Jubiläumsfeier in Düsseldorf „Genießen ist das neue Feiern“ – so hat sich das Stahlwerk gewandelt

Düsseldorf · Seit drei Jahrzehnten organisiert Stefan Prill Veranstaltungen im Stahlwerk. Sein Konzept hat sich mittlerweile gewandelt.

Das Team des Stahlwerks setzt vermehrt auf Kulinarik. Einige Partys finden aber trotzdem noch statt, hier die „Jeck op Fortuna Party“.

Foto: Anne Orthen (orth)

Die Zeiten haben sich geändert. Auch das Feiern ist ein anderes als noch vor drei Jahrzehnten. Das sagt Stefan Prill, der seit 30 Jahren als Geschäftsführer das Stahlwerk an der Ronsdorfer Straße leitet. Zum Jubiläum gibt es am 14. September eine Feier (siehe Infokasten). Die Zeiten der zahlreichen großen Partys seien aber vorbei. „Leider“, fügt der 56-Jährige hinzu.

Doch wo sich eine Tür schließt, öffnet sich eine neue. Für Prill und das Stahlwerk ging sie für die Kulinarik auf. Weinfeste, Foodtruck-Events, Tapas und Barbecue-Festivals bestimmen immer mehr den Kalender im Stahlwerk. Das heißt allerdings nicht, dass es überhaupt keine Konzerte und Partys mehr im Stahlwerk gibt. Halloween, Silvester und Tanz in den Mai sind da nur einige Stichwort. Und diese Partys versprechen immer ein volles Haus.

Dabei war die erste Veranstaltung im Stahlwerk ein Flop. Ort war das seit der Wende 1989 leer stehende Gebäude der Mannesmann-Röhrenwerke an der Ronsdorfer Straße 134. Für Prill, geboren und aufgewachsen in Düsseldorf, sollte es eine Hommage an die Musikgruppe sein, die er am meisten verehrte: Kraftwerk. Noch heute mag Prill elektronische, minimalistische Musik. Und die Ronsdorfer Straße 134 war dafür in seinen Augen genau die richtige Event-Location: Keine direkten Nachbarn, die Haltestelle der U 75 in unmittelbarer Nähe.

Und so organisierte der damals 26-Jährige an zwei Abenden eine Party. Rund 400 Leute waren gekommen, hauptsächlich Bekannte. Doch aus der Veranstaltung wurde ein Desaster. Denn die Gäste kamen erst spät. Sehr spät. Richtig voll wurde es gegen 4 Uhr am Morgen, als im Club „Tor 3“ eine andere Musikveranstaltung zu Ende ging. Brauereichef Peter Frankenheim, der die Veranstaltung unterstützte, tröstete damals. „Schwere Geburten werden die schönsten Kinder“, sagte er.

Heute kann Prill darüber lachen und weiß, dass Frankenheim recht hatte. Doch damals war ihm ganz anders zumute. Denn was als Hommage an seine damalige Lieblingsband gedacht war, entwickelte sich für ihn zum Albtraum.

Hommage an die Lieblingsband entwickelte sich zum Albtraum

Prill bekam einstweilige Verfügungen. Die Band verlangte, dass er den Namen „Kraftwerk“ nicht mehr benutzen durfte. „Ich glaube, ich war der Grund, warum Kraftwerk sich den Namen hat schützen lassen“, so Prill. Es folgte ein „jetzt erst recht!“ – ohne den Namen Kraftwerk. Seitdem hat sich die Location in Lierenfeld zu einem großen Gemischtwarenladen entwickelt. Zunächst stand Rockmusik im Vordergrund, anfangs nur vom Band, mit Disc-Jockeys. Das erste Livekonzert gab 1993 ausgerechnet eine Kölner Band: Jürgen Zeltinger, kölsches Urgestein, rockte das Stahlwerk.

Ob Comedian Atze Schröder (vor nur rund 20 Besuchern), Dieter Nuhr oder Kabarettist Herbert Knebel, sie alle traten an der Ronsdorfer Straße auf. Comedy war ein Experiment. Und es funktionierte. Klein- und Großveranstaltungen sind möglich, weil das Stahlwerk über drei voneinander unabhängige Bereiche (Halle, Club, Café) verfügt, die je nach Veranstaltungsgröße eingesetzt werden.

Die Werkhalle mit rund 850 Quadratmetern ist die größte und für Großveranstaltungen vorgesehen. Pionier in Sachen Karneval ist die KG Regenbogen. Seit 17 Jahren steigt ihre Sitzungsparty im Stahlwerk. Und dann ist die Bude immer voll, der Laden ausverkauft.

Aber es geht auch ganz gesittet, ja man könnte fast sagen vornehm zu. Dann, wenn in einer der Hallen das traditionelle Gänseessen steigt. Brust oder Keule, Wein oder Bier und jede Menge Beilagen. Dazu ein festlich gestalteter Raum in der Fabrikhalle mit einer noch festlichen gestalteten Tafel und jeder Menge Kronleuchter und Kerzen.

Stefan Prill war zur Gänsezeit Stammgast bei Möhker, und als er erfuhr, dass das Brauhaus schließt, entschloss er sich kurzfristig, das Essen in einer Halle des Stahlwerks auszurichten. Er wurde belächelt, hatte aber innerhalb von zwei Tagen 600 Plätze verkauft. Aus anfangs zwei Abendveranstaltungen sind inzwischen mehrere Termine im November geworden. In diesem Jahr gibt es diese zum zehnten Mal – vom 8. bis 24. November.

Apropos Essen: Für Prill ist es das neue Feiern. Vor elf Jahren startete das Stahlwerk mit einem Streetfood-Festival an zwei Tagen ein Experiment. Und es kamen 16 000 Gäste. „Damit hatten wir nicht gerechnet.“ Doch aus dieser Erfahrung hat der Stahlwerk-Chef gelernt: Essen geht immer. Seitdem gibt es jeden ersten Donnerstag im Monat, zwölf Mal im Jahr den sogenannten Street-Food-Thursday nach dem Vorbild von London, Stockholm, New York oder San Francisco. Zehn bis 20 Aussteller kommen und bieten ihre Leckereien an – aus Ghana, Mexiko oder Indonesien. Und dass bei Wind und Wetter, denn das Street-Food-Festival findet dank der Lokalitäten drinnen und draußen statt. Das Stahlwerk hat sich gewandelt, es gibt weniger Konzerte, und Stefan Prill setzt auf die Kulinarik. Gewagt hat er immer wieder etwas, das sich dann wie von selbst weiterentwickelte. So beispielsweise das Weinfest, das mittlerweile fast schon eine Traditionsveranstaltung ist. 25 Winzer nahmen am zweiten Weinfest Ende Mai teil. „Genießen ist das neue Feiern“, sagt Prill und hat schon wieder neue Ideen. Doch Livemusik steht auch auf dem Programm: Als nächstes von der Kölner Band Brings. Die tritt gleich zwei Mal im Oktober auf (Tickets unter eventim.de).