Heine-Gesellschaft Trotz Rente: Ein echter Abschied ist das nicht
Düsseldorf · In den Dichter verliebt hat sie sich schon im Studium: Seit über zwanzig Jahren leitet Karin Füllner die Programmabteilung des Heinrich-Heine-Institutes. Ende Oktober geht sie offiziell in Rente. Ans Aufhören denkt die Germanistin jedoch noch lange nicht.
„Man schreibt nicht so ausführlich, wenn man den Abschied gibt“, so lautet ein Zitat des Dichters Heinrich Heine. Es stammt aus dem Gedicht „Der Brief, den du geschrieben...“ Themen sind die Liebe, der Abschied und das Schreiben. Und sie passen, wenn nicht direkt auf den ersten, so doch auf den zweiten Blick genau zu Karin Füllner. Ende des Monats geht die Programmleiterin des Heinrich-Heine-Instituts nach 21 Jahren in Rente.
Wie viele Ausstellungen es wohl gewesen sind? Wie viele Vorträge? Wie viele Artikel? Karin Füllner lacht und überlegt. Es sind allesamt sehr viele gewesen. Arbeit war und ist es für sie nicht. Ende Oktober: Der Termin rückt langsam immer näher. Und nun häufen sich die ungewohnten und neuen Situationen, die vorerst den Stempel „zum letzten Mal“ tragen: eine letzte Begrüßung hier, eine letzte offizielle Moderation dort. Merklich wird aus der Zahl auf dem Papier Realität.
Der Düsseldorfer Dichter hat es der Kielerin gleich angetan
Die Liebe zum Düsseldorfer Dichter entbrennt schon während des Studiums und sie hält bis heute (ohne Unterbrechung und Krise) an: Die Kielerin studiert an der Heinrich-Heine-Universität Germanistik und Romanistik, promoviert 1983 zwar über den Dadaisten Richard Huelsenbeck, aber Heine hat es ihr angetan. Von der Uni geht es direkt ins Institut: Dreizehn Jahre lang arbeitet Karin Füllner an der Düsseldorfer Heinrich-Heine-Gesamtausgabe mit. Ihr Mann, Bernd Füllner, forscht ebenfalls mit. Beide arbeiten in Teilzeit. So können sie Beruf und Familienleben mit ihren Söhnen Niklas und Jonas unter einen Hut bringen.
Mit gutem Essen und Sekt wird Literatur erfahrbar
Dreizehn Jahre: Ein Mammutwerk ist fertig. Danach wird Karin Füllner Programmleiterin im Heine-Institut. Dort will sie die Düsseldorfer mit dem Dichter verzaubern, ihn lebendig werden lassen. Und womit wird Literatur in ihren Augen erfahrbar? Mit leckerem Essen und einem Glas Sekt. So war 1998 die Idee zu „Text & Ton“ geboren, einer Veranstaltung, bei der die Besucher frühstücken und dabei den Rezitationen von Schauspielern lauschen. Bis heute ist das literarische Frühstück beliebt und findet noch drei Mal im Jahr statt.
Ist Heine ihr in all der Zeit nicht mal langweilig geworden, auf den Geist gegangen, hat sie genervt? Karin Füllner lacht wieder. Dieses Mal kommt die Antwort sofort und ohne zu zögern. „Nein, nie! Heine wird einem nie leid. Seine witzigen und spannenden Thesen sind immer aktuell.“
Und seine Aktualität entdecke sie jedes Mal aufs Neue. Wenn sie, wie am vergangenen Wochenende, mit ihrem Mann in Kooperation mit dem Maison Heinrich Heine aus Paris in Frankreichs Hauptstadt einen „literarischen Heinespaziergang“ unternimmt. Über 50 dieser Spaziergänge, die für die Germanistin wie ein „Flirt zwischen dem 19 und 21 Jahrhundert“ anmuten, hat Karin Füllner bereits unternommen und doch findet sie jedes Mal eine andere Facette an dem Dichter, dessen