Ausstellung über die Vergänglichkeit des menschlichen Körpers
Neues Format „Face to Face“: Bei Beck & Eggeling an der Bilker Straße diskutierten Pater Stephan Kessler und Michael Beck über Kunst.
Düsseldorf. „Es ist ein Mädchen, das mit einer Christus-Figur schwanger geht.“ So deutet Pater Stephan Kessler die Holzskulptur „Leave me alone“ (Lass mich allein) von Gerhard Demetz. Die kleine weibliche Figur, an deren Bauch ein schwarzer Leichnam klebt, ist eines der 17 Exponate in der Ausstellung „Corpus“ in der Galerie Beck & Eggeling (bis 1. Sept, Bilker Straße 4-6.). In verschiedenen Epochen wird der Körper von den Künstlern zwar in anderem Blickwinkel gesehen. Doch der am meisten dargestellte Körper in unserer Kultur bleibt der ans Kreuz genagelte Christus. Diese Erkenntnis beschäftigt und beunruhigt den Galeristen Michael Beck: So debattierten er und der katholische Geistliche Kessler in der Ausstellungshalle an der Bilker Straße über die Darstellungen, in erster Linie aber über die Vergänglichkeit des menschlichen Körpers. „Face to Face“ nennt Beck das neue Format, in dem ausgestellte Kunstwerke von Fachleuten diskutiert oder in Frage gestellt werden sollen.
Beck, der einst in London Kunstgeschichte studierte, kuratierte die Schau „Corpus“: Darin geht es ihm neben gegenständlichen, sakral christlichen Darstellungen des Körpers (Zeichnungen von Albrecht Dürer, das Triptychon eines niederländischen Altmeisters, Skulpturen unbekannter Holzschnitzer aus Afrika etc.) auch um abstrakte Körper-Bilder zeitgenössischer Maler, Bildhauer und Installations-Künstler. Und der in Geschichte und Theologie promovierte Pater Kessler, neuerdings Leiter der renommierten Kölner Kunst-Station Sankt Peter, kann als eine Art „Kunst-Priester“ angesehen werden. Zwei Experten also.
Priester Kessler geht es darum, den eigenen Körper anzunehmen. Egal ob jung und schön oder alt. Nur dann sei eine Erlösung (im Sinne der Kirche) für den Menschen möglich. Der Tod sei Teil des Lebens, erweitert Kessler seine These. Und weist nicht nur auf Demetz’ Mädchen-Skulptur, sondern auch auf Marienbilder hin. Auch auf den Märtyrer-Gemälden von Peter Paul Rubens, von dessen barocker Körperlichkeit der Pater begeistert ist, sei stets die Endlichkeit des Menschen zu erkennen. Für den katholischen Geistlichen vermittelt die „Kreuzigung Petri“ (das Bild hängt in Sankt Peter in Köln) den Ruf danach „Nimm die eigene Körperlichkeit an!“
Und wie steht es heute mit frommen Motiven wie in früheren Jahrhunderten? „Heute müssen Künstler keine modernen frommen Bilder mehr malen und alte Meister kopieren“, meinen beide. Es gibt genug davon. Aber, so der Pater: „Kunst muss auf unsere Endlichkeit aufmerksam machen.“ Darin ist er sich einig mit dem Galeristen Michael Beck — und mit dem Publikum.