Bucherscheinung Das Leben des Antiken-Kenners
Elberfeld. · Schulen in Deutschland und Griechenland sind nach Wilhelm Dörpfeld benannt. Jetzt ist ein neues Sammelwerk über ihn erschienen.
Barmen war seine erste Heimat, die Insel Lefkada seine letzte – und Wilhelm Dörpfeld (1853-1940) pendelte bis ins hohe Alter zwischen Deutschland und Griechenland. Dass hier wie dort Schulen und Straßen nach ihm benannt sind, liegt an Dörpfelds vielen Talenten.
Der Archäologe und Bauforscher nahm – angefangen bei Schliemanns Suche nach Troja – an den bedeutenden Ausgrabungen seiner Zeit teil. Beim Deutschen Archäologischen Institut in Athen entfaltete er sich als Vortragsredner und Publizist.
Die vielen Reisen des Antike-Kenners haben aber auch dafür gesorgt, dass sich sein Nachlass auf Archive von Wuppertal bis Kairo verteilt. Er sei eine Fundgrube, die Forscherherzen höher schlagen lasse, meint Mira Weidhaas-Berghöfer von der Bergischen Universität. 2018 organisierte die Historikerin im Rahmen des Graduiertenkollegs „Dokument – Text – Edition“ einen internationalen Workshop rund um Dörpfeld.
Unterstützung des Bergischen
Geschichtsvereins
Aus den Vorträgen der Tagung entstand ein Sammelband, den Weidhaas-Berghöfer mit ihrem Doktorvater Prof. Armin Eich herausgegeben hat – unter anderem mit Unterstützung des Bergischen Geschichtsvereins (BGV). Den Kontakt zwischen Herausgebern und Verein stellte Prof. Jochen Johrendt her, der in Wuppertal Mittelalterliche Geschichte lehrt und seit 2017 dem BGV vorsteht.
Auf gut 200 Seiten beschreiben die Beiträge wichtige Stationen einer rastlos-aktiven Karriere. Zahlreiche Abbildungen, vor allem von Bauwerken und Grabungsorten, veranschaulichen das Wirken des Forschers. Aus dem Nachlass der Familie Dörpfeld kann Klaus Goebel schöpfen. Er spricht nicht nur von den engen Bindungen ans Bergische Land, sondern auch von der Faszination des Schülers für Homers Epen und sieht darin die künftige Berufswahl vorgezeichnet. Ein weiteres Thema sind die Ehrungen, die Dörpfeld gegen Lebensende in seiner Heimatstadt erfuhr. So ist er bis heute als Namensgeber des altsprachlichen Gymnasiums am Johannisberg präsent.
Dass das Multitalent Dörpfeld „der schönste Fund“ des Forschers Schliemann gewesen sei – davon waren schon die Zeitgenossen überzeugt. Die Kanadierin Stefanie Kennell arbeitet heraus, wie viel die beiden Archäologie-Pioniere voneinander gelernt hätten. Mit den Kontroversen, die Dörpfeld entfachte, beschäftigen sich gleich mehrere Autoren. Herausgeberin Weidhaas-Berghöfer stellt seine umstrittenen Bemühungen dar, Homers „Odyssee“ als historische Wahrheit zu interpretieren.
Das politische Engagement des Wissenschaftlers kommt nicht zu kurz. Thorsten Beigel nimmt die Beziehungen zum abgedankten Kaiser Wilhelm II. in den Blick. Seine Rolle in der Zeit des Nationalsozialismus untersucht Alexandra Kankeleit. Briefe und Tagebücher zeigen, wie enthusiastisch Dörpfeld das NS-Regime und den Kriegsbeginn begrüßte. Sichtbares Zeichen dafür sind die Hakenkreuzfahnen, die auf seinem griechischen Anwesen wehten. Dass er gleichzeitig freundschaftliche Kontakte zu jüdischen Kollegen pflegte, schien für ihn kein Widerspruch zu sein.
Der Sammelband „Eine Odyssee – Studien zum Leben und Werk Wilhelm Dörpfelds“ ist beim jungen Wuppertaler Verlag Polyphem für 19,99 Euro zu haben; ISBN 978-3-96954-001-5.