Menschen: Von Budweis über Moskau ins sibirische Krasnojarsk

Steffi Hoth aus Burscheid studiert in Passau Kulturwirtschaft. Bald lernt die 23-Jährige dafür auch im südlichen Sibirien.

Budweis/Burscheid. "Denkst du ostwärts?", so lautete der Slogan auf einem Plakat, das vor ein paar Jahren junge Menschen auf Osteuropa aufmerksam machen sollte und das auch das Interesse der Burscheiderin Steffi Hoth "für diesen bisher von mir unbemerkten Teil der Erde weckte".

Seit zwei Jahren studiert sie Kulturwirtschaft in Passau - zurzeit lernt sie in Tschechien, am Monatsende geht es nach Moskau und bald nach Sibirien.

Das Studium der 23-Jährigen setzt sich zusammen aus Wirtschaft, Sprachen und Kulturwissenschaften. Es zielt auf Berufe in internationalen Organisationen wie UNO oder UNESCO, in Journalismus und Tourismus bis hin zur Arbeit in internationalen Wirtschaftsunternehmen, es sind kaum Grenzen gesetzt. Ihr Weg führt sie also gen Osten, eine Richtung, wie sie selber sagt, die in ihrer Generation oft unbemerkt bleibe.

"Dass viel Zeit nötig ist, um Osteuropa zu verstehen, sei es die Sprache oder die Kultur, wurde mir schon nach den ersten Russischkursen und Vorlesungen über Literatur und Geschichte klar", erklärt die Burscheiderin.

Derzeit ist sie im fünften Semester, welches sie in der Tschechischen Republik, in Budweis, verbringt. Nicht nur über Tschechien lerne sie dort viel Neues, sondern auch über Deutschland, diesmal aus einem tschechischen Blickwinkel. "Ich lerne geduldig zu sein. Hier scheinen die Uhren etwas langsamer zu ticken, was sich mit meiner doch recht deutschen Pünktlichkeit und dem Drang effektiv zu sein, oft nur schwer vereinbaren lässt. Langsam lerne ich inne zu halten, und das Hier und Jetzt zu genießen, bevor es weiter geht."

Besonders seit der EU -Osterweiterung gebe es viele Programme, die Schülern und Studenten Bildungsreisen und längere Auslandsaufenthalte ermöglichten, vor allem um die Angst zu nehmen und die Neugierde zu wecken.

Die sei in ihr schon hellwach, gebe es doch "unvorstellbar viel" zu entdecken. "Am Ende des Monats verwirklicht sich für mich der Traum eines jeden Russischstudenten: Ich werde eine Woche in Moskau verbringen." Im Rahmen eines Austausches für junge Journalisten werden den Studenten unter dem Thema "Integration Jugendlicher in die Politik" Organisationen, junge Journalisten und Politiker vorgestellt. "Das ist für mich eine einmalige Chance."

Mit immer schnelleren Schritten nähert sich aber auch ein zweites Auslandssemester, diesmal ein Stück weiter entfernt als die zwei Autostunden, die Budweis und Passau trennen. Im Februar geht es nach Krasnojarsk, eine russische Industriestadt im südlichen Sibirien, gelegen an der Strecke der Transsibirischen Einsenbahnstrecke und etwa 500 Kilometer vom Baikalsee entfernt, für russische Verhältnisse ein Katzensprung.

"Ich habe bereits gelernt, dass die Entwicklung von einem kommunistischen Staat zum modernen Kapitalismus keine einfache ist, dass man nicht alles verstehen muss, sondern, dass manchmal einfach Respekt und Toleranz gefragt sind."

Es sei ein langer Weg, aber sie werde für jede Stunde, die sie Deklinationen und Vokabeln paukt, belohnt. "Sei es das Lächeln einer Bäuerin, bei der ich in meinem besten Russisch Kartoffeln aus ihrem Garten einkaufe, sei es ein Sonnenaufgang auf der Karlsbrücke in Prag oder ein Tee aus dem Samowar in einem Kaffee an der Newa in Sankt Petersburg, Osteuropa hat viel zu geben."