Literatur in Düsseldorf Ein Bücherschrank mit göttlichem Segen

Düsseldorf · Auf dem Rather Kirchplatz wurde die 30. Tauschstation in der Stadt eröffnet. Die Gäste der kleinen Zeremonie ließen auch gleich den ersten Lesestoff da.

Lukas Mielczarek, Georg Lingnau und Maren Jungclaus(v. l.)am Bücherschrank in Rath.

Foto: Julia Hallmann

(hal) Nur wenige Minuten nach seiner Inbetriebnahme war der neue Bücherschrank schon gut und mit abwechslungsreicher Literatur bestückt. Krimis, Kinder-, Bilder- und Sachbücher teilten sich die Glasregale. Mitgebracht hatten diese Werke die Gäste der Eröffnung der kleinen Tauschstation, die von Livemusik und vielen guten Wünschen begleitet wurde.

Initiiert hatten den Schrank die Grünen in der Bezirksvertretung (BV) 6. Die Realisierung hatte dann aber gut zwei Jahre gedauert und war nur möglich, weil die BV die Kosten in Höhe von rund 9000 Euro übernahm. „Das ist der erste Bücherschrank im Stadtbezirk 6, aber ich bin überzeugt, dass er nicht der letzte ist“, sagte Bezirksbürgermeisterin Birgit Schentek (CDU).

Aufgestellt wurde er auf kirchlichem Boden unmittelbar vor der Kirche St. Josef am Rather Kirchplatz und mit Genehmigung des Kirchenvorstands. „Es ist toll, dass der 30. Bücherschrank der Stadt quasi Gottes Segen hat. Das ist ein gutes Omen“, sagt Maren Jungclaus vom Literaturbüro NRW. Dieses fördert die Schränke in Düsseldorf. Das Büro übernimmt etwa eine Versicherung für durch den Schrank verursachte Unfälle. „In diesem Jahr werden noch weitere Schränke folgen, zum Beispiel in Eller und Hellerhof“, sagt Jungclaus.

Umgesetzt wird ein Bücherschrank immer erst, wenn es dafür Paten gibt. Diese pflegen den Schrank, sortieren verschissene und verschmutzte Bücher aus oder Werke, die nach Wochen immer noch keinen neuen Besitzer gefunden haben. Da in Rath einer der Paten abgesprungen ist, hat Lukas Mielczarek (Grüne) spontan dieses Amt übernommen. Er geht aber davon aus, dass sich rasch weitere Ehrenamtliche finden lassen.

Mielczarek, aber auch Pastoral­referent Georg Lingnau folgten einer Tradition anlässlich der Eröffnung eines Bücherschranks. Denn dann wird immer aus einem Buch die Seite vorgelesen, die der Nummer des Bücherschrankes entspricht – in diesem Fall also die Seite 30. Miel­czarek vergnügte die Teilnehmer mit einem Auszug aus Dürrenmatts „Die Physiker“, während Lingnau aus der Bibel las und erklärte, wie vielfältig die Heilige Schrift sei.

Hergestellt wurde der mit goldenen Messingplatten verzierte Schrank vom Architekten Hans-Jürgen Greve. Dieser hat eine Düsseldorf-Edition entworfen, sodass alle 30 Schränke in der Landeshauptstadt einheitlich sind. Insgesamt hat Greve aber schon 1180 dieser Anlagen hergestellt, auch in der Schweiz und in Österreich.

Sie funktionieren alle nach dem gleichen Prinzip: Nicht mehr benötigte Literatur kann dort abgelegt und von anderen Bürgern mitgenommen werden. Zudem sind die Schränke Treffpunkte von Literaturliebhabern, die dort miteinander ins Gespräch kommen.

(hal sug)