Abenteuer mit dem „Wilden Widder“

Hunderte Kinder und Erwachsene tummelten sich auf der Groschenkirmes in Eller.

Foto: Melanie Zanin

Der Groschen ist längst dem Cent gewichen, aber die Groschenkirmes auf dem Abenteuerspielplatz Eller gibt es noch immer. Mit wachsendem Zulauf. Thomas Strempel, Chef über Buden, Ziegen, Schafe, Hühner und einen Gemüsegarten, hatte sie vor 39 Jahren ins Leben gerufen.

Er war damals fünf Jahre im Jugendamt tätig und machte aus dem Reststück an der vierspurigen Heidelberger Straße ein grünes Paradies. Seitdem erfindet er Spiele unter freiem Himmel als Alternativen zum digitalen Zeitvertreib des Nachwuchses. Mehr als tausend Besucher machten am Samstagnachmittag mit.

Die Spielzeugindustrie mag diesem obersten Abenteurer von Eller staunend über die Schulter schauen, denn er braucht nicht viel Geld, um die kindliche Kreativität zu wecken. Seine „Tour de France“ verschlingt keine Millionen, denn es handelt sich um eine Holzplatte mit Löchern und einem eingefrästen „Parcours von der Bretagne nach Paris“ im Miniformat.

Ein „Schweizer Käse“ ist ausnahmsweise eine durchlöcherte Hartfaserplatte, die am Holzbalken lehnt und zwei Nägel hat. Der siebenjährige Hannes fasst mit seinen kleinen Händen zwei Bänder, die sich gegenseitig so hochziehen, dass sie eine Kugel mit sich führen. Der Junge ist Feuer und Flamme. Er hantiert geschickt und balanciert die Kugel zielstrebig ins Käseloch.

Auf dem 10 000 Quadratmeter großen Gelände hatte der „Wilde Widder“ Premiere. An dieser Holzkonstruktion haben Kinder und Erwachsene drei Monate lang gebaut. Es ist ein Meisterwerk geworden. Stolz blickt Thomas Strempel, der sich im Laufe der Jahrzehnte so manche Fertigkeit selbst beigebracht hat, auf die drei Meter hohe Rollenbahn, die auf 130 Metern Länge vor- und zurückfährt. Ein großes Vergnügen für einen kleinen „Groschen“.

Diese Kirmes ist der Hit in den Herbstferien. Eltern auch aus umliegenden Stadtteilen und Städten wissen das. Lehrer kommen, um Anregungen für ihre eigenen Schulfeste mitzunehmen. „Wir haben nichts dagegen, wenn Erwachsene unsere Spiele nachbauen. Wir verleihen sie jedoch nicht. Unsere Ideen kann man klauen, aber man muss sie selbst verwirklichen“, sagt Strempel.

Eine Lehrerin aus Duisburg interessiert sich für den „Tanz auf dem Vulkan“. Das ist nichts anderes als ein Staubsauger, der nicht saugt, sondern bläst. Als Minikulisse haben die Kinder einen Vulkan aus Pappe hergestellt und vor die Düse gesetzt. Nun tänzelt ein Pingpongball vor der Luft. Wer ihn trifft, hat gewonnen. Man kann aber auch den Staubsauger so benutzen, dass er hinter einem schwarzen Loch steckt und einen Pingpongball ansaugt. Wer das Bällchen richtig platziert, hat gewonnen. Die Lehrerin ist begeistert. Ein ausrangiertes Rad als Glücksrad, ein Nagelbalken mit ein paar Nägeln, eine ausgefräste Serpentine, alles ist möglich zum Spielen. Strempel sähe es am liebsten, wenn die ganze Familie spielt und bastelt. Vielleicht landet dabei sogar ein Steinzeitauto aus einer Kabeltrommel im Gras oder eine Frisbee-Scheibe im Maul eines Monsters. Regungslos steht ein Vater bei seinem Sohn, der an einen Wasserschlauch eine Wasserspritze geschraubt hat und nun mit einem gezielten Strahl in einen Eimer zielt. Senkt sich der Eimer schneller als der seines Spielgefährten, hat er gewonnen. Der Vater will „auf alle Fälle“ im nächsten Herbst wiederkommen.