Neustart im Hofladen auf Gut Engelrath
Peter Birken, 30 Jahre Marktbeschicker in Solingen, übernimmt in seiner Heimatstadt ein Geschäft in prominenter Lage.
Burscheid. Wenn Peter Birken davon erzählt, dass er wieder den Kundenkontakt braucht, die Gespräche, den Augenkontakt, dass er nicht einfach zu Hause herumsitzen will, glaubt man ihm das sofort. Der 53-Jährige hat den Lebensmittelhandel von Kindesbeinen an verinnerlicht — auf den Märkten in Solingen. Jetzt wird der Herkensiefener ausgerechnet in seiner Heimatstadt sesshaft: Er übernimmt den Hofladen auf Gut Engelrath direkt an der L 188, wie die B 51 in diesem Abschnitt heute heißt.
Ganz geheuer ist ihm die eigene Entscheidung selbst noch nicht. 30 Jahre hat er als Marktbeschicker auf den Märkten in Solingen-Mitte und -Wald so ziemlich mit allem gehandelt, was Menschen satt macht: erst Butter, Eier und Käse, später Obst und Gemüse. Aber da hatte er die Passanten im Blick, konnte mit einem freundlichen Gruß, einem Lächeln und einem kurzen Gespräch Kontakt aufnehmen. „Jetzt stehe ich im Laden und muss zusehen, die Kunden hierher zu locken.“ Große Zweifel daran, dass ihm das gelingen wird, wollen im Gespräch mit ihm aber nicht aufkommen.
Gut Engelrath ist schon länger im Umbruch. Erst der Wandel von der Obstplantage zur Weihnachtsbaumschonung, dann vor einem Jahr der Eigentümerwechsel. Dächer und Gebäude wurden saniert, an der Erweiterung der Reitanlage wird noch gearbeitet. Und zum Jahresanfang schied auch Klaus Behling aus, bisher Betreiber des Hofladens.
Im Umbruch befindet sich auch Peter Birken. Aufgewachsen auf dem elterlichen Hof in Herkensiefen, hatte er schon als Achtjähriger am Stand ausgeholfen. „Fußball spielen durfte ich nicht, weil ich samstags auf den Markt musste.“ Aber die Art, wie die Märkte in Solingen zum Jahreswechsel 2014/2015 privatisiert wurden, schmeckte ihm nicht. Schlussstrich unter ein Leben als Marktbeschicker.
Peter Birken
Mit der Ernte der eigenen Erdbeer- und Spargelfelder hat er dann im vergangenen Jahr einige Verkaufsstände betrieben, unter anderem vor dem Restaurant Schmuck-Kastl in Sträßchen. Dort lernte er auch die neuen Besitzer von Gut Engelrath kennen. „Die haben bei mir immer die Erdbeeren gekauft.“ Ende Mai kam die Anfrage, ob er sich im Fall der Fälle vorstellen könne, den Hofladen zu übernehmen. Im Herbst hat er schließlich zugesagt.
Den Ausschlag gab letztlich die Premiumlage des Ladens. Wer von der Autobahn nach Altenberg will, kommt bei ihm vorbei. Die frühere Bundesstraße nicht nur Lebensader für die Region, sondern auch Transportweg für den Ausflugsverkehr.
Seither werkelt der gelernte Schreiner für den Tag der Eröffnung am 20. März. „Alles, was hier aus Holz ist, habe ich selbst gemacht.“ Und er hat sich seine Partner zusammengesucht, deren Produkte er verkaufen will. Wurstwaren kommen von Daum & Eickhorn, Milchprodukte vom Thomashof. Der Mönchhof ist mit im Programm, Erdbeeren und Spargel liefern die eigenen Felder. Auch Karl-Hermann Hagenbecks küchenfertig zubereitetes Gemüse aus Paffenlöh gehört zur Angebotspalette. Obst und Gemüse wird saisonbedingt teils aus Leichlingen bezogen, teils auf dem Großmarkt zugekauft. Auch Brot soll es geben.
Und dann ist da noch „mein guter Freund Erich“, Nachname Goldschmidt, von Beruf Winzer an der Mosel. Für ihn ist schon eine Weinecke eingerichtet. Auch Moselweine können also künftig auf Gut Engelrath gekauft werden.
Wenn Birken beschreibt, welche Idealvorstellung eines Ladens er in sich trägt, landet er schnell bei den Tante-Emma-Läden seiner Kindheit. Der Kundenservice, das persönliche Gespräch, der faire Umgang. Er glaubt: „Die Leute wollen das wieder.“ Und er ist sicher: „Das ist das Plus, das der Einzelhandel heute noch hat.“ Kein Zufall, dass gleich am Eingang eine Sitzbank fest eingeplant ist. An diesem Ort soll sich niemand gehetzt fühlen.