Supermarkt Neuanmeldungen 25-fach höher: Online-Supermärkte boomen
Düsseldorf · Wer Lebensmittel ins Haus geliefert bekommen will, wartet jetzt bis zu zwei Wochen. Der Dienst Picnic will den Start in Düsseldorf vorziehen.
Für die Wirtschaft droht die Corona-Pandemie zum Gau zu werden. Doch es gibt Profiteure der neuen Vereinzelung. Darunter sind Online-Supermärkte und Lieferdienste großer Märkte. Die Düsseldorfer entwickelten demnach schon früh in der Krise ein Bewusstsein für Alternativen zum Gang in den vollen Discounter. Nachteil: Bei den meisten Services sind die Wartezeiten aktuell viel länger als gewöhnlich.
Seit zwei Wochen zieht die Zahl der Bestellungen beim digitalen Supermarkt food.de bundesweit an. Am Rhein war man schneller: „In Düsseldorf ist es schon seit vier Wochen ein Thema“, sagt Gründer und Geschäftsführer Karsten Schaal. Der Pionier in der Welt der Warenlieferung frei Haus ist seit acht Jahren am Markt, dennoch hat er plötzlich 25-mal so viele Neuanmeldungen wie sonst. „Ich habe am Tag Minimum 400 Neukunden“, sagt Schaal. „Wenn wir noch so einen Monat machen, haben wir unseren Jahresumsatz von 2019 schon erreicht.“
Neuer Lieferdienst: Warteliste mit 10 000 Düsseldorfern
Das allerdings hat auch Schattenseiten: Denn bei der Warenauslieferung entsteht laut Schaal derzeit ein enger Flaschenhals. „Wir stellen wie verrückt ein, nehmen jeden Fahrer auf, der taugt“, sagt er. Denn Personal sei nicht leicht zu finden, food.de greift anders als üblich nun auf Studenten zurück und bietet ihnen für vorerst einen Monat eine Festanstellung: „Die haben gerade Zeit und wollen gern helfen“, sagt der Geschäftsführer. Dennoch: Wo sonst bei einer Bestellung bis 12 Uhr noch am selben Tag geliefert wird, warten Kunden jetzt bis zu zwei Wochen auf ihren Wocheneinkauf. Zum Teil seien bis zu 40 Prozent aller Waren vergriffen gewesen. „Das spielt sich jetzt langsam ein“, sagt Schaal. Sogar Toilettenpapier sei in der Regel verfügbar.
Auch die Struktur der Kundschaft verändert sich laut Schaal. Wo sonst vor allem Senioren die Dienste der Einkäufer in Anspruch nahmen, seien es jetzt auch junge Menschen. „Für den Online-Lebensmittelhandel ist es der Ritterschlag gerade“, glaubt der Gründer.
Auch beim Lieferservice von Rewe kann es jetzt bis zu zwei Wochen dauern, bis der Warenkorb ins Haus kommt. Man verzeichne „eine deutlich erhöhte Nachfrage nach lang haltbaren Lebensmitteln, Nährmitteln, Konserven und Drogerieartikeln“, erklärt Sprecherin Kristina Schütz. Das gilt bei der Lieferung wie im Supermarkt und bringt auch beim Lieferdienst von Real „Engpässe bei besonders stark nachgefragten Produktgruppen, zum Beispiel Konserven, Mehl, Nudeln oder Hygieneartikeln“ mit sich, wie Frank Grüneisen aus der Düsseldorfer Zentrale der Marktkette erklärt. Einen Vorlauf von zehn Tagen gibt es auch dort für Bestellungen. „Selbstverständlich sind wir nicht glücklich über diese Situation“, sagt der Sprecher. Die Mitarbeiter in den Märkten, im Onlineshop und in der Logistik täten aber bereits „wirklich alles“.
Die Zeichen scheinen gut zu stehen, um einen Lebensmittel-Lieferdienst in der Landeshauptstadt zu eröffnen. Genau das hat Picnic gerade vor. Das junge Unternehmen beliefert bereits zehn Standorte an Rhein und Ruhr, über sein Zentrum in Neuss auch schon rund 7000 Haushalte im linksrheinischen Düsseldorf. Jetzt soll in Lierenfeld ein eigenes Lager für das Stadtgebiet eröffnet werden. „Wir haben jetzt schon mehr als 10 000 Haushalte auf der Warteliste“, berichtet Mitgründer Frederic Knaudt. „Das übertrifft bei weitem alles, womit wir gerechnet haben.“ Immerhin wird noch nicht einmal geworben. Ende April war der Start geplant. Knaudt: „Wir arbeiten jetzt mit der Stadt daran, den Standort früher eröffnen zu können.“ Möglicherweise geht es schon übernächste Woche los.
Dass Picnic es angesichts des Booms im Online-Handel eilig hat, überrascht kaum. „Wir sehen aktuell, dass die Nachfrage sich mehr als verdoppelt hat“, sagt Knaudt. 80 000 Kunden insgesamt beliefert sein Dienst inzwischen. Mehr als 200 neue Mitarbeiter hat er in nur dreieinhalb Wochen jetzt eingestellt – zur Sicherheit wird morgens bei allen die Temperatur gemessen. Bei Picnic ist die Engstelle die Registrierung, auf die Neukunden sonst ein bis zwei Wochen, jetzt eher vier bis fünf Wochen warten müssen. Dafür erfolgt die Lieferung dann binnen sechs Tagen nach der Bestellung und Knaudt hofft, diese Zeitspanne weiter reduzieren zu können, damit der Start in Düsseldorf gelingt.