Zur Entlastung des Rettungsdienstes Feuerwehr testet Akut-Transporte und Altstadt-Sanitäter

Düsseldorf · Jedes Jahr steigt die Zahl der Notrufe beim Rettungsdienst. Um die Einsatzkräfte zu entlasten, erprobt die Feuerwehr ein neues System.

Es kann dauern, bis es Rettungswagen zu einer verletzten Person in die Gassen der Altstadt schaffen. Die Feuerwehr hat darum erstmals einen Sanitätsdienst getestet, der zu Fuß unterwegs ist.

Foto: Döring, Olaf (od)

Die Belastung des Rettungsdienstes wächst von Jahr zu Jahr – darum sucht die Feuerwehr in Düsseldorf neue Wege, um die Einsatzkräfte und die Rettungswagen zu entlasten. So könnten künftig Akut-Krankentransporte und Altstadt-Sanitäter zur Regel werden. Beides wird derzeit getestet.

Grund ist die steigende Zahl an Anrufen in der Leitstelle, an Alarmierungen und an Notfall-Einsätzen, die nicht immer lebensgefährlich sind. Fast 149 000 Mal wurde der Rettungsdienst in Düsseldorf im vergangenen Jahr alarmiert – 10 000 Mal häufiger als noch im Corona-Jahr 2021. Bei zwei von drei Fällen handelte es sich um vermutete Notfälle. Alles andere waren reine Krankentransporte.

Die Ursachen für den Anstieg sind vielfältig, sagt Feuerwehrdezernent Christian Zaum. Düsseldorf wachse stetig, es gebe also schlicht mehr Menschen in der Stadt. Zudem altere die Gesellschaft und Senioren seien häufiger auf medizinische Hilfe angewiesen. Hinzu komme, dass in vielen Großstädten die Sozialstruktur bei älteren Leuten wegbreche – die Verwandten leben nicht in der Nähe, der langjährige Hausarzt ist in Rente. Wer dann Hilfe benötige, wisse sich mitunter nicht anders zu helfen, als die 112 zu wählen – auch bei kleineren Beschwerden.

Dabei soll der Notruf eine Nummer für lebensbedrohliche Situationen sein, zum Beispiel Atemnot, Blutungen, allergische Schocks oder Stechen in der Brust. Es gibt zwar eine Alternative für nicht lebensgefährliche Beschwerden – den ärztlichen Bereitschaftsdienst unter der Nummer 116 117. Der sei aber noch immer viel zu unbekannt, sagt Zaum. Dieser Dienst bietet medizinische Hilfe, wenn die Arztpraxen zu sind, etwa bei hohem Fieber, starken Kopfschmerzen oder akuten Harnwegsinfekten. Dass viele Menschen dennoch den Notruf wählen, sei mitunter auch reine Bequemlichkeit, sagt Dezernent Zaum. „Wir beobachten in einigen Fällen eine To-Go-Mentalität. So wie man sich die Pizza bestellt, soll dann auch ein Rettungswagen kommen.“

Bei leichtem Knochenbruch wird der Rettungswagen losgeschickt

Die vielen nicht lebensbedrohlichen Notfälle belasten den Rettungsdienst ungemein. Bei einem Alarm fahren die Einsatzkräfte in der Regel mit einem Rettungswagen raus. Auch wenn die Disponenten in der Feuerwehr-Leitstelle schon am Telefon erfragen können, dass niemand in Lebensgefahr schwebt, zum Beispiel bei einem leichten Knochenbruch – ihnen bleibt oftmals nichts anderes übrig, als einen Rettungswagen loszuschicken. Denn die Krankenwagen, die für Transporte in Kliniken ausgelegt sind, sind oftmals fest verplant und nicht verfügbar. „Also müssen die Rettungswagen raus. Die fehlen dann aber im schlimmsten Fall an anderer Stelle, wo wirklich Lebensgefahr besteht“, sagt Carsten Hahn, stellvertretender Leiter der Feuerwehr.

Die Feuerwehr testet darum gerade einen sogenannten Akut-Transportwagen. Dieses Fahrzeug soll immer dann zum Einsatz kommen, wenn eine Lebensgefahr ausgeschlossen werden kann, aber möglicherweise ein Transport in eine Klinik nötig ist. Anders als im Rettungswagen sollen die Akut-Transportwagen nicht mit Notfallsanitätern, sondern mit Rettungssanitätern besetzt sein. Diese sind für die Krankenbeförderung und die erste Versorgung der Patienten ausgebildet.

Zudem hat die Feuerwehr im vergangenen Jahr erstmals einen Sanitätsdienst in der Düsseldorfer Altstadt erprobt. Vom Rathaus aus zogen die Teams aus Notfall- und Rettungssanitätern dann zu Fuß zu Alarmierungen los – in den Altstadt-Gassen sind sie so deutlich schneller als mit einem Einsatzfahrzeug.

Ein Großteil der Rettungswagen-Einsätze in der Altstadt ist dadurch an diesen Abenden weggefallen. Das habe sich bewährt, sagt Tobias Schülpen, Sprecher der Feuerwehr, und solle in diesem Sommer wiederholt werden.

Ob und in welchem Umfang die Akut-Krankentransporte künftig eingesetzt werden, ist noch offen. In diesem Jahr soll das Land NRW ein neues Rettungsgesetz verabschieden. Erst dann sei klar, wie die Rahmenbedingungen aussehen, sagt Dezernent Christian Zaum.

Auch in anderen Bereichen verzeichnet die Feuerwehr steigende Zahlen, allen voran: Brände. Fast 4300 Mal rückten die Einsatzkräfte zur Brandbekämpfung aus (2022: 3981 Einsätze). In den meisten Fällen – 1360 Mal – waren es Wohnungsbrände, fast 600 Mal konnten Rauchmelder die Anwohner schon früh warnen und einen größeren Brand verhindern.

23 Großbrände mussten die Feuerwehrleute im vergangenen Jahr bekämpfen (2022: 19). So rückten die Feuerwehrleute einen Tag vor Heiligabend zu einem Feuer an der Industriestraße in Oberbilk aus. Ein Mülleimer im Durchgang zum Innenhof brannte, die Flammen schlugen schnell auf das Wohnhaus über. Die Feuerwehr rettete 30 Menschen über Drehleitern. Zwei Frauen starben bei dem verheerenden Brand am 23. Dezember, 22 Anwohnerinnen und Anwohner wurden verletzt.

Fast 7400 Mal rückte die Feuerwehr zudem zu technischen Hilfsleistungen aus. In 2500 Fällen retteten sie Menschen aus Notlagen, fast 1800 Mal Tiere. Die Zahl der Wasser- und Sturmschäden war mit knapp 1000 Einsätzen vergleichsweise klein – zwei Jahre zuvor hatte ein Hochwasser in Düsseldorf für rund 3400 Einsätze gesorgt.