Was hat sie motiviert, 2019 als Köchin auf eine große kulinarische Weltreise zu gehen?
Genuss Wenn das Menü zur Weltreise wird
Köln · 2016 ist Julia Komp zu Deutschlands jüngster Sterneköchin gewählt worden. 2020 wurde sie als Köchin des Jahres ausgezeichnet. Auf einer Weltreise hat Komp mehr als 30 Länder von Marokko bis Japan besucht, um sich dort als Köchin vom authentischen Geschmack inspirieren zu lassen.
In Köln betreibt sie seit 2021 ihr Sahila-Restaurant und die Yulia Mezze Bar. Wir haben Julia Komp im Griechenmarktviertel besucht.
Julia Komp: Ich wollte in der asiatischen und in der orientalischen Küche den authentischen Geschmack finden und erfahren, wie Produkte am richtigen Ort traditionell verwendet werden. Das gilt zum Beispiel für Kimchi, das hierzulande immer beliebter wird. Wir kennen die Rezepte und können es so auch zubereiten. Aber wie Kimchi in Korea wirklich schmeckt, kann man nur erfahren, wenn man in dieses Land reist und das Gericht vor Ort probiert.
Wie haben Sie ihre große Reise geplant?
Komp: Einige Orte und Stationen standen fest, zum Beispiel durch alte Kollegen, wie auf den Malediven. Viele Stationen der Reise haben sich aber auch ganz spontan ergeben. Ich habe in Asien fast alle Länder besucht. Für mich war das aber keine Auszeit als Köchin, sondern eine Zeit, in der ich durchgängig in verschiedenen Restaurantküchen hart gearbeitet habe, um so möglichst viele Erfahrungen sammeln zu können. Spannend waren vor allem die Momente, in denen ich mit den Kollegen vor Ort die Küche verlassen haben, um Märkte zu besuchen und Streetfood zu probieren. Manchmal haben die Kollegen für mich auch ganz privat Gerichte nach ihren alten Familienrezepten zubereitet, was sehr spannend war, weil man so etwas als normaler Tourist nicht probieren kann. Da lernt man das echte Leben in einem Land wirklich kennen.
Gibt es nach der Reise Favoriten unter den Ländern und Regionen?
Komp: Für mich gibt es drei Kriterien: Meine schönste Zeit habe ich vom menschlichen Aspekt her in Indonesien, Malaysia und in Marokko verbracht. Die schönste Landschaft habe ich im Oman, mit der Wüste, dem Meer, den Oasen und den Seen, erlebt, das war wirklich atemberaubend. Kulinarisch waren Korea und Indien die spannendsten Länder. Vor allem die südindische Küche mit ihren Gerüchen und Gewürzen hat mich sehr fasziniert. Ich habe mir von dort vakuumverpackte Gewürze in Boxen mitgebracht, die ich im Keller meiner Eltern gelagert haben. Trotz all der Verpackung war der Duft, schon wenn man die Treppe zum Keller hinabgestiegen ist, wahnsinnig gut. Dort haben die Gewürze einfach eine unglaublich hohe Qualität.
Sie haben die Reise in einem Buch festgehalten.
Komp: Mir war es wichtig, die Geschichten, die ich bei der Reise erlebt habe, aufzuschreiben, damit sie nicht verloren gehen. Ich habe in den Ländern eine ganz andere Sicht auf die alltäglichen Dinge kennengelernt. Dort geht man entspannter an das Leben heran und genießt es mehr. Leider lässt das, wenn man zurück in Deutschland ist, sehr schnell wieder nach. Aber die positiven Erfahrungen in Bezug auf fremde Kulturen und Werte inklusive der großen Gastfreundschaft werden mir erhalten bleiben. Ich habe auf der Reise Einblicke in neue Welten erhalten und die wollte ich durch das Buch mit anderen Menschen teilen.
Was haben Sie kulinarisch von dieser Weltreise mitnehmen können?
Komp: Am meisten geht es um den Umgang mit den Produkten. Ich mag beispielsweise sehr gerne Gemüse wie Spitzkohl. Von zu Hause kennt man in der Regel die klassische Zubereitung als Beilage zum geschmorten Braten mit Speck und Zwiebeln. Gibt man aber Curry oder Vanille dazu, entsteht ein ganz neues Geschmackserlebnis und so passt der Spitzkohl dann auch perfekt zu einem knusprig gebratenen Hühnchen. Gewürze haben die Fähigkeit, ganz normale Zutaten in ein ganz anderes, besseres Licht zu stellen. Dazu möchte ich auch mit meiner Gewürzbox anregen, die fünf Gewürze und ein Salz aus verschiedenen Ländern enthält.
Wie haben Sie mit dem Kochen begonnen?
