Düsseldorf Festival veröffentlicht sein Programm Spektakel auf 11.000 Saiten
Düsseldorf · Die Veranstalter des Düsseldorf-Festivals setzen auf Vielfalt. Einer der Höhepunkte in diesem Jahr ist ein musikalisches Mammutprojekt mit 50 Klavieren.
Wie ein Raumschiff, das in Zeitlupe in den Weltraum aufbricht: So soll sich das monumentale Werk „11 000 Saiten“ anhören, das der österreichische Komponist Georg Friedrich Haas geschrieben hat. Wer bei so einem Titel 2750 Geigen oder etwa 1833 Gitarren im Orchester vermutet, täuscht sich. Haas hat „11 000 Saiten“ für das weltberühmte Neue-Musik-Ensemble Klangforum Wien komponiert – und für eine gigantische Konzertinstallation mit 50 im Hundertsteltonabstand gestimmten Klavieren.
„Das Projekt ist wahnsinnig ernsthaft“
Als großes Sonderprojekt holt das Düsseldorf-Festival „11 000 Saiten“ im September erstmals nach Deutschland. „Als ich davon gehört habe, hätte ich nicht gedacht, dass es funktionieren würde“, gesteht Christiane Oxenfort, die gemeinsam mit Andreas Dahmen das Festival leitet. Doch mittlerweile ist sie nicht nur überzeugt, sondern Feuer und Flamme: „Das Projekt ist zum einen spektakulär, zum anderen wahnsinnig ernsthaft. Und es kann das Publikum in Welten entführen, die es bisher nicht kannte.“
Die Idee für das Werk entstand in China: Peter Paul Kainrath, Intendant des Klangforum Wien, besuchte dort vor einigen Jahren eine Klavierfabrik der Firma Hailun. „Das Credo des Unternehmens ist, dass kein Klavier das Gebäude verlassen darf, bevor es nicht 24 Stunden gespielt worden ist“, sagt er. Diese Aufgabe übernehmen Maschinen, die nicht etwa Bach oder Mozart spielen, sondern ein wildes Durcheinander. Sinn und Zweck sei es schließlich nur, die mechanische Solidität der Klaviere zu testen. Inspiriert von der Kakofonie Hunderter gleichzeitig gespielter Tasteninstrumente bat Kainrath Haas, dessen Spezialgebiet die Mikrotonalität ist, ein Stück darüber zu schreiben. „Wenn du mir wirklich 50 Klaviere zur Verfügung stellst, mache ich das“, so die Antwort des Komponisten.
„11 000 Saiten“ wurde bereits in Italien und Österreich aufgeführt; Warschau, Prag und Peking sollen bald folgen. „Es ist im Begriff, eines der erfolgreichsten Projekte des Klangforums zu werden“, erzählt Kainrath. „Die deutsche Erstaufführung eines Stücks, das so um die Welt zieht, zu spielen, ist unglaublich“, sagt Oxenfort. Für die beiden Konzerte am 15. September in der Halle 7a der Messe Düsseldorf ist ein Pianisten-Casting an der Robert-Schumann-Hochschule geplant.
Das Projekt sei einer von vielen Höhepunkten beim Düsseldorf-Festival, so Andreas Dahmen. Vom 11. bis zum 30. September erwarte das Publikum bei der 34. Ausgabe des Festivals eine große Bandbreite von Musikgenres und Performances: Den Auftakt im Theaterzelt am Burgplatz am 11. und 12. September macht in diesem Jahr die Eva Duda Dance Company aus Budapest mit einem Stück zur Malerin und feministischen Ikone Frida Kahlo. Am 13. und 14. September folgt das Kollektiv People Watching aus Montreal, das Akrobatik mit Elementen des physischen Theaters verschmilzt.
Marokkanische Sängerin mischt Tradition mit Elektroklängen
Die marokkanische Sängerin Oum gastiert am 15. September im Theaterzelt. Ihr Gesang mischt traditionell Arabisches und Musik der Westsahara mit Soul, Jazz und elektronischen Klängen. Der israelische Choreograf Hofesh Shechter präsentiert seine Nachwuchskompanie am 17. und 18. September mit der Show „From England with Love“. Die Ode an das Brexit-Land beleuchtet auch dessen dunkle Seiten und spürt zugleich seiner Verbundenheit mit tief verwurzelten Traditionen nach.
An den darauffolgenden Tagen zu erleben sind die Akrobatengruppe Gravity And Other Myths mit einer Kombination aus Akrobatik, Tanz, Musik, Licht und visueller Kunst; die Jazzmusiker vom afrobritischen Ensemble Seed; die Kompanie der Choreografin Maguy Marin mit dem Klassiker „May B“ von 1981; Cembalistin Elina Albach und ihr Ensemble Continuum, die ihre Interpretation von Bachs „Markus-Passion“ zeigen, sowie das Ensemble Urbanatix mit einer multimedialen Performance mit Biking, Tanz, Parkour und Livemusik.
Den musikalischen Abschluss des Festivals am 30. September spielen in diesem Jahr Nubiyan Twist. Ebenfalls beheimatet in der Londoner Jazzszene, fusioniert die Band Big-Band-Sound mit Jazz, Dub, Soul und Reggae. „Wer schon mal beim Düsseldorf-Festival war, weiß, dass unser Theaterzelt manchmal zum Club wird“, sagt Christiane Oxenfort: „Traditionell gestalten wir unser letztes Konzert immer so, dass die Zuschauer mit dem Gefühl gehen, dass sie im nächsten Jahr unbedingt wiederkommen müssen.“