Sicherheit 4.0 Drohnen und Drohnenabwehr in NRW: So geht Sicherheit der Zukunft

Düsseldorf · Feuerwehr und Polizei sollen bald Drohnen in den Einsatz bringen, um etwa Einsatzorte schnell zu überblicken. Technik gibt es aber auch für deren Abwehr. Das Land kooperiert jetzt mit dem Luft- und Raumfahrtzentrum.

Sascha Berndsen hält einen schultergestützten Störsender zur Abwehr von Drohnen. Bei der Abwehrtechnik ist NRW schon Vorreiter, sagt er.

Foto: dpa/Federico Gambarini

 Auf dem Bildschirm ist das Düsseldorfer Landeskriminalamt von oben zu sehen – und der rege Fußverkehr zwischen Hauptgebäude und Kantine. Die Bilder liefert eine Drohne der NRW-Polizei, die auf einer Wiese am LKA in die Luft gegangen ist. Sie ist eines der Anschauungsobjekte, die an diesem Montagmittag verdeutlichen sollen, wohin die Sicherheit im Lande steuert. Nach vorne und zwar möglichst weit vorne. Dazu unterzeichnen bei diesem Termin Innenminister Herbert Reul (CDU) und Dennis Göge, Koordinator der Sicherheitsforschung beim Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) mit Sitz in Köln, einen Kooperationsvertrag. Den ersten zwischen dem Institut und einer deutschen Länderpolizei. „Es ist ein kleiner Schritt für einen Innenminister, aber ein großer Sprung für Nordrhein-Westfalen“, witzelt Reul.

Aber für ihn steckt ein ernsthaftes Anliegen dahinter. Denn in seinem Amt als oberster Dienstherr der Polizei hat er über den technologischen Fortschritt eines lernen müssen: „Leider sind Verbrecher oft viel schneller als wir.“ Er wolle die NRW-Polizei nicht nur auf Augenhöhe bringen, sondern sogar zum Vorreiter machen. Die Kooperation mit dem DLR habe „ein glasklares Ziel: Es geht darum, die Zukunft sicherer zu machen“.

Feuerwehr-Drohne fliegt autonom mit 120 km/h zum Brandort

Um zu zeigen, wie das gehen könnte, haben Polizei und DLR den Leiter der Duisburger Feuerwehr Oliver Tittmann mitgebracht. Und er wiederum etwas, das wie ein überdimensioniertes Modellflugzeug aussieht. Denn die Brandschützer arbeiten bereits mit den Forschern zusammen – als erste Feuerwehr in Deutschland – und wollen Ende kommenden Jahres diese weiß-rote Drohne zur ersten Aufklärung in Einsätze schicken. Das Fluggerät kann überall starten und landen, fliegt autonom und mit bis zu 120 Stundenkilometern. Die Drohne soll mit einer Hochleistungskamera etwa komplexe Einsatzorte filmen und den anrückenden Feuerwehrleuten dann als Karten live zur Verfügung stellen. Auch bei Autobahnunfällen oder Vermisstensuchen im Rhein könnte sie zum Einsatz kommen. Bei den Möglichkeiten, so Tittmann, „ist Ende offen“. Und: Die Drohne könne die heiß begehrten Hubschrauber entlasten – günstiger seien ihre Flugstunden ohnehin.

Es braucht nicht viel Fantasie, um sich auszumalen, dass solche Aufklärungsdrohnen auch für andere Feuerwehren sowie die Polizei interessant werden könnten – wenn die rechtlichen Voraussetzungen für die autonomen Fluggeräte denn geschaffen sind, was noch aussteht. „Wir möchten, dass unsere Technologien auch in den Einsatz kommen“, erklärt DLR-Mann Göge. Aber: Das Zentrum produziert nicht selbst Drohnen für den Massenmarkt, dazu bräuchte es nach der Erprobung schon ausreichend Nachfrage bei den Behörden.

Eine Drohne der Polizei – ein Air-Robot – fliegt vor dem LKA in die Höhe und filmt mit einer Wärmebildkamera.

Foto: dpa/Federico Gambarini

Störfunk-Kanone neutralisiert angreifende Drohnen

Drohnen wie den kleinen Air-Robot, der am Montag vor dem LKA aufsteigt, hat die NRW-Polizei inzwischen einige, darf sie allerdings nur bei der Strafverfolgung einsetzen – etwa zur Spurensicherung. Viel wichtiger aber: Sie hat beim Landesamt für Zentrale Polizeiliche Dienste (LZPD) sogar eine eigene Einheit für die Drohnenabwehr. Gegründet laut Sascha Berndsen als Reaktion auf einen Vorfall bei einer Wahlkampfveranstaltung 2013, als eine Drohne knapp neben Bundeskanzlerin Angela Merkel abstürzte. Bei der Abwehr, so Berndsen, sei NRW bereits Vorreiter.

Herbert Reul (l.) und Dennis Göge vom DLR unterzeichnen einen Kooperationsvertrag. Hinten: Die neue Drohne der Feuerwehr Duisburg.

Foto: dpa/Federico Gambarini

Auch er hat Anschauungsmaterial mitgebracht. Einen 15 Kilo schweren Störsender etwa, der ein bisschen einer Panzerfaust ähnelt und gezielt Drohnen so stören kann, dass sie in den Sicherheitsmodus verfallen und zum Besitzer zurückgondeln. Auch einen Kasten mit zwei schwarzen Masten, der einen Schutzschirm über eine gesamte Verantstaltung breiten und den Einflug von Drohnen verhindern kann. Diese Abwehrtechnik sei in diesem Jahr etwa bei der Unterzeichnung des Aachener Vertrags mit Merkel und dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron sowie beim evangelischen Kirchentag in Dortmund zum Einsatz gekommen.

Beim möglichen Dienst von Drohnen sowie bei deren Abwehr erhofft sich Innenminister Reul raschen Input von den DLR-Forschern. Dies seien aber nur erste Schritte, betont er. Günstig stehen die Zeichen, weil das DLR soeben ein neues Institut für den Schutz terrestrischer Infrastrukturen in St. Augustin aufbaut. Die bis zu 65 Mitarbeiter sollen Angriffspunkte bei kritischen Infrastrukturen etwa im Energiesektor oder bei der Gesundheitsversorgung aufdecken und beseitigen. „Wir wollen vor die Lage kommen“, erklärt Martin Hellmann vom neuen Institut. Heißt: Gefahren abwehren, die es heute noch gar nicht gibt.