Bombenalarm: Senioren auf „Ausflug“

Das Team von Haus Düsseltal hilft 105 Bewohnern, sich trotz Evakuierung sicher zu fühlen.

Foto: Melanie Zanin

Düsseldorf. Fliegerbombe in Mörsenbroich, das heißt Ausnahmezustand für das Seniorenzentrum Düsseltal des Deutschen Roten Kreuzes (DRK). Das Haus an der Ludwig-Beck-Straße liegt weniger als 500 Meter von einem Baugrundstück an der früheren Reitzenstein-Kaserne entfernt. Das Zentrum muss jedes mal evakuiert werden, wenn auf der Baustelle ein Blindgänger aus dem zweiten Weltkrieg gefunden wird — und dort werden noch einige vermutet. „Für die Bewohner ist es jeweils ein Ausflug“, sagt Einrichtungs-Leiterin Juliane Bücking.

Die Räumung der amerikanischen Zehn-Zentner-Bombe am Freitag war für das Haus Düsseltal die zweite innerhalb eines Jahres. Die Sprengstoff-Experten der Bezirksregierung nahmen beim Zeitablauf Rücksicht auf die 105 teils hochbetagten Bewohner: Wegen ihnen wurde die Entschärfung erst für 16 Uhr angesetzt; ansonsten wäre die verkehrsruhige Zeit zwei Stunden früher günstiger gewesen, sagte ein Feuerwehrsprecher: „Die Evakuierung bedeutet erhöhten logistischen Aufwand.“

Tatsächlich verkehrte ein ganzer Schwarm Busse, Transporter und Krankenwagen rund um das Seniorenzentrum: 28 bettlägerige Bewohner wurden schon am Morgen in eine leerstehende Einrichtung an der Tersteegenstraße gebracht. Die übrigen Senioren verbrachten den Tag im Haus Grafental an der Grafenberger Allee, einer DRK-Einrichtung für normalerweise 89 Senioren.

Thema des Tages

Fliegerbombe

„Wir kennen das schon“, sagte Ilka Schüttendiebel (43), die ihre 84-jährige Mutter aus dem Haus Düsseltal begleitete. Zusammen saßen sie mit Grafental-Bewohnerin Ruth Salomo (85) in einer Sitzecke am Empfangsbereich, mit bester Sicht auf die Grafenberger Allee und die Fahrzeuge des Katastrophenschutzes. Salomo: „Wir haben auch ein Café, gleich nebenan.“ Helfen brauche sie nicht, sagte Schüttendiebel: Die Mitarbeiter des Hauses, die Feuerwehr und die Hilfsdienste würden die Evakuierung hervorragend abwickeln.

Einrichtungsleiterin Bücking begrüßte die Neuankömmlinge jeweils mit Namen, führte sie ins Foyer. Gemeinsam mit Helfern holte sie Rollstühle und Rollatoren herbei.

Angst brauche niemand zu haben, Kriegserinnerungen etwa an Fliegeralarm lasse das Team gar nicht erst aufkommen, sagte Bücking: „Die Frage ist einfach, wie wir Mitarbeiter auftreten. Die Bewohner kennen uns und vertrauen uns.“

Zum Thema Ausflug gehöre auch, dass die Gäste die für sie ungewohnte Einrichtung Graftental gezeigt bekommen, fügte Bücking hinzu. Rund 50 von ihnen hatten sogar eine kleine Busrundfahrt absolviert. DRK-Sprecherin Sabine Jokl erläuterte: „Die meisten finden es spannend, weil es etwas anderes ist als Alltag.“ Wegen der ungewohnten Umgebung vergesse wohl gelegentlich jemand, wo er sei, dann werde schnell geholfen.