Angespannter Wohnungsmarkt Alleine zur Miete in einer Wohnung wohnen in Düsseldorf – ist das jetzt Luxus?

Düsseldorf · Wer eine kleine Einzimmerwohnung in guter Lage haben will, muss dafür etwa 650 Euro zahlen – oder mehr. Der Kampf auf den Wohnungs-Portalen ist ein harter. Ein Erfahrungsbericht.

Bei der Suche nach einer Single-Wohnung in Düsseldorf kann es am Ende teuer werden.

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Stellen wir uns vor, wir suchen eine Wohnung für uns alleine und unternehmen einen Streifzug durch das Wohnungsfindungs-Portal Immobilienscout. Da zeigt sich schnell: Wer nicht bereit ist, Immoscout-Premium-Mitglied zu werden, hat keine Chance. Denn manche Wohnungsanbieter lassen nur Anfragen von Premium-Mitgliedern zu. Und auch nur die bekommen die guten Wohnungen als erste angezeigt. Das Ganze kostet etwa 30 Euro für eine zweimonatige Mitgliedschaft.

Bereits die Suche nach einer Wohnung kostet also Geld. Wer alleine wohnen will, darf sich auf dem Weg zum neuen Eigenheim innerlich schon mal auf eine im Verhältnis besonders hohe Miete einstellen. Und: Selbst wer bereit ist, den Preis zu zahlen, muss sich erst gegen eine Flut an Mitbewerbern durchsetzen. Ist das alleinige Belegen einer Wohnung in einer Stadt wie Düsseldorf ein Luxus, den man sich nicht mehr leisten kann? Muss das Wohnen hier neu gedacht werden?

Zu den Zahlen: 54 Prozent der Haushalte in Düsseldorf sind laut Amt für Statistik und Wahlen Ein-Personen-Haushalte (Stand: 31.12.2018), im Juni 2019 waren es 193 462 Ein-Personen-Haushalte – prozentual gesehen sind das mehr als in anderen deutschen Großstädten. Die Universität Freiburg kommt in einer bundesweiten Untersuchung zu dem Ergebnis, dass es immer mehr Single-Wohnungen geben wird – da die Nachfrage nach Wohnraum trotz abnehmender Bevölkerungszahl immer weiter steigt.

Zurück zu Immobilienscout. Die Filter werden auf eine Ein- bis Zweizimmerwohnung gesetzt, mit Balkon, allerdings. Diesen Luxus erlauben wir uns. Und wir begrenzen die Kaltmiete auf 500 Euro. Der Rest ist erst mal egal. 49 Ergebnisse. Da gibt es zum Beispiel eine kleine Wohnung mit einem Wohn- Schlafzimmer und 36 Quadratmetern. Hochparterre mit Blick in den Garten. Das kostet 380 Euro kalt und 435 Euro warm. Allerdings: Die Wohnung liegt in Rath, direkt am Aaper Wald. Das mag für Zurückgezogene schön sein, wir schauen jetzt aber mal in die zentraleren Viertel. Also: Wir filtern unsere Suche auf Bilk, Unterbilk, Oberbilk, Friedrichstadt, Carlstadt, Altstadt, Pempelfort, Flingern, Derendorf und Düsseltal. Und Oberkassel, nur zum Spaß.

Da gibt es dann noch 26 Ergebnisse. Beispiel: Eine Einzimmerwohnung mit 44 Quadratmetern in Friedrichstadt an der Adersstraße. Die Küche ist immerhin in einem separaten Raum, Wohnen und Schlafen wird zusammengefasst. Das kostet 495 Euro kalt, 600 Euro warm. Und dann kommt noch Strom drauf, sodass ein Mieter wahrscheinlich bei 650 Euro Mietkosten im Monat wäre. Das klingt eher nach jungen Berufstätigen als nach Rentnern – und die machen einen großen Teil der Single-Haushalte in Düsseldorf aus.

Nach oben gibt es beim Mietpreis fast keine Grenzen

Erlauben wir uns den Spaß und heben die Begrenzung von 500 Euro kalt auf. Jetzt wird es interessant. 76 Ergebnisse. Sehr schicker Neubau in Friedrichstadt, Erstbezug: Ein 42-Quadratmeter-Appartement mit einem Zimmer kostet 950 Euro kalt, 1055 Euro warm. An wen richtet sich das jetzt? Die Antwort gibt der Inserierende vielleicht selbst: Die gleichen Appartements werden auch auf Englisch angeboten. Die deutschsprachige Anzeige hatte 325 Aufrufe, einen Interessenten, der das Objekt auf seine Merkliste gesetzt hat, und drei Kontaktanfragen. Die englischsprachige Anzeige war deutlich erfolgreicher: Sie hatte 1702 Aufrufe, immerhin vier Interessenten und 10 Kontaktanfragen. Solche hochpreisigen Angebote mit einem Quadratmeterpreis von rekordverdächtigen 24,20 Euro sprechen also internationales Publikum mehr an als das hiesige. Womöglich Mitarbeiter großer, internationaler Firmen, die hier kurzfristig eine Bleibe suchen – und nichts dagegen haben, dass ihr exklusives Heim kaum größer als ein Schuhkarton ist. 40 Quadratmeter in Oberkassel kosten beispielsweise 1075 Euro warm, dafür ist die Wohnung möbliert. Das ist übrigens oft in diesem Preissegment der Fall. Zur Ehrenrettung des Stadtteils Oberkassel sei aber gesagt, dass es hier auch günstigere Einzimmerwohnungen gibt.

Jetzt geht es in die Praxis. Eine hübsche, winzige Wohnung im angesagten Unterbilk, wir werden zur Besichtigung eingeladen. Spontan, noch am gleichen Tag der Kontaktaufnahme, einen Ausweichtermin gibt es nicht. Um 12.50 Uhr dürfen wir kommen, für maximal zehn Minuten. Wir haben die letzten drei Gehaltsabrechnungen, eine Kopie des Personalausweises und eine Schufa-Auskunft dabei, all das wird meistens schon beim Besichtigungstermin verlangt. Hallo, DSGVO. Und am Ende kommt trotzdem die Absage. Da war wohl ein anderer Bewerber einfach noch besser. Oder reicher.

Die Entwicklung der Mietpreise war in den letzten Jahren sehr deutlich: Es ging nach oben, und zwar jedes Jahr. Zuletzt zeichnete sich aber eine mögliche Trendwende ab: Die Mieten steigen nicht mehr ganz so stark wie zuvor. Sie kletterten in mittlerer Lage im Jahresvergleich von 10 auf 10,50 Euro, in guten (12,50) und einfachen Lagen (8,50) blieben die Preise allerdings stabil. Laut Jörg Schnorrenberger, Immobilienmakler und Vorsitzender von RDM-Düsseldorf, sind das „die geringsten Steigerungen seit zehn Jahren“.

Und warum sind kleine Wohnungen im Verhältnis so besonders teuer? Zum einen liegt das an der Nachfrage, zum anderen daran, dass auch die Kleinen über ein Bad, die Anschlüsse in der Küche und dergleichen verfügen – und das ist teurer als einfach zehn Quadratmeter Wohnraum mehr.

Zurück zu den „bezahlbaren“ Single-Wohnungen in Düsseldorf. Da gibt es eine hübsche Wohnung in Pempelfort: 40 Quadratmeter, 477 Euro warm. Die ist 6664 Mal aufgerufen worden und der Anbieter hat bereits 477 Zuschriften bekommen. Auf Antwort warten wir vergeblich.

Ist es schlichtweg nicht mehr zeitgemäß, alleine wohnen zu wollen? Müssen sich die Düsseldorfer mehr auf Wohngemeinschaften oder generationenübergreifende Wohnprojekte einlassen? Vielleicht. Der Soziologe der Hochschule Düsseldorf Reinhold Knopp sagt, dass Wohnen kein Luxus sein darf. Dafür müsse die Politik alles ihr Mögliche tun. Und das bedeute unter anderem auch eine verstärkte Förderung von Wohnprojekten und WGs. Noch sei Düsseldorf im Unterschied zu europäischen Metropolen wie Paris eine sozial gemischte Stadt. Und das mache einen großen Teil ihres Charmes aus. Hoffen wir, dass es so bleibt.

Zu guter Letzt noch etwas zum Träumen: Ein Loft in einem Friedrichstädter Hinterhof, außen und innen heller Backstein, innen auch Wände in Weiß oder aus Glas und Elemente aus Beton, Echtholz-Stiftparkett, zwei Etagen, 204 Quadratmeter Wohnfläche, zwei Badezimmer, zwei große Dachterrassen. Zu haben für 4400 Euro warm im Monat. Aber schnell sein: Das Angebot hat 2061 Aufrufe und bereits elf Anfragen.