Das sind die Angsträume von Wohnungslosen in Düsseldorf
Ein Projekt des Zakk und der Hochschule Düsseldorf widmet sich denjenigen, deren Rückzugsort die Straße ist.
Düsseldorf. Wohl jeder hat diese Situation schon einmal erlebt. Man ist abends in der Stadt unterwegs und biegt in eine dunkle, schwach beleuchtete Gasse oder Unterführung ein. Schnell beschleicht einen ein ungutes Gefühl, mitunter sogar die Angst, dass etwas Schlimmes passieren könnte.
Doch was ist mit Leuten, die tagtäglich mit solchen Ängsten und Plätzen konfrontiert werden, weil sie als Wohnungslose nicht woanders hinkönnen? Welche Angsträume haben sie? Mit diesen Fragen haben sich die Studierenden der Hochschule Düsseldorf Charlyn Eisenlauer und Nina Rudolf zusammen mit ihrem Dozenten Kai Hauprich im Rahmen eines Seminars auseinandergesetzt. Und was sie dabei herausgefunden haben, hat die beiden angehenden Sozialarbeiter bzw. Sozialpädagogen durchaus überrascht.
„Tatsächlich unterscheiden sich die Ängste der Wohnungslosen nicht von denen, die auch die Allgemeinheit nennen würde“, sagt Eisenlauer. Dazu gehören Begriffe wie Dunkelheit, schwaches Licht, Gewalt und Menschenmassen. „Der Unterschied ist aber, dass die meisten von ihnen keinen sicheren Rückzugsort haben, wo sie sich schlafen legen können, sodass ihnen nichts passiert“, ergänzt ihre Kommilitonin Nina Rudolf.
Gerade dieser Perspektivwechsel, die Welt aus der Sicht der Wohnungslosen zu betrachten, war für die beiden jungen Frauen ein besonderer Anreiz, am Projektseminar teilzunehmen. Vor allem, weil deren Stimmen kaum gehört würden, wie Kai Hauprich erklärt: „Heutzutage werden zum Beispiel Plätze in den Städten nach dem Faktor des Sicherheitsbedürfnisses umgestaltet, das passiert jedoch meist einseitig. Die Sicht der Wohnungslosen wird bei diesen Planungen eigentlich nie miteinbezogen. Diesen Aspekt wollten wir in diesem Projekt auch thematisieren.“
Im Mai begann die Arbeit. „Zunächst haben wir auf den Verkäufertreffen der Obdachlosenzeitung Fifty-Fifty nach Zielpersonen gesucht und ihnen unser Projekt vorgestellt“, erklärt Rudolf. Ihr Fokus lag dabei auf Menschen mit dem Mittelpunkt Straße. Dazu gehören neben Wohnungslosen auch Menschen, die in Notunterkünften übernachten, Drogenabhängige sowie Sexarbeiterinnen.
Insgesamt fanden sich zunächst 26 Personen, die in einem ersten Schritt mithilfe von farbigen Nadeln auf einem Stadtplan sowohl Wohlfühl- als auch Angsträume markieren sollten. „Anschließend haben wir noch weitere Methoden durchgeführt“, erläutert Charlyn Eisenlauer. „So haben wir mit acht Leuten eine Gruppendiskussion durchgeführt, drei andere haben eine Einwegkamera bekommen, mit der sie ihre Angsträume fotografieren sollten und mit zwei weiteren Personen haben wir einen Stadtrundgang gemacht.“
Häufig genannt wurden dabei Orte, die sich rund um den Hauptbahnhof befinden, wie Mintropplatz, Charlottenstraße oder der Worringer Platz. Alles Stellen, die auch die Mehrheit der Gesellschaft als nicht besonders schön empfindet. Doch für viele der Projektteilnehmer gibt es kaum Alternativen. Gerade der Worringer Platz sei eine wichtige Anlaufstelle, erklärt Hauprich, weil sie von dort aus schnell verschiedene Einrichtungen erreichen können, wie Notschlafstellen oder Konsumräume. Er gehört aber auch zu den Orten, wo Menschen Opfer ihrer eigenen Hilflosigkeit werden, sie bestohlen oder Gewalt erfahren — sowohl von Szenemenschen als auch von Teilen der Mehrheitsgesellschaft.
„In den Gesprächen mit den Teilnehmern haben wir auch versucht zu erörtern, wie man diese Probleme vielleicht lösen kann und was ihre Vorschläge sind“, erklärt Hauprich. Diese Ergebnisse wollen sie nun am kommenden Mittwoch, 22. August, im Zakk vorstellen. Geladen sind auch Vertreter der Stadt, damit sie selbst mal einen Perspektivwechsel vollziehen. Für Charlyn Eisenlauer und Nina Rudolf hat er sich jedenfalls gelohnt.