Einzelhandel in Willich Die Willicher sind treue „Heimatshopper“
<irwordspace style="word-spacing 00625em;"><irglyphscale style="font-stretch 102%;">Willich</irglyphscale></irwordspace> · „Showrooming“ oder „Beratungsklau“ ist für viele Einzelhändler ein Problem. Nicht so für viele inhabergeführte Geschäfte in Willich. Hier halten Stammkunden ihren Lieblingsläden die Treue.
Ob Pullover, Laptops oder Schuhe, bei vielen Produkten ist es ratsam, sie auszuprobieren, bevor man sie kauft. Das gilt besonders, wenn im Internet geshoppt wird. Gerade Haushaltsgeräte wie Waschmaschinen oder besondere Kleidungsstücke wie Dessous kaufen viele Kunden außerdem lieber nach einer ausgiebigen Beratung, die es online nicht gibt. Aus Kundensicht ist der Gang zum Laden ohne Absicht etwas vor Ort zu kaufen vielleicht bequem, der Handel spricht hier von „Beratungsklau“ oder „Showrooming“.
„Sich zuerst im Geschäft beraten zu lassen, um dann im Internet zu bestellen, ist leider legitim“, sagt Carina Peretzke vom Handelsverband NRW-Rheinland. Für Einzelhändler sei diese Praxis nicht leicht zu unterbinden. Schließlich sehe man Menschen nicht an, ob sie einfach nicht fündig geworden sind oder ob sie vorhaben, ein Produkt im Nachhinein bei der Konkurrenz zu bestellen.
Kerstin Goertz, Inhaberin von „Tendenza – Mode für die starke Frau von heute“, kann diesen Trend bei sich im Laden nicht beobachten. „Es ist eher umgekehrt“, sagt sie. „Dass Kundinnen sich online informieren und dann bei uns kaufen.“ Denn ihr Laden für große Größen sei eine „letzte Bastion“, es gebe immer weniger inhabergeführte Geschäfte dieser Art. Viele Kundinnen nehmen Wege von 80 Kilometer auf sich, um zu ihr zu kommen. Das vergangene Jahr sei sogar das umsatzstärkste Jahr in der 23-jährigen Geschichte von Tendenza gewesen. Dafür wird aber auch einiges getan: Man gehe auf Wünsche ein, bestelle zusätzliche Ware. „Es ist außerdem wichtig, dass man sich online präsentiert“, findet Goertz, die für die sozialen Medien und ihre Webseite extra Modeschauen dreht. In einer Whatsapp-Gruppe werden außerdem jede Woche Neuheiten präsentiert. Auf ihre Kundinnen kann Goertz sich verlassen, während der Corona-Pandemie haben diese ihr geholfen, wo sie konnten, wie sie erzählt. „Ich habe Masken genäht und Gutscheine gekauft. Unsere Kundinnen wollen nicht, dass wir wegkommen.“
Der Werbering möchte den Handel vor Ort stärken
Das kann auch Birgit Krahl vom Dessousgeschäft Contessa bestätigen. „Unsere Kundinnen schätzen unsere Beratung“, sagt sie. „Wir haben eine tolle Stammkundschaft, die will, dass wir bleiben.“ Krahl beobachte jedenfalls nicht, dass jemand Fotos machen würde, um dann online zu bestellen.
Thomas Brock führt „Dies und Das – Garten- und Landschaftsbau, Deko und Ambiente“ und engagiert sich im Willicher Werbering, der den Handel vor Ort stärken will. Für ihn liegen die Vorteile des stationären Einzelhandels auf der Hand. „Meistens sind die Preise im Laden und im Internet sowieso gleich“, sagt er. „Beim Onlinekauf kommt dann aber noch die Portogebühr obendrauf.“ Willich habe sehr bewusst kaufende Kunden, richtige „Heimatshopper“.
„In unsere Stadt kommen Menschen aus Krefeld, Mönchengladbach und sogar Düsseldorf, weil es hier so süß und schön ist und man alles bekommt, was man braucht“, erzählt Brock. In seinem eigenen Laden sieht er häufig wiederkehrende Gesichter. „Die kommen jede Woche und haben ihre eigene Tüte dabei.“
Laut einer Umfrage des Beratungsunternehmens SMP haben sich vier von fünf Internetnutzern vor dem Onlinekauf schon mal im Laden beraten lassen. Besonders betroffen seien aber nicht inhabergeführte Geschäfte, sondern Elektronikhändler wie Saturn und Mediamarkt. Während bei der persönlichen Beratung auf individuelle Wünsche und Bedürfnisse eingegangen werden kann, hilft ein Blick ins Internet, sich einen ersten Überblick zu verschaffen oder Bewertungen zu vergleichen.
„Man muss eben viel tun“, sagt Kerstin Goertz von Tendenza. „Es reicht nicht, so wie früher einfach die Tür aufzumachen.“ Als während des Lockdowns die Coronahilfen ausblieben, habe Goertz „erst einmal eine Woche geheult. Aber dann habe ich mir gesagt, so, ich mache jetzt Modeschauen im Netz.“
Das technische Know-How, das es dazu braucht, hat sie sich selbst draufgeschafft. Wenn man mit der Zeit geht, hat das Internet eben auch seine Vorteile.