"Sexting" Wenn das eigene Nacktfoto plötzlich im Internet kursiert

Sabine Henke klärt an Schulen über das weit verbreitete Phänomen „Sexting“ auf. Besonders Mädchen seien hier schnell das Opfer.

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Rhein.-Berg. Kreis. Wer als Elternteil darüber nachdenkt, mit welcher — nett formuliert — Unbefangenheit viele junge Menschen Nacktaufnahmen oder von entblößten Körperteilen ihren Partnern oder Freunden via Smartphone weiterleiten, neigt wahrscheinlich schnell zur Standpauke. Sprüche aber der Kategorie „Wie kannst Du so blöd sein!“, sind vollkommen unangebracht, wenn die Nacktbilder der Tochter plötzlich im Internet auftauchen.

Zum Tag des Kriminalitätsopfers klärten am MIttwoch Kriminalhauptkommissarin Gunhild Hebborn und Frau Sabine Henke vom Fachdienst Prävention des Diakonischen Werkes im Kirchenkreis Lennep zum Thema „Sexting“ auf. Dabei werden Texte zusammen mit einem erotischen Bild vom eigenen Körper einvernehmlich beispielsweise an einen Freund per Messenger versendet. Oft bleiben sie aber nicht dort — sondern werden, oft wenn die Partnerschaft im Streit auseinandergeht, im Internet herumgereicht. „Es ist wichtig, den Kindern im Vorfeld zu erklären, was in die Öffentlichkeit gehört und was nicht“, erläutert Sabine Henke, die an Schulen in Burscheid, Leichlingen und Wermelskirchen Präventionsarbeit leistet. Dabei sollten Eltern allerdings nicht mit dem erhobenen Zeigefinger arbeiten. „Die Jugendkultur hat sich verändert.“

Und sei das Kind in den Brunnen gefallen, hätten insbesondere junge Frauen besonders unter den Schmähungen und Anfeindungen ihrer Freunde und Klassenkameraden zu leiden. „Wenn das ein Mädchen ist, ist das eine Schlampe“, gibt Sabine Henke die Haltung der Gesellschaft wieder. „Bei einem Jungen ist die Verwerflichkeit nicht so groß“, ergänzt Gunhild Hebborn. Ein nackter Oberköper gelte als cool, ein abgebildeter Penis als männlich.

Dennoch zeigt eine aktuelle Studie jetzt auf, dass 13 Prozent von 1200 befragten Kindern und Jugendlichen bereits peinliche oder beleidigende Fotos von sich im Netz ertragen mussten. Zu fast gleichen Teilen waren die Betroffenen Mädchen und Jungen.

In der täglichen Arbeit der Ermittler der Kreispolizeibehörde ist dieses Phänomen allerdings noch nicht angekommen — aus Scham oder falsch verstandener Rechtsauffassung. „Das ist ein gesellschaftliches Problem, kein polizeiliches“, sagt Gunhild Hebborn. Doch sie ergänzt: „Die Anzeige ist ein gutes Mittel, zu zeigen, dass hier gegen geltendes Recht verstoßen worden ist. Lehrer und Eltern könnten zudem damit eine Null-Toleranz-Haltung signalisieren, statt nach der Demütigung der Tochter noch zu schimpfen. „Dann wird das Kind zum zweiten Mal Opfer, obwohl Vertrauen missbraucht und es verraten worden ist.“