Kampf gegen Gewaltexzesse Verbot für Alkoholkonsum in der Düsseldorfer Altstadt? Das sagt OB Keller dazu
Düsseldorf · Vor allem an Wochenenden hat sich die Düsseldorfer Altstadt im Rausch von Alkohol und Aggressionen oft als gefährliches Pflaster erwiesen. Stadt und Polizei halten dagegen. Was OB Keller zu einem Verbot für Alkoholkonsum sagt.
Mehr Streifen, mehr Straßensozialarbeit, mehr Licht - ein Sicherheitspaket hat Gewaltexzesse in der Düsseldorfer Altstadt aus Sicht der Verantwortlichen zurückgedrängt. „Das haben wir geschafft“, sagte Oberbürgermeister Stephan Keller (CDU) am Dienstag zum Abschluss des Projekts „Sicherheit in der Düsseldorfer Innenstadt“ (SIDI), das vor 18 Monaten gestartet war.
Auch NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) bilanzierte: „Es ist ruhiger geworden.“ Vorläufige Zahlen zeigten, dass die Polizei in Düsseldorf in diesem Sommer weniger mit Gewalt, unübersichtlichen Gemengelagen und herausragenden Delikten zu tun gehabt habe als im Sommer 2022.
Kriminalitätsentwicklung: Im dritten Quartal 2023 sind demnach 68 einschlägige Straftaten an Wochenenden in der Altstadt verzeichnet worden. Dazu zählten Körperverletzung im öffentlichen Raum, Sexualdelikte und Raub. Im dritten Quartal 2022 sind es laut Reul 93 einschlägige Straftaten gewesen - beinahe 30 Prozent mehr. Eine endgültige Auswertung könne allerdings erst im Februar geliefert werden. In den vergangenen Jahren waren die Altstadt und die Rheinuferpromenade immer wieder Schauplätze blutiger Randale unter meist jungen Leuten, die teils tödlich endete und manchmal Zufallsopfer in der beliebten Ausgehmeile der Landeshauptstadt traf.
Waffen: Düsseldorf hat, ebenso wie Köln, eine Waffenverbotszone in der Altstadt. Seit über einem Jahr kontrolliert das Polizeipräsidium Düsseldorf regelmäßig an Wochenenden mit großem Personaleinsatz. Bereits viermal schlugen die Einheiten mit mehr als 11 000 Personenkontrollen in einer Nacht zu und stellten mehrere Hundert Waffen sicher.
Messerverbot: Forderungen nach einem generellen Messer-Verbot sieht der Innenminister skeptisch. „Ein Verbot ohne Kontrolle macht keinen Sinn“, gibt er zu bedenken. Daher favorisiere er derzeit konzentrierte Kontrolleinsätze, die es auch schon in Bielefeld und Bonn gegeben habe. In diesem Jahr habe es in Düsseldorf noch keinen tödlichen Messerangriff oder herausragenden Vorfall in der Altstadt gegeben, sagte der Leiter des SIDI-Projekts und frühere Polizeidirektor Harald Wilke. Dass Schlagzeilen aus Düsseldorf inzwischen eher die Mäuse-Plage in der Altstadt thematisierten, freue ihn fast.
Alkoholverbot: Düsseldorfs Oberbürgermeister hätte zwar Sympathien für ein Alkoholkonsum und -verkaufsverbot auf öffentlichen Plätzen der Innenstadt, hält es aber für juristisch nicht durchsetzbar. Ob ein Urteil des Oberverwaltungsgerichts zum Brüsseler Platz in Köln eine neue Rechtsgrundlage liefere, sei noch zu prüfen, sagte Keller. „Es nutzt nichts, Verbote auszusprechen, die wir entweder nicht kontrollieren können oder die juristisch keinen Bestand haben.“
Kioske: In den vergangenen Jahren sind Kioske in der Altstadt quasi wie Pilze aus dem Boden geschossen - mit der Möglichkeit, sich überall mit Alkohol einzudecken. Eine Möglichkeit, dies einzudämmen, sehe er mit Blick auf die Gewerbefreiheit allerdings nicht, sagte Keller. „Da wird auch vieles gemacht, was über den bloßen Verkauf von Konsumgütern hinausgeht“, räumte das Stadtoberhaupt ein. Die Behörden könnten aber nur anlassbezogen kontrollieren, ergänzte Reul.
Doppelstreifen: Sehr bewährt haben sich aus Sicht aller Beteiligten „Doppelstreifen“, bei denen insgesamt vier Leute von Polizei und Ordnungsamt unterwegs sind. „Das bringt mehr Leute auf die Straße“, sagte Reul. Je nach Lage, könnten Polizisten oder Mitarbeiter des Ordnungsamts direkt eingreifen. „Das beschleunigt und vereinfacht.“ Eine gemeinsame Anlaufstelle direkt am Rheinufer, wo die gemeinsamen Streifen starten, habe die Zusammenarbeit ebenfalls verstärkt.
Licht: „In den Abend- und Nachstunden wurde gerade das Rheinufer von vielen Bürgerinnen und Bürgern als Angstraum wahrgenommen“, berichtete die kommissarische Leiterin des Polizeipräsidiums Düsseldorf, Silke Wehmhörner. Mit 15 Einzelmaßnahmen hat die Stadt daher die Beleuchtung in der Innenstadt verbessert. Herausragend ist der Austausch der 86 Kugelleuchten am Rheinufer. Künftig kann die Polizei deren Helligkeit im Bedarfsfall erhöhen, „um die Arbeit der Einsatzkräfte zu erleichtern und Störer und Straftäter aus der Anonymität der Dunkelheit zu holen“, heißt es in der Abschlussbilanz.
Straßensozialarbeit: Ein weiterer Baustein des Deeskalationskonzepts ist die Intensivierung aufsuchender Straßensozialarbeit. Während des Projekts sind den Angaben zufolge 2600 Kontakte zu Einzelpersonen oder Akteuren der Jugendhilfe verzeichnet worden; rund 40 Personen hätten weiterführende Hilfen und Beratung in Anspruch genommen.
Altstadt-Runde: Die Vernetzung aller Akteure und der regelmäßige Austausch aller, die mit der Sicherheit in der Altstadt zu tun haben, ist aus Sicht der Projektpartner der größte Gewinn. Die „Altstadt-Runde“, die jeden Montagmorgen zusammenkomme, um Erfahrungen des vorangegangenen Wochenendes auszutauschen, bleibe erhalten, versicherte Ordnungsdezernentin Britta Zur. „In dieser Lagebesprechung treffen sich wirklich alle: die Polizei, die Stadt, die Gastronomen und auch die Altstadt-Gemeinschaft.“
Vorbild: Auch für andere Städte könne das Düsseldorfer Maßnahmenpaket Beispiele liefern, sagte Reul. Allerdings habe er jetzt nicht den Plan, das Modell auf alle Großstädte in NRW zu übertragen. „Wenn die Erkenntnisse passen, können sie übernommen werden.“ In Düsseldorf habe es jedenfalls sehr viele positive Rückmeldungen von Anwohnern, Gastronomen, Gewerbetreibenden und Gästen der Stadt gegeben, sagte Keller.