Neustart nach furchtbarer Gewalttat

Im Januar 2017 wurde Horst Zähringer an der Wand seiner Lackiererei in Massiefen mit einem Auto nach einem Streit eingequetscht und verlor ein Bein. Jetzt hat er eine Prothese und will wieder arbeiten.

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Burscheid. „Ich bin wieder hier, in meinem Revier“, singt Marius Müller-Westernhagen in einem seiner bekanntesten Lieder. Es ist eins der Lieblingslieder von Horst Zähringer. Der Inhaber einer Lackiererei im Industriegebiet von Massiefen ist auch wieder in seinem Revier. „Im August oder September möchte ich wieder hier arbeiten“, sagt der 57-Jährige.

Foto: Doro Siewert

Die Verhandlung in der Strafsache gegen den mutmaßlichen Täter ist noch nicht abgeschlossen (siehe Kasten). Doch Horst Zähringer steht vor einem Neuanfang. „Ich möchte wieder zu 90 Prozent kommen, 100 schaffe ich nicht mehr“, sagt der Leverkusener mit realistischem Ehrgeiz. Knien und Bücken — normalerweise alltägliche Bewegungen eines Lackierers — würde er nicht mehr hinbekommen. „In der Hocke geht es nicht mehr“, sagt er. Doch mit entsprechenden Bühnen wolle er später auch untere Bereiche der Fahrzeuge wieder lackieren können. Grundsätzlich muss er aber noch auf grünes Licht von den Ärzten warten. „Ich muss arbeitsfähig geschrieben werden, gesund schreiben wird mich niemand mehr.“

Dass er überhaupt wieder ehrgeizige Ziele hat, verdankt er einer technisch anspruchsvollen Prothese im Wert von 70 000 Euro nach einer Genehmigung der Berufsgenossenschaft, für die er lange gekämpft habe. Als er 2013 seine Frau Ermelinda nach einer Krebserkrankung verlor, habe er einen ersten schweren Kampf gehabt. „Ich musste ihr versprechen, dass ich weitermache“, sagt er.

Dank der Prothese hat der 57-jährige jetzt auch wieder sportliche Ziele. „Ich möchte wieder Fahrrad fahren“, sagt er und demonstriert eine Funktion seiner Prothese. Mit Hilfe einer drahtlosen Steuerung kann er den mechanischen Ersatz des Kniegelenks beweglich stellen, um die Tretbewegung auf dem Rad hinzubekommen. Bevor er absteigt, muss er allerdings darauf achten, das Gelenk wieder zu arretieren. „Sonst falle ich auf die Nase. Ich habe das bereits ausprobiert. Das ist nicht ohne. Aber Übung macht den Meister.“ Sogar Inliner fahren möchte Zähringer bald wieder.

Das hört sich alles an, als würde der Leverkusener einfach dort anfangen, wo er am 31. Januar 2017 nach der furchtbaren Gewalttat im Streit um Trinkgeld aufhören müsste. Aber es ist anders. „Abends auf der Couch kommt das alles wieder hoch. Und dann habe ich ständig diese Phantomschmerzen, das Brennen. . .“ Und die Belastbarkeit sei noch nicht da. „Wenn ich 15 Minuten Staub sauge, habe ich das Gefühl, als hätte ich acht Stunden gearbeitet.“

Das Gefühl will Zähringer bald wieder tatsächlich haben — nach einem ganzen Arbeitstag. „Ich lasse mir von niemandem meine Firma kaputt machen.“