Komp: Begonnen hat alles mit dem Backen von Kuchen und Plätzchen. Da ich aber immer den rohen Teig genascht habe und mir der nicht gut bekommen ist, habe ich mit dem Kochen begonnen. (Lacht) Mit 13 oder 14 ist so das erste Fingerfood für die Familie entstanden. Ich habe mir immer wieder Kochbücher, wie die von Tim Mälzer, gekauft und die Kochshows im Fernsehen verfolgt. Danach hatte ich neue Rezepte, die ich zu Hause ausprobiert habe. Beim Urlaub in Belgien habe ich erlebt, wie man Mitnahmegerichte optisch toll anrichten kann. In Bensberg gab es einen Feinkostladen, der das genauso gemacht hat. Da bin ich dann in den Sommerferien zum Praktikum gewesen. Dort habe ich Dinge gelernt, die ich bis heute so nachkoche, da sie meine Familie liebt. Weitere Stationen als Praktikantin waren „Schloss Lerbach“ sowie das „La Societé“ in Köln. In Porz habe ich 2008 im Sternerestaurant „Zur Tant“ meine Ausbildung absolviert. Das war eine sehr harte Zeit mit einem strengen, aber fairen Chef und sehr wenig freier Zeit, aber es hat sich wirklich ausgezahlt. Bis heute habe ich Kontakt zu meinem Chef, der auch ab und zu zum Essen in mein Restaurant nach Köln kommt.
Wie ging ihre Karriere in Richtung eigene Sterneküche weiter?
Komp: Ich konnte schon früh Erfolge verbuchen und war in der Ausbildung deutsche Vizemeisterin. Ich habe zudem in der Jugendnationalmannschaft der Köche gekocht. Dafür brauchte ich aber etwas mehr Freizeit, weshalb ich in das Vorstandskasino des TÜV Rheinland gewechselt bin. Da hatte ich am Wochenende frei und konnte mit der Mannschaft für internationale Wettbewerbe trainieren. In Moskau und Costa Rica wurde das jeweils mit Doppelgold belohnt. Im Casino habe ich allerdings die Teamarbeit eines kleinen Restaurants vermisst, weshalb ich als Chef de Partie ins Restaurant „La poele d‘Or“ gewechselt bin. Später ging es weiter als Küchenchefin im „Schloss Loersfeld“, wo ich mir meinen ersten Stern erkocht habe. Nach der Weltreise habe ich dann das Pop-up Projekt „Lokschuppen“ gestartet.
Und heute betreiben Sie ihr Restaurant „Sahila“ und die „Yulia Mezze Bar“ in Köln.
Komp: Das Restaurant habe ich vor einem Jahr übernommen. Es war davor 30 Jahre lang ein italienisches Restaurant. Zu den Vorbesitzern haben wir bis heute einen sehr guten Kontakt. Sie haben uns in der Zeit der Eröffnung sehr unterstützt. Im Restaurant bieten wir mit dem Menü eine Reise um die Welt an. Entweder schaffen wir aus dem typischen Geschmack eines Landes ein neues Gericht oder wir nehmen ein typisches Gericht, dass wir dann neu interpretieren und präsentieren. Da setzen wir auf den Wow-Effekt, wenn der Teller auf den Tisch kommt. In der Mezze Bar gibt es orientalisch-mediterrane Gerichte in verschiedenen Kombinationen vom großen goldenen Teller mit vielen kleinen Gerichten bis zum kompletten Menü. Da reichen die Anregungen von Marokko und Tunesien über Ägypten und dem Libanon bis zur Türkei, Griechenland und Italien.
Warum gibt es in der gehobenen Kölner Gastroszene so wenige Frauen in Spitzenpositionen?
Komp: Dass viele Sterne an Männer vergeben werden, liegt daran, dass die entscheidende Zeit in der Karriere als Spitzenköchin meist mit der Familienplanung zusammenfällt. In den Küchen der Spitzengastronomie selbst gibt es sehr viele Frauen - bei mir im Team sind Frauen sogar in der Mehrzahl. Die Position des Küchenchefs geht aber in den meisten Fällen immer noch an Männer. Unser Beruf ist für eine Frau leider nur sehr schwer mit der Familie vereinbar. Ich hatte das große Glück, schon in sehr jungen Jahren den ersten Stern zu erhalten und bin danach meinen Weg konsequent weitergegangen. Das mit der Familie werden wir irgendwann auch schaffen.
Service: „Sahila – The Restaurant“, Krämmergasse 18, Köln, Öffnungszeiten: Di-Fr ab 18.30 Uhr, Sa 12-15 und ab 18.30 Uhr. „Yulia Mezze Bar“, Öffnungszeiten: Di-Fr ab 17 Uhr, Samstag 12.30-15 und ab 17 Uhr.