Kultur Die doppelt geplante Spielzeit

Köln · Beim Schauspiel Köln ist momentan vieles im Umbruch - die einzigen Konstanten, die bleiben sind die Ungewissheit und das Interim im Mülheimer Depot. Eigentlich wollte man die neue Spielzeit im Stammhaus am Offenbachplatz beginnen, doch die ewigen Verzögerungen der Dauerbaustelle im Herzen der Stadt machte den Kreativen des Schauspiels wieder einmal einen Strich durch die Rechnung - zumindest vorerst.

Die neue Spielzeit 2024/25 beginnt für das Schauspiel im Interim, im Mülheimer Depot.

Foto: step/Eppinger

So musste die gesamte Spielzeit doppelt geplant werden - alle Produktionen mussten sowohl rechts- als auch linksrheinisch funktionieren. Dabei hatte man gerade einmal zehn Monate Vorbereitungszeit - normal wären etwa zwei Jahre Vorlauf. Dazu kommen zahlreiche Veränderungen beim Schauspiel: Der langjährige Intendant Stefan Bachmann hat das Haus in Richtung Wiener Burgtheater verlassen - für ein Jahr übernimmt der langjährige Hausregisseur Rafael Sanchez, bevor er im kommenden Jahr mit Pinar Karabulut das Schauspielhaus Zürich leiten wird. Dann übernimmt Kay Voges die Intendantenrolle in Köln.

Zahlreiche neue Schauspieler gehören zum Kölner Ensemble

Dazu kommen zahlreiche Änderungen im Ensemble - etwa die Hälfte der Schauspieler ist Bachmann nach Wien gefolgt. Zwölf neue Akteure mussten gefunden werden. Vier kommen direkt von der Schauspielschule auf die Bühnen im Depot. Auch in der Leitung gab es Veränderungen. So teilen sich Sibylle Dudek und Jan Stephan Schmieding die Position des Chefdramaturgen. Arthur Soltan Hayrapetian wird Künstlerischer Betriebsdirektor und stellvertretender Intendant.

„GRMPF“ lautet der Titel der ersten Premiere am 14. September, bei der Sanchez selbst die Regie übernimmt. Das lautmalerische Kürzel steht für eine Mischung aus Frustration und Verzweiflung. Ein Mix, der vielen in Köln durchaus geläufig sein dürfte. Auf die Bühne gebracht wird beim Stück von Mike Müller „eine musikalische Baustelle“, eine bunte Revue der Dysfunktionalität. An diesem Abend werden die Protokolle von Ratssitzungen zu Sketchen und Verzweiflungsschreie zu fröhlichen Gesangsnummern.

Insgesamt sind für die kommende Spielzeit 18 Premieren geplant. Dazu kommen viele Wiederaufnahmen und Gastspiele. Zu den Premieren gehört die Uraufführung von „Balkan Drift“ von Ivana Sokola am 27. September, die sich erstmals dem Kölner Publikum präsentiert. Weiter geht es einen Tag später mit „We are Family“ - eine feministische Antikenüberschreibung des europäischen Urdramas von Tine Rahel Völcker nach Euripides, Aischylos und Sophokles. Die Regie übernimmt Jorinde Dröse, die ihre erste Kölner Premiere feiern kann.

Auf die Bühne gebracht wird am 25. Oktober auch Tennessee Williams bekanntes Werk „Die Katze auf dem heißen Blechdach“ unter der Regie von Bastian Kraft, dessen Adaptation von „Die verlorene Ehre der Katharina Blum“ wiederaufgenommen wird. Am 3. November gibt es die Premiere der deutschsprachigen Erstaufführung von „Empusion“ von der polnischen Nobelpreisträgerin Olga Tokarczuk, die sich an Thomas Manns „Zauberberg“ anlehnt.

Mit „Momo“ kehrt das Familienstück zurück ins Depot

Weiter geht es bei den Premieren am 8. November mit „Der König stirbt“ von Eugène Ionesco, die sich unter der Regie von Paula Pohlus bitterböse mit dem Ende des Lebens beschäftigt. Das erste Mal seit Langem wird es mit Michael Endes „Momo“ am Kölner Schauspiel wieder ein Familienstück geben, das am 30. November unter der Regie von Ildikó Gáspár bildgewaltig seine Premiere feiern wird.

Das neue Jahr startet mit der Premiere der deutschsprachigen Erstaufführung von „Aus dem Schatten: Thiaroye“ (10. Januar) von Alexandra Badea, ein französisches Stück, das unter der Regie von Poutiaire Lionel Somé auf ein weitgehend unbekanntes Massaker im Senegal während des Zweiten Weltkriegs blickt - dem Mord an den sogenannten Senegalschützen. Am 24. Januar folgt mit Shakespeares „Was ihr wollt“ unter der Regie von Charlotte Sprenger ein echter Klassiker im Depot 1.

Am 7. Februar bringt Bassam Ghazi die Familiengeschichte „Vatermal“ von Necati Öziri im Deport 2 auf die Bühne. Für den Regisseur ist es eine Rückkehr nach Köln, dort hatte er unter Bachmann den Jugendclub Import-Export-Kollektiv aufgebaut. Unter der Regie von Matthias Köhler kommt am 21. Februar „Engel in Amerika“ von Tony Kushner erstmals auf die Bühne, das kritisch auf die USA zu neoliberalen Zeiten der Regierung Reagan in den 80ern blickt.

Mit Antú Romero Nunes und Yael Ronen konnten für die kommende Spielzeit zwei Regiestars erstmals nach Köln geholt werden. Dazu kommen Rückkehrer wie Charlotte Sprenger, Matthias Köhler und Pinar Karabulut, die unter Bachmann als Regieassistenten am Kölner Schauspiel ihre Karriere begonnen haben und die inzwischen zu den gefragten Kräften in der Theaterwelt gehören. Ins Depot kommen auch bekannte Kölner Kräfte wie der Fernsehmacher Jan Bonny, der erstmals für das Schauspiel arbeitet. Das restliche Programm der neuen Spielzeit wird zu einem späteren Zeitpunkt bekannt gegeben.

Im neuen Programm wird es insgesamt zwölf von Hanna Koller kuratierte Tanzgastspiele in Köln geben - zehn davon sind im Depot zu sehen. Dazu zählen neue Arbeiten von Sharon Eyal und Altmeister William Forsythe, der sechs US-Hip-Hop-Tänzer auf die Bühne holt, eine besondere Zusammenarbeit von Sasha Waltz und dem Theaterkollektiv Rimini, die das Publikum mit einer verspiegelten Bühne zum Teil eines Experiments macht, sowie der spektakulären Arbeit „Ophelia’s Got Talent“ von Florentina Holzinger.

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