Düsseldorf „Der Wohnwagen ist mein Zuhause“

Larissa Kastein ist von Geburt an ein Zirkuskind. Am Freitagabend zeigt die Akrobatin im Zirkus Flic Flac auf den Rheinwiesen einen Stangentanz in vier Metern Höhe.

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Düsseldorf. Wenn man Larissa Kastein nach ihrem Heimatort fragt, dann muss sie lange überlegen. Schließlich antwortet die 28-Jährige: „Mein Zuhause habe ich immer dabei“.

Larissa Kastein ist Stangenakrobatin und seit neuestem künstlerische Leiterin beim Zirkus Flic Flac, der ab Freitag auf den Rheinwiesen in Oberkassel mit dem Programm „Höchststrafe“ gastiert. Alles, was ihr wichtig ist, hat sie in ihrem Wohnwagen, in dem sie mit Freund und Hunden lebt. Mit rund 100 anderen Artisten und Mitarbeitern bereist sie Jahr für Jahr die ganze Welt.

Ob das nicht komisch für sie ist? „Nein“, lacht die 28-Jährige. „Ich bin so aufgewachsen, so habe ich schon immer gelebt.“ 1987 kam Larissa Kastein in Bonn zur Welt. Ihr Vater ist der Direktor des Flic Flac, und auch Artist - ebenso wie ihre Mutter. „Mir lag es quasi im Blut“, erklärt sie.

Seit ihrer Geburt reist sie mit ihrer Schwester und ihrem Vater in die unterschiedlichsten Städte - ihre Mutter hat sich vor ein paar Jahren zur Ruhe gesetzt, sie lebt jetzt fest in Spanien.

Seit ihrem fünften Lebensjahr trainiert Larissa Kastein an der Stange - zunächst nur fünf Mal die Woche, mittlerweile jeden Tag. „Meine Eltern hatten extra eine russische Trainerin für mich engagiert“, sagt sie.

Als sie mit sechs in die Schule muss, engagieren die Eltern eine Privatlehrerin, die mit der Familie reist und ihr jeden Vormittag von acht bis zwei Unterricht gibt. „Nachmittags habe ich dann geturnt“, erinnert sie sich.

Das hat sie elf Jahre lang jeden Tag gemacht, um auf den heutigen Stand zu kommen. „Es war sehr harte Arbeit“, erinnert sie sich - „aber es hat sich gelohnt.“ Ihr Geheimnis? Absolute Disziplin und Spaß an der Sache. „Das muss sein, sonst schafft man es nicht.“ Seit dem sie im Abendprogramm eine eigene Show macht, hat sie ihr Training auf zwei Stunden pro Tag an der Stange hochgeschraubt. Trotz harter Arbeit genießt sie die gemeinsamen Abende mit den anderen Akrobaten. „Wir arbeiten alle so eng zusammen, wir sind eine Familie“, sagt sie.

Privatsphäre hat sie nur in ihrem Zwei-Zimmer-Wohnwagen: „Das hört sich klein und muffig an, ist es aber nicht.“ Wenn man über die fünf Stufen hoch in ihre Wohnung geht, betritt man eine ganz normale Küche mit Holzdielen und einem freistehenden Herd. Direkt daneben haben es sich ihre Hunde auf dem Sofa bequem gemacht. „Sie sind für mich auch ein Stück Familie“, sagt sie. An der Wand hängt ein großer Fernseher, vor dem sie am besten abschalten kann. In der anderen Richtung geht es ins Schlafzimmer. An freien Tagen hängt sie gerne mal den ganzen Tag im Wohnwagen rum — „dann bin ich ganz für mich“, sagt sie.

Das funktioniert unter der Woche nicht immer so gut — nach dem Training hilft sie oft noch bei der Organisation mit oder geht sogar noch ins Fitnessstudio — ein Privilieg, dass die Akrobaten in jeder Stadt genießen. „Wir müssen halt fit bleiben“, so die 28-Jährige.

Generell gilt: Im Wohnwagen wird nicht trainiert. Denn dort will sie ihre Ruhe haben. Viel lieber plant sie hier das nächste Sightseeing, das für sie zu jeder neuen Stadt dazugehört. „Hier in Düsseldorf freue ich mich immer besonders auf die Altstadt“, sagt sie. Die besuchen dann alle Akrobaten zusammen.