsam gegen die bestehenden Machtverhältnisse und für eine bessere Welt kämpfen. Außerdem gibt es bei uns eine alte Überlieferung der Tsonga, bei der der Blitz von einem Vogel ausgelöst wird und der so Tod und Feuer über die Welt bringt. Stoppen kann man ihn nur, wenn man mutig genug ist, vor einem Sturm einen Berg zu besteigen und auf einer verzauberten Flöte zu spielen. Auch damit ist die Geschichte von Mozarts Zauberflöte sehr nahe an der südafrikanischen Mythologie und Kultur.

Wie haben Sie aus der westlichen Oper das südafrikanische Stück „Impempe Yomlingo“ gemacht?

Dornford-May: Die eigentliche Geschichte der Zauberflöte haben wir für unsere Produktion so übernommen, wie sie war. Das Ganze findet aber vor einem südafrikanischen Background statt: Wir setzen daher Marimbas statt der klassischen Orchesterinstrumente ein, verwenden afrikanische Rhythmen und farbenfrohe Kostüme aus der südafrikanischen Kultur. Gesungen wird auf Englisch, aber auch in der südafrikanischen Sprache Xhosa, der Muttersprache unseres Ensembles.

Was macht den Reiz der Marimbas aus?

Dornford-May: Die Marimbas sind traditionelle südafrikanische Instrumente, die am ehesten den europäischen Xylofonen gleichen. Ihr wundervoller Sound ist jedoch grundlegend anders und tief in der südafrikanischen Kultur verwurzelt. Traditionelle Marimbas sind so gestimmt, dass sie nur Noten einer bestimmten Tonleiter spielen können. Unsere Marimbas sind hingegen chromatisch gestimmt, was eine größere melodische und harmonische Vielfalt ermöglicht. So wie unsere Sängerinnen und Sänger verschiedene Stimmlagen haben, gibt es auch die Marimbas in vier Größen, die jeweils ihren Tonhöhen entsprechen.

Wie schwer ist es, in Südafrika geeignete Talente für das Ensemble zu finden?

Dornford-May: Südafrika verfügt über eine großartige Tradition des Singens. Die Leute bei uns singen viel mehr, als dies in Europa der Fall ist. Zu fast jedem Anlass gibt es hier Gesang. Dazu kommt ein großes Netzwerk von Sängern und Chören wie zum Beispiel auch in Kapstadt. Das Repertoire reicht vom Volkslied bis zur großen Oper. Die Menschen fangen schon früh mit dem Gesang an, sodass ihre Stimmen sehr gut ausgebildet sind. Aus dieser sehr großen Basis an guten Stimmen können wir dann unsere Talente für das Ensemble auswählen und weiterentwickeln. Das macht die Suche für uns sehr einfach. Viele der Ensemblemitglieder waren schon bei anderen Welttourneen wie mit Carmen dabei, auch daraus konnten wir bei der Besetzung der Zauberflöte schöpfen.

Wie wichtig ist es für Sie, die südafrikanische Kultur mit „Impempe Yomlingo“ bei den großen Touren weltweit zu teilen?

Dornford-May: Das ist für uns sehr wichtig. In Südafrika wollen wir mit unserer Arbeit ein möglichst vielfältiges Publikum erreichen, um mit diesen Menschen Kultur zu teilen und ihnen den uneingeschränkten Zugang dazu ermöglichen. Wenn wir international unterwegs sind, können wir unsere Kultur mit dem Rest der Welt teilen. Das ist großartig für uns und ein echtes Privileg.

Wie gut kennen Sie Köln?

Dornford-May: Wir waren mit „Impempe Yomlingo“ schon vor einigen Jahren in der Kölner Philharmonie. Das war eine großartige Erfahrung für uns. Das Publikum in Köln hat toll auf das reagiert, was wir auf die Bühne gebracht haben. Es ist aufregend, Teil eines solch vielfältigen und großen Festivals zu sein. Etwas in der Form gibt es bei uns in Südafrika nicht.

Gibt es Unterschiede zwischen den Reaktionen beim südafrikanischen und beim europäischen Publikum?

Dornford-May: Wir haben „Impempe Yomlingo“ im südafrikanischen Township genauso gezeigt wie bei den Touren in den USA, im Londoner West End oder in Australien. Die Reaktionen des Publikums auf unsere Produktion waren überall gleich. Da gibt es keine großen Unterschiede.

Hat sich die Produktion im Vergleich zum letzten Kölner Gastspiel verändert?

Dornford-May: Die Produktion ändert sich ständig, auch weil sich die Bestzung immer wieder verändert und neue Stimmen hinzukommen. Die Grundgeschichte und das Konzept der Produktion bleiben gleich, aber trotzdem sind kleinere Veränderungen notwendig, um das Stück weiter lebendig zu halten.

Die Zauberflöte wurde von Mozart im Jahr 1791 in Wien uraufgeführt. Wie wichtig ist deren Botschaft noch für den Menschen von heute?

Dornford-May: An der Bedeutung der Botschaft hat sich von der Uraufführung bis heute nichts geändert. Es geht um zwei junge Leute die für ihre Ideale einstehen und die auch bereit sind, dafür zu kämpfen, um eine bessere Welt zu schaffen. Thematisiert wird der ewige Kampf des Lichts gegen die Dunkelheit. Das ist heute, in diesen schwierigen Zeiten noch wichtiger geworden.