Düsseldorf „Ateliers für Künstler werden immer knapper“
Die Suche nach passenden Räumen ist für Künstler schwer. Marianne Schirge und Karin Rauers vom Kulturamt berichten über hohe Mieten, überzogene Wünsche - und was sie gegen den Raummangel tun wollen.
Düsseldorf. Verliert die Landeshauptstadt ihren Status als Künstlermetropole, weil die Kreativen die Miete nicht mehr bezahlen können? Stimmt es, wie Malkastenchef Robert Hartmann im WZ-Gespräch kürzlich behauptet hat, dass das Kulturamt machtlos in den Verhandlungen mit anderen Ämtern ist? Wie steht es mit den Ateliers in einer boomenden Immobilienlandschaft? Macht der Immobilienmarkt den Kunststandort zunichte? Wir sprachen mit Kulturamtsleiterin Marianne Schirge und Abteilungsleiterin Karin Rauers.
In Düsseldorf sollen 2000 Künstler leben. Wie kontrollieren Sie das, wo doch so viele Ex-Studenten nach Berlin abgewandert sind und sich hier nur noch zum Jobben aufhalten?
Schirge: Wer eine Künstlerkarte hat, gehört zur hiesigen Künstlerschaft. Dafür muss er oder sie in Düsseldorf eine Adresse haben und einen professionellen künstlerischen Werdegang nachweisen.
Hat die Stadt überhaupt noch eigene Ateliers?
Schirge: Rund 180 stadteigene Ateliers verwaltet die Städtische Wohnungsgesellschaft für uns. Sie hat auch Ateliers in eigenem Bestand. Hinzu kommen allein 80 Ateliers im Salzmannbau und in der Sittarder Straße. Wir verwalten knapp 400 Ateliers.
Was kostet so ein Atelier?
Rauers: Die Mieten bewegen sich durchweg zwischen drei und vier Euro. So liegt die Kaltmiete in der Walzwerkstraße bei vier Euro. Schulräume, die in der Vergangenheit als Ateliers vergeben wurden, gehen auf eine Zeit zurück, als die Schülerzahlen und der Raumbedarf von Schulen geringer waren und man froh war, dass das Kulturamt die Räume abnahm. Die Mieten liegen dort noch immer recht niedrig.
Im Atelierhaus Höherweg zahlt man gar nichts. Wie kommt das?
Rauers: Künstlern wurde das Haus vor 20 Jahren überlassen. Mit der Auflage, es instandzusetzen. Das kann mitunter teuer werden. Im Übrigen gilt der Höherweg als ein Vorzeige-Modell. Sie haben sich damals zusammengetan und betreiben das Atelierhaus seitdem in eigener Regie. Im Haus spürt man, dass hier ein Ort ist, in dem die künstlerische Arbeit Priorität hat. Wir haben den Vertrag gerade um weitere zehn Jahre verlängert.
Wie suchen Sie die Kandidaten für ein Atelier aus? Geht es nach Qualität oder nach Empfehlungen?
Rauers: Jedes Atelier wird über unsere elektronische Info-Post für die Düsseldorfer Künstler und Künstlerinnen ausgeschrieben. Es folgt ein Besichtigungstermin. Die Künstler können sich dann bewerben. Der Atelierbrief sollte belegt werden. Wir wollen wissen, wo die Bewerber aktuell künstlerisch stehen. Ein Malkurs an der Volkshochschule reicht nicht.
Was machen Sie, wenn ein Künstler wie jetzt Wilfried Polke gestorben ist? Gilt dann die schnelle Räumung?
Rauers: Zunächst können die Erben den Nachlass sortieren. Wir haben der Witwe noch einige Monate Zeit gegeben, das Atelier zu räumen.
Wie verläuft die Neuvermietung?
Rauers: Nicht alle Künstler sind an langfristigen Mietverträgen interessiert. Das gilt vor allem für jüngere Künstler, die viel reisen. Es gibt sehr unterschiedliche Bedürfnisse, je nach Arbeitsweise. Wir versuchen, das bei der Auswahl zu berücksichtigen. Wichtig ist auch, dass der neue Mieter zu den anderen im Haus passt.
Manche Künstler missbrauchen ihr preiswertes Atelier als Lager. Kontrollieren Sie?
Rauers: Ateliers werden als Ateliers vermietet und sind als solche zu nutzen. Wir bieten spezielle Lager an. Allein im Bunker Münsterstraße 500 gibt es 67 kleine Lagerräume zu zehn Quadratmetern. Auch hier gibt es eine Warteliste.
Wie sieht das ideale Atelier aus?
Schirge: In Düsseldorf vermutlich so: 50 bis 60 Quadratmeter, hohe Decken, viel Tageslicht, in einem Hinterhof gelegen, möglichst citynah. Letzteres wäre übrigens in Berlin kein Thema.
Malkasten-Chef Robert Hartmann behauptet, das Kulturamt habe keine Lobby. Ist das der Grund, dass keine Räume mehr für eine Zwischennutzung angeboten werden?
Schirge: Räume in Düsseldorf zu erschwinglichen Preisen sind begehrt, aber leider werden sie immer knapper. Immobilien werden zur Zwischennutzung meist nur noch für eine kurze Zeit, maximal für einige Monate angeboten. Sie sind dann eher für temporäre Projekte geeignet, zum Beispiel für Ausstellungen. Robert Hartmann ist vor 20 Jahren in die Max-Halbe-Straße eingezogen und arbeitet immer noch dort. Das war keine Zwischennutzung mehr.
Kämpfen Sie in einer Stadt ohne Raum gegen Windmühlen? In den nächsten Jahren müssen viele Künstler Flingern verlassen, weil die Hinterhöfe zu teuren Lofts und Stadtvillen werden.
Schirge: Das ist das Los der Künstler. Meist sind sie die Ersten, die ein Stadtviertel in seiner verborgenen Schönheit und Vielschichtigkeit entdecken. Das lockt Menschen mit ganz anderen Interessen an, und in null Komma nichts verwandelt sich der Stadtteil. Die Preise können dann die Künstlern oft nicht mehr bezahlen. Wir sind aber verwaltungsintern im Gespräch, wie und an welcher Stelle und mit welchen Modellen Raum für Künstler geschaffen oder erhalten werden kann. Wir hoffen, dass uns dabei auch Privateigentümer helfen, die ein echtes Interesse daran haben, Künstlern Räume zu freundlichen Konditionen anzubieten.