Gastronomie Das „En de Canon“ ist jetzt eine Weinstube
Düsseldorf · Das Traditionslokal ist wieder geöffnet. Hinter Pächter und Winzer Herbert Engist liegt ein Kraftakt, bei dem ihm auch noch das Geld ausging.
Herbert Engist ist erleichtert und angespannt zugleich. Glücklich ist er, dass es nach einem Jahr Baustelle los geht in seiner Weinstube En de Canon. Doch schon wieder vibriert sein Smartphone, endlich ruft der Handwerker zurück, denn die Elektrik in der Küche streikt. Und in zwei Stunden kommen die ersten Gäste. „Das Stresslevel ist extrem hoch“, sagt der Winzer vom Kaiserstuhl im neuen Gastraum sitzend.
Am Mittwochabend hat Engist das Lokal an der Zollstraße 7 in der Altstadt zum ersten Mal geöffnet, ohne Ankündigung. „Wir wollen erst einmal mit weniger Gästen alle Abläufe durchprobieren.“ Erst am Freitag, 13. Dezember, ist die offizielle Eröffnung mit geladenen Gästen geplant. Für das Haus aus dem 17. Jahrhundert schließt sich damit ein Kreis, denn in seinen Anfängen war es auch eine Weinstube, in der Jan Wellem und später Napoleon ihre Pokale leerten.
Wein nicht nur aus der Flasche, sondern auch aus dem Fass
Winzer Engist ist den Düsseldorfern bekannt, weil er seit 20 Jahren seinen selbstgemachten, weißen Glühwein verkauft. Vor seinem Stand am Rathaus bildete sich regelmäßig die größte Traube von Menschen. Und seit seinen ersten Tagen in Düsseldorf habe er immer in dieses Haus an der Zollstraße gewollt. Jetzt hat sich sein Wunsch erfüllt, der Erbpachtvertrag mit der Stadt läuft 50 Jahre, Engist ist sogar oben in eine kleine Wohnung gezogen. Den Namen „En de Canon“, der auf das Wappen der Familie Maurenbrecher zurückgeht, hat er sich übrigens markenrechtlich schützen lassen. Schriftzug samt Kanone hat er schon auf ein Etikett gedruckt. Der damit versehene Spätburgunder kann in einer Holzkiste als Geschenk mitgenommen werden. Klar, Engist ist nicht nur Träumer, sondern auch Geschäftsmann.
Der musste allerdings einige Alpträume durchleben im vergangenen Jahr. „Das Geld hat nicht gereicht“, sagt er ohne Umschweife. Vor allem die Kalkulation der Fachleute für den Brandschutz habe hinten und vorne nicht gepasst. Deshalb habe er nachfinanzieren müssen. Dabei sprach er schon vorher von einer Millioneninvestition. Genauer will der 57-Jährige nicht werden.
Auch zeitlich kam sein Plan nicht hin. Im August wollte er eigentlich eröffnen, da spielten aber die Handwerker nicht so mit, wie er es erhofft hatte. Und die Sorgen bleiben: „Ich will hoffen, dass die gesamte Kalkulation auch mit den hohen laufenden Kosten aufgeht.“
Das hängt natürlich vor allem vom Zuspruch der Gäste ab, die das Ergebnis seiner Arbeit nun in Augenschein nehmen können. Bis auf ein paar Arbeiten auf der Terrasse ist alles fertig. „Eigentlich haben wir ein neues Haus gebaut.“ 30 Tonnen Putz seien verarbeitet, 15 Kilometer Elektrokabel verlegt worden. Die Decke musste ertüchtigt werden, damit auch darüber im ersten Stock ein weiterer Gastraum entstehen konnte.
Bei der Einrichtung setzt Engist auf klare Linie und wenig Schnörkel sowie Holzmöbel in warmen Braun- und Beigetönen. Alte Balken aus vergangenen Jahrhunderten sind erhalten geblieben. Dunkle Stühle stehen an hellen massiven Eichentischen. Ohne Tischdecke. Brauhausatmosphäre in der Weinstube. Von einer „Wohlfühloase als Pendant zu den Hausbrauereien“, spricht Geschäftsführerin Gaby Schellhase auch. Engist sagt: „So etwas hat in Düsseldorf gefehlt.“
Ein Hingucker: Die Lampen unter der Decke und an den Wänden hat Engist selbst gebaut. Sein Vater sei Fassbauer gewesen, von ihm habe er viel gelernt. Und so setzt er einzelne Dauben übereinander, die indirektes Licht geben. Von einem Fassboden lässt er Weinflaschen in abfallender Höhe im Kreis herabhängen, die Glühbirnen in sich tragen, auch auf einem Regal an der Wand stehen so ausgerüstete Flaschen. Moderne Designerstücke, und gar nicht altbacken.
Denn steif soll es auf keinen Fall zugehen. „Wir wollen eine sehr persönliche Atmosphäre schaffen, hier soll man alleine hinkommen können und sich wohlfühlen“, sagt Engist. Das sei das Prinzip einer Badischen Weinstube. Neben den entsprechenden Getränken und Speisen natürlich. Hier steht der Wein im Vordergrund, vor allem sein eigener natürlich. Auch vom Fass gibt es ihn, ein Viertele (0,25) für 5,80 Euro. Ein Schwerpunkt liegt auf Burgunder-Weinen, die Flaschenpreise liegen zumeist zwischen 20 und 30 Euro. Ein Spätburgunder Rotwein Auslese aus dem Jahr 2011 kommt auf 55 Euro. Auch Brände aus der Hausbrennerei gibt es, aber auch Schumacher Alt oder Rothaus Pils.
Auf der Speisekarte stehen etwa Flammkuchen (9,90), hausgeräucherte Forelle (13,90), Vesperbrettle (14,90), Tafelspitz (15,90), Kalbsrücken sous vide gegart (24,90), Freilandgans (32) und Filetsteak vom Weiderind (32,90). Auch Menüs mit korrespondierenden Weinen sind für die nahe Zukunft geplant. Geöffnet ist dienstags bis samstags ab 17, sonntags ab 12 Uhr. 98 Plätze gibt es innen, 80 bis 90 draußen.