Medizin Dank Schrittmacher: Susanne Krein kann wieder schmerzfrei gehen
Düsseldorf · Europaweit neuartige Operation am Uniklinikum: Der Patientin wurde ein „Schmerzschrittmacher“ implantiert.
Susanne Krein hatte die Hoffnung schon fast aufgegeben: Seit vielen Jahren litt sie unter chronischen Schmerzen in den Beinen und im Rücken. „Immer hatte ich stechende Schmerzen im Rücken, die dann bis in die Beine gezogen sind. Angefangen hat es im Jahr 2011, in den letzten drei Jahren wurde es besonders schlimm“, sagt sie über ihr tägliches Leben. „Trotz mehrerer Operationen an der Wirbelsäule und verschiedener Therapien mit Medikamenten, kamen die Schmerzen immer wieder. Es hat mich im Privatleben absolut eingeschränkt, und auch meinen Beruf konnte ich nicht mehr so ausüben, wie ich das wollte. So ging es einfach nicht weiter.“ Jetzt ist sie endlich schmerzfrei:
Mediziner des Zentrums für Neuromodulation der Klinik für Neurochirurgie am Universitätsklinikum Düsseldorf (UKD) haben ihr – erstmalig in Europa – einen neuartigen Schmerzschrittmacher gegen chronische Schmerzen eingesetzt. Der etwa 5,5 Zentimeter lange und 4,6 Zentimeter breite Schrittmacher passt sich selbstständig an die Bedürfnisse des Patienten an. Zwei Tage nach der Operation konnte sie die Klinik schmerzfrei verlassen.
Mit ihrem Leiden ist Susanne Krein nicht alleine, weiß Professor Jan Vesper vom Zentrum für Neuromodulation am UKD: „Jeder fünfte Deutsche leidet unter chronischen Schmerzen. Wie Frau Krein erleben viele Patientinnen und Patienten eine lange Leidensgeschichte. Gegen die Schmerzen werden dann Schmerzmittel genommen – auch starke Opiate. Eine chronische Einnahme von schweren Schmerzmitteln kann aber zu körperlichen Schäden, zum Beispiel an der Leber oder Galle, aber natürlich auch zu Abhängigkeiten führen.“
Eine mögliche Alternative: Bei Patienten mit chronischen, nervenbedingten Schmerzen kann die Neuromodulation durch das Einsetzen eines Schmerzschrittmachers helfen. Leichte Stromimpulse stimulieren dabei das Rückenmark und verändern die Schmerzwahrnehmung im Gehirn.
Das minimal-invasive und nebenwirkungsarme Verfahren der sogenannten Rückenmarksnahenstimulation (SCS) für chronische, nervenbedingte Schmerzen beinhaltet, dass bestimmte Bereiche des Rückenmarks mittels einer oder mehrerer eingebrachter Elektroden durch geringe elektrische Ströme stimuliert werden. „Die Schmerzsignale können so durch leichte Stromimpulse des Schrittmachers auf dem Weg zum Gehirn abgefangen werden, sie unterdrücken die Schmerzweiterleitung dauerhaft“, erklärt Jan Vesper.
Immer wieder hört der Leiter der Sektion Funktionelle Neurochirurgie und Stereotaxie am UKD-Zentrum für Neuromodulation von Patientinnen und Patienten, dass sie sich scheuen, den operativen Eingriff durchführen zu lassen.
Der erfahrene Neurochirurg beruhigt: „Wir arbeiten hier minimal-invasiv, also mit sehr kleinen Schnitten oder Punktationen. Die Risiken des Eingriffs sind sehr viel kleiner als das jahrelange Einnehmen und eine mögliche Abhängigkeit von schweren Medikamenten und Schmerzmitteln oder von langwierigen und wiederholten Operationen an der Wirbelsäule. Die meisten Patienten können unsere Klinik nach etwa drei Tagen wieder verlassen.“
Europaweit zum ersten Mal hat das Team um Professor Vesper nun einen neuartigen Schmerzschrittmacher implantiert: Das Gerät personalisiert die Signalstärke der stimulierenden Stromimpulse und passt sie an die Bedürfnisse der Patientin und des Patienten an.
Schrittmacher passt sich an die Bedürfnisse des Patienten an
„Der Schmerz eines jeden Patienten – und wie er auf eine Behandlung anspricht – ist einzigartig. Das neue System kann zu verschiedenen Wellenformen wechseln und die Stimulationsstärke eigenständig und automatisch an die individuellen Bedürfnisse des Patienten anpassen.
Bisher erfolgt diese Anpassung an den Schmerz zum Beispiel über eine Fernbedienung, die der Patient bei sich führt“, erklärt Prof. Vesper die Funktion des neuen Schmerzschrittmachers. Die automatische Stromabgabe sorgt dafür, dass immer genau der medizinisch notwendige Impuls erfolgt. Das vereinfacht einerseits die Behandlung der Schmerzen, verhindert Überdosierungen und sorgt andererseits für einen geringeren Energieverbrauch – die Geräte und Akkus leben dadurch länger, auch im Langzeitverlauf.
Statt der bisherigen Schmerzen, spüren Patientinnen und Patienten nur ein leichtes Kribbeln oder – bei einigen Programmen – sogar gar kein Kribbeln. Susanne Krein freut sich, dass sie an Lebensqualität zurückgewonnen hat, ihr Eingriff war ein voller Erfolg: „Ich kann jetzt endlich wieder lange Spaziergänge machen und bin wieder viel fitter geworden.“