Strawinsky für Anfänger

Die Bläserklasse der Evangelischen Realschule bekommt Besuch von der Kölner Philharmonie.

Burscheid. Kunstlehrerin Christa Engstenberg hat die Jugendreferentin der Kölner Philharmonie vorgewarnt: "Die Schüler sind motiviert." Tatsächlich packen die 29 Kinder der Bläserklasse, noch bevor sie sitzen, ihre Instrumente aus, schrauben ihre Trompeten zusammen, feuchten die Blättchen der Klarinetten an.

Tröten, quietschen und dazwischen ein paar volle Töne - die Kinder spielen sich warm. Wer eine Bläserklasse unterrichten will, braucht starke Nerven. Jugendreferentin Lioba Bärthlein weiß das und bewahrt die Ruhe. "Es ist einfach großartig, dass die Kinder so viele Instrumente spielen."

Bärthlein bereitet die Schüler auf ihren ersten Konzertbesuch vor. Morgen werden sie sich in Köln den Feuervogel nach Igor Strawinsky ansehen. Die Geschichte vom Prinzen der die Prinzessin aus den Fängen des bösen Herrschers befreit, haben die Schüler schon im Unterricht besprochen - und mit Wasserfarbe ein Porträt des Vogels angefertigt.

Heute aber sollen sie ihr eigenes Stück komponieren. Die Posaunen mimen den bösen Herrscher, die Klarinetten den Feuervogel. "Und die Querflöten die Prinzessinnen", sagt Bärthlein "Oh nein", ruft der elfjährige Fabian und blickt verzweifelt auf das silberne Metall in seiner Hand. "Keine Prinzessin."

Die Verzweiflung hält nicht lange. Nur wenig später sitzt Fabian mit Sarah und Joana am Tisch und diskutiert, welche Tonhöhe, Lautstärke und welches Tempo zu dem Auftritt der Prinzessinnen passen könnte. "Wir fangen leise an, werden dann lauter und dann wieder ganz leise." Schließlich sind Prinzessinnen schön und gutmütig, darauf hatte die Klasse sich vorher geeinigt. Kritik kam nur aus den hinteren Reihen: "Prinzessinnen sind eingebildet und schlafen den ganzen Tag."

Mit dem Besuch an den Schulen will die Kölner Philharmonie beim Nachwuchs für die klassische Musik werben. Je früher, desto besser. Die Einführung mache durchaus Sinn, sagt Bärthlein. "Die Schüler besuchen ein Konzert für Erwachsene, kein spezielles Kinderkonzert." Fünf Euro kostet die Karte pro Kind. Die Schüler werden neben Konzertbesuchern sitzen, die 50Euro für ihre Eintrittskarten hingeblättert haben. 29gutgelaunte Fünftklässler gemeinsam in einem Konzertsaal - Sorge bereite ihr das nicht: "Die Kinder werden zuhören." Zumal sie zum ersten Mal ihr Instrument in Aktion sähen.

Von einer Initialzündung spricht Musik- und Klassenlehrer Martin Erdmann. "Ziel ist, dass die Kinder bei ihrem Instrument bleiben, auch wenn die Bläserklasse ausläuft." Es sei erstaunlich, mit wie viel Leidenschaft die Schüler bei der Sache wären. "Damit hatte ich anfangs gar nicht gerechnet."

Die Schüler kritzeln derweil Noten auf Zettel, 20Minuten Zeit haben sie, die Figuren zu vertonen. Die erste Gruppe greift zu den Instrumenten und der böse Herrscher schwebt dunkel dumpf im Raum. "Gut gemacht", sagt Bärthlein. Der feuervogel hat seinen Auftritt, die Klarinetten zwitschern und trillern. "Gut gemacht", sagt Bärthlein wieder und lacht. Dem Konzertbesuch steht jetzt auf jeden Fall nichts mehr im Wege.