Brauchtum Kostüme, Klüngel und Kurioses beim jecken Treiben
Köln · In diesem Jahr ist beim Karneval durch die Corona-Pandemie vieles anders als sonst. Sitzungen und Partys müssen genauso ausfallen wie Umzüge oder das Feiern in der Kneipe. Das schmerzt besonders bei einem Brauchtum, das gerade im Rheinland eine jahrhundertelange Tradition hat, und das fester Bestandteil der eigenen Identität ist.
Dabei hat der Karneval zwischen Bonn, Köln und Düsseldorf viele Facetten und ist so bunt wie das Kostüm eines Lappenclowns. In Köln, Bonn und Aachen sagt man „Alaaf“ und in der Domstadt verbrennt in der Nacht zu Aschermittwoch den Nubbel. In Düsseldorf und Mainz heißt es „Helau“ und die Session startet in der Landeshauptstadt am Elften im Elften mit dem Hoppeditz.
Warum das so ist, weiß der Karnevalsexperte Günter Schenk, der in seinem Buch „Karneval in R(h)einkultur“ mit historischen Illustrationen und aktuellen Reportagefotografien die abwechslungsreiche Geschichte närrischer Bräuche vom Mummenschanz der Antike bis zu den heutigen Partyevents oder alternativen Formaten wie der Stunksitzung erzählt. Der Karneval ist dabei immer ein lebendiges Weltkulturerbe geblieben.
„Der Karneval übersteht auch
die Pandemie unbeschadet“
Der Autor begeistert sich seit Jahrzehnten für das Thema. Als Spezialist für närrische Bräuche hat er 2011 den Kulturpreis der Deutschen Fastnacht erhalten. Und er ist davon überzeugt, dass der Karneval auch die schwierige Zeit der Pandemie unbeschadet überstehen wird: „Weil Karneval Kultur ist, wird er jedes Jahr neu erblühen, solange es die Menschen wollen.“ Schließlich habe der Karneval in der Vergangenheit auch die Pest, große Grippe-Pandemien und Weltkriege überdauert.
Im Buch geht es um das närrische Rüstzeit mit den Narrenrufen wie „Helau“ und „Alaaf“, der jecken Zahl 11 und den Kostümen. Beleuchtet wird vom Autor die gesamte fünfte Jahreszeit vom Elften im Elften, der in Köln besonders groß gefeiert wird, über die kurze weihnachtliche Pause bis zum Sitzungskarneval und den jecken Feiertagen Weiberfastnacht, Rosenmontag und Veilchendienstag. Und am Aschermittwoch ist alles vorbei.
Thema sind zudem die Säulen des rheinischen Karnevals wie Umzüge, Sitzungen, Musik und Tanz. Der Blick fällt auf die Traditionskorps und Garden, die das Rückgrat des Straßenkarnevals darstellen. Ins Blickfeld geraten die kölschen Funken genauso wie die Regimentstöchter als einzige Frauen in der Männerbastion. Erzählt wird die Geschichte der Umzüge, aber auch die des Sitzungskarnevals, der das jecke Treiben auf die Bühne bringt. Bei der Musik reicht das Spektrum vom Marsch über die alten Lieder und den Schlager bis zum rockigen Hit.
Erzählt wird auch die lange Geschichte des närrischen Treibens vom Teufelswerk Mummenschanz in der Antike über den Narren im Mittelalter, wo die Fastnacht mit der Fastenzeit geboren wird. Später verdrängt der Carneval am Rhein die Fastnacht. 1823 feiert der Rosenmontagszug seine Weltpremiere. Später prägen die Weltkriege und die NS-Terrorherrschaft das närrische Treiben bis schließlich die heutige Form des Karnevals sich aus den Ruinen des Kriegs entwickelt und zum Weltkulturerbe wird.
Günter Schenk: Karneval in R(h)einkultur. Zwischen Mummenschanz und Stunksitzung, Droste Verlag, 288 Seiten, 39 Euro.