Musikant kam per Rad aus Lübeck
Peter Runge war drei Wochen ohne Geld unterwegs. Die Reise endete im Schnee.
Burscheid. Wirt Ingo Schopphoff hatte Reklame gemacht: "Freitag ehrliche Musik mit Peter" stand auf Tafeln im Blechritter an der Kölner Straße in Hilgen. Dabei hatte er keine Garantie, dass der Musiker mit Gitarre und Mundharmonika auch wirklich wie versprochen erscheinen würde. Die beiden hatten sich erst am Dienstag nach Ostern kennengelernt.
Es war spät und draußen schneite es. Schopphoff erzählt: "Es waren vielleicht noch fünf oder sechs Gäste da und da kommt er rein und sieht mit seinem Bart auch noch ein bisschen aus wie der Weihnachtsmann." Man kam ins Gespräch. Nein, mit dem Bus sei er nicht gekommen sagte Peter. Sein Fahrrad stehe draußen.
Tatsächlich: Auf dem Weg von Wuppertal in Richtung Köln war der 53-jährige Peter Runge auf seinem Mountainbike durch Burscheid gekommen und wollte sich im Blechritter aufwärmen. Bis in den frühen Morgen unterhielt er die Gäste mit seinen Liedern. Erst am nächsten Tag fuhr er weiter. Für Kost und Unterkunft revanchierte er sich am vergangenen Freitag, als viele Hilgener am Tresen standen und ihm zuhörten.
"Wisst ihr, was ’ne Viermastbark ist?", fragte Runge ganz vorsichtig in die Runde. Das ist ein Segelschiff mit vier Masten. Das Lied dazu: "Wir segeln mit ’ner Viermastbark von Dortmund bis nach Dänemark"
Eigene Texte mit Augenzwinkern hatte Runge aus Lübeck mitgebracht. Dort spielt er seit Jahrzehnten Banjo in der Band Zeh-Dur. Mit den beiden Bandkollegen hatte er gewettet, dass er drei Wochen nur mit Straßenmusik überleben kann. Die Wette haben sie nun verloren, denn Peter Runge ist erst am Sonntag wieder mit dem Zug zurückgereist.
Vor 25 Jahren war er schon einmal mit der Gitarre unterwegs gewesen. "Den Stellenwert von damals hat Straßenmusik heute nicht mehr", ist seine Feststellung. Die meiste Aufmerksamkeit habe er in der kleinen Stadt Rinteln im Weserbergland erhalten. Besonders schlecht waren die Osterfeiertage: "Da ist ja keiner unterwegs und geschneit hat es auch noch."
Als das Geld nicht einmal für ein Radfahrerhotel reichte, machte er die Nacht durch. Als ihm der Sattel gestohlen wurde, waren 50 Euro für einen neuen fällig: wieder eine durchwachte Nacht. Einen so freundlichen Wirt wie Schopphoff habe er auf der ganzen Tour nur einmal getroffen und die Bergischen hätten ihn auch sehr nett begrüßt, lobt das wortkarge Nordlicht.
Seine Tour führte Runge über Lüneburg, Celle, Minden, Hameln, Paderborn und Wuppertal nach Burscheid. Immer der Nase nach in Richtung Süden: "Was soll ich denn in Dänemark?" Nach dem Urlaub geht es jetzt wieder an die Arbeit: im Lübecker Brauhaus Brauberger.