Wettbewerb: Mode als Raum der Ruhe
Der junge Designstudent Michael Court gewinnt mit seiner Kollektion den European Fashion Award.
Burscheid. Wohin der Lebensweg von Michael Court führt, ist noch offen. Der junge Student der Hochschule für Künste in Bremen wird die Freiheiten seines Studiengangs "Integriertes Design" nutzen, um sich vielfach auszuprobieren. Aber wenn eines Tages die Geschichte eines aufstrebenden Modeschöpfers geschrieben werden sollte, wird sie ohne dieses erste aufsehenerregende Kapitel nicht auskommen.
24 Jahre ist Michael Court inzwischen alt. Vor drei Jahren hat er das Elternhaus in Hilgen für das Studium verlassen und im vergangenen Semester erstmals an einem Modewettbewerb teilgenommen. "Eigentlich habe ich nur mitgemacht, um mitzubekommen, wie das funktioniert", sagt er. Im November erhielt er den Anruf, dass er einer der Preisträger sei. Seit Sonntag weiß er: Es ist der 1. Preis.
Im Rahmen der internationalen Sportartikelmesse in München nahm Court den diesjährigen European Fashion Award der Stiftung der Deutschen Bekleidungsindustrie (SDBI) entgegen. 63Nachwuchskräfte aus neun Ländern hatten sich erst dem Thema "Privacy" und dann der Jury gestellt. Courts Kollektion "Die Kraft der Stille" überzeugte restlos.
Geradezu hymnisch fällt die Würdigung durch Ivonne Fehn aus, Jurymitglied und Moderedakteurin des Magazins der Süddeutschen Zeitung. Wer Courts fließende Kleider anziehe, verstehe das Thema unmittelbar. "Die riesigen Volumen sind so fein gearbeitet, das man sofort einen Raum der Ruhe um sich spürt." Die Qualität sei absolut herausragend. "Michael Court schafft, was heute selten ist: ernsthafte Mode, die selbstverständlich ist. Ein größeres Lob können wir nicht aussprechen."
Vom Spannungsfeld zwischen öffentlichem und privatem Leben, der Allgegenwart der Digitalisierung und der Sehnsucht nach Rückzug sollten die Wettbewerbsbeiträge erzählen. Court hat dafür eine Kollektion entworfen und geschneidert, "die sowohl für Männer als für Frauen gedacht ist und in der man alles mit allem kombinieren kann". Die Geschlechterunterscheidung müsse für ihn in der Mode "nicht klar definiert sein", sagt er. Zwar unterliege Kleidung anatomisch bedingten Gestaltungszwängen. Aber durch Volumen und Vielfalt versucht der Jungdesigner diesen Zwängen die Freiheit entgegenzusetzen, "mich mit mir selbst beschäftigen zu können".
4000 Euro Preisgeld und einen Stoffgutschein des Schweizer Textilverbandes im Wert von weiteren 2000 Euro hat ihm dieser Erneuerungswille jetzt beschert. Für Court nur Teil seiner "Formung", wie er die Zeit an der Hochschule für Künste beschreibt. Einer kreativen Formung, die für ihn schon im Kunst-Leistungskurs und in der Ballett-Company am Freiherr-vom-Stein-Gymnasium in Schlebusch begonnen hat.
Und die noch lange nicht beendet ist. "Im Mittelpunkt des Studiengangs steht der Mensch mit seinen Bedürfnissen an die gestaltete Umwelt", heißt es auf der Internetseite der Hochschule. Michael Court hat noch ein weites Experimentierfeld vor sich.