Karneval Verlängerung für Kölner Stadtmauer

Köln · Wer über die Ringe in die Kölner Südstadt kommt, erlebt auf Höhe des Sachsenrings ein besonderes historisches Gebäudeensemble. Neben dem verbliebenen langen Stück der mittelalterlichen Stadtmauer erheben sich mit dem Prinzengardeturm und dem Sachsenturm zwei alte Wachtürme.

So soll der neue Entlastungsbau künftig aussehen. Die komplette Fertigstellung ist für Mitte 2025 geplant.

Foto: Gesellschaft/Blaue Funken

Unweit ist die Ulrepforte ein besonderer Blickfang. Mit den Roten und den Blauen Funken sowie der Prinzen-Garde haben dort gleich drei der neun Kölner Traditionskorps ihr Quartier bezogen.

Während die Roten Funken vor ihrem großen Jubiläumsjahr ihr Bauprojekt für die Erweiterung der Ulrepforte erfolgreich abgeschlossen haben, geht es bei den Nachbarn von den Blauen Funken am Sachsenturm, der aus dem 12. Jahrhundert stammt, gerade richtig los. Am Mittwochabend wurde dort der Grundstein für den schon lange geplanten Entlastungsbau gelegt.

Ende der 60er haben die Blauen Funken den Turm übernommen

Im historischen Gemäuer haben die Blauen Funken seit mehr als 50 Jahren ihr Stammquartier gefunden. Am 11. November 1969 wurde dort der Grundstein für den Funken-Turm gelegt. Zuvor war der alte Wachturm zunehmend dem Verfall preisgegeben worden. Schon zehn Jahre zuvor hatte sich der damalige Präsident Hanns Göbbels auf die Suche nach einem Zuhause für seine Funkenartillerie blau-weiß gemacht.

1968 bekam der Bauverein die Zusage für das Bauprojekt. Zunächst musste der Schutt aus dem Turm geräumt werden, dann begann die aufwendige Restaurierung mit historischen Materialien der Dombauhütte sowie dem Klingelpütz. Mit dem Engagement der Karnevalisten wurde das historische Bauwerk und damit ein Stück Kölner Stadtgeschichte bis heute erhalten.

Inzwischen ist das Korps deutlich gewachsen. Waren es 1980 noch 150 Mitglieder, gehören heute 550 Mitglieder zu den Blauen Funken. Entsprechend größer wurde der Platzbedarf im Stammquartier. Für den Entlastungsbau am Sachsenturm wurde ein Architekturwettbewerb ausgeschrieben, bei dem der Entwurf des Architekten Claus Anderhalten als Siegerentwurf hervorging.

Das 33 Meter lange und zwölf Meter breite moderne Bauwerk soll wie eine Verlängerung der historischen Stadtmauer wirken und den Sachsenturm wieder, wie ursprünglich im Mittelalter, zwischen zwei Mauerteilen platzieren. Für das Bauprojekt entwickelte das Unternehmen Heidelberg Cement extra einen Zement, der in der Farbe und der Porosität genau der alten Stadtmauer entspricht. Auch die Höhe des Baus wurde an die historische Mauer angepasst.

Zwischen dem Sachsenturm und dem neuen Gebäude gibt es einen bogenförmigen Durchgang, sodass der Blaue-Funken-Weg für die Öffentlichkeit erhalten bleibt. Mit dem Kellergeschoss wird es vier Etagen geben. Im Erdgeschoss und auf der ersten Etage entstehen Säle für 80 bzw. 300 Personen. Im Gebäude findet auch eine Küche, Sanitäranlagen und eine deutlich größere Geschäftsstelle ihren Platz - für ein Traditionskorps, das in der Session für seine Veranstaltungen mehr als 20.000 Karten anbietet.

Zu den zentralen Kriterien des Erweiterungsbaus zählt, dass dieser barrierefrei zugänglich ist. Der Turm wird auch an private Interessenten vermietet. „Es gibt in Köln nur wenige Säle mit einem Platzangebot in der Größenordnung für 300 Personen. Wir möchten die Räume auch kleineren Karnevalsgesellschaften sowie Schulen und anderen Institutionen für Veranstaltungen anbieten. So entsteht mit dem Bau ein neues Zentrum für die Südstadt“, sagt Vizepräsident Armin Hoffmann. Die komplette Fertigstellung des Baus ist für Mitte 2025 geplant.

Mit dem Neubau kann auch der Sachsenturm selbst von Ballast wie den bisherigen Funktionsräumen befreit werden. Dort wird es mit der „Funke-Hött“ und einem weiteren Saal für bis zu 80 Personen zusätzlichen Platz für Veranstaltungen geben.

Insgesamt belaufen sich die Kosten für den Entlastungsbau auf 3,5 Millionen Euro. Finanzielle Unterstützung bekommen die Blauen Funken für ihr Bauprojekt unter anderem von der NRW-Stiftung, der Kämpgen-Stiftung sowie von der Stadt. Ein Großteil der Kosten wird aber durch Spenden des Bauvereins finanziert.

„Mit dem neuen Entlastungsbau am Sachsenturm und der Stadtmauer schaffen wir einen wahren Prachtbau für Köln“, sagt der Präsident der Blauen Funken, Björn Griesemann, der bei der Grundsteinlegung auch an seinen bei einem Flugzeugunglück verstorbenen Vater Peter Griesemann erinnerte, der mit seinem Nachfolger als Präsident im gemeinnützigen Bauverein Sachsenturm, Michael Müller, der „Ideengeber und Treiber“ beim Bauprojekt gewesen sei. Lob dafür gibt es auch von OB Henriette Reker: „Der Entwurf vereinigt den Denkmalschutz mit einer modernen Architektur und entspricht auch den heutigen Nutzungsanforderungen.“