Düsseldorf-Niederkassel Die Sankt-Anna-Kirche wird nach nur 47 Jahren abgerissen
Weil die Dächer defekt sind und die Leitungen marode, soll das Gemeindezentrum mitsamt einer Kita neu gebaut werden.
Düsseldorf. Die Kirche St. Anna, Niederkasseler Straße, soll nur 47 Jahre nach ihrer Weihe abgerissen werden. Dies erklärt Pfarrer Michael Dederichs auf Nachfrage. Das Gerücht kursierte schon seit Monaten. In einem Schreiben des Kirchenvorstands und der Vorsitzenden des Pfarrgemeinderats hieß es allerdings noch vor wenigen Tagen verklausuliert: „Es wird auch weiterhin ein der heiligen Mutter Anna geweihtes Gotteshaus geben.“
Die Argumente, die zum Abriss führen, sind nicht ganz eindeutig. Als erster Grund wird der Priestermangel genannt. Gab es 1998 im linksrheinischen Düsseldorf noch sechs selbstständige Pfarreien mit fast 15 000 Katholiken und fünf Priestern, ist es jetzt nur noch eine fusionierte Pfarrei mit 12 500 Katholiken, zwei Priestern und zwei Subsidiaren im Alter von 82 und 80 Jahren.
Als zweiter Grund für den Abriss wird die „sehr schlechte“ Bausubstanz genannt. Alle Dächer seien undicht und müssten “kernsaniert“ werden. Der Kirchvorplatz entwässere bei starkem Regen nicht. Die Leitungen zur Kirchenheizung seien nicht isoliert, wodurch sehr hohe Heizkosten entstünden. Die Kirche sei seit ihrer Erbauung im Jahr 1968 „immer ein Sanierungsfall“ gewesen. Was eine Sanierung kosten würde, wird nicht genannt.
Kirchenvorstand und Pfarrgemeinderatsvorsitzende plädieren für eine Neugestaltung des Areals. Nur so könne man die Kita von zwei auf drei Züge aufstocken. Andernfalls müsste sie „ersatzlos geschlossen“ werden.
Das Grundstück bleibt im Besitz der linksrheinischen Pfarre. Die Gemeinde hatte es 1962 erworben. 1965 lagen die Pläne für einen Gemeindekomplex mit Kirche, Kita, Pfarrhaus, Wohnungen für Küster und Organisten sowie einer Bücherei und einem Jugend- und Pfarrheim vor und wurden in mehreren Bauabschnitten 1967 bis 1978 fertiggestellt. Die alte St.-Anna-Kirche an der Oberkasseler Straße wurde 1969 niedergelegt.
Das Gemeindezentrum ist ein Werk des bekannten Architekten Nikolaus Rosiny (1926 bis 2011). Für die katholische Kirche war es das erste Mal, dass ein so komplexes Ensemble an einem Standort in Düsseldorf errichtet wurde. Die evangelische Auferstehungskirche hatte dies ein halbes Jahrhundert zuvor schon praktiziert.
Rosiny erhielt 1962 den Förderpreis des Landes NRW, wurde 1963 in den Beirat für Baugestaltungsfragen der Stadt Köln gewählt, vertrat seit 1965 den Bund Deutscher Architekten und war 1971 bis 1973 Vizepräsident der Bundesarchitektenkammer.
Noch ungeklärt ist die Frage des Urheberrechts. Pfarrer Dederichs erwähnt es ebenso wenig wie ein Gespräch mit dem Architektensohn Thomas Rosiny. Der würde ihm vermutlich klar machen, dass man ein so beispielhaftes Gebäude nicht abreißt, sondern saniert. Da das Gebäude nicht unter Denkmalschutz steht, ist ein Abriss allerdings möglich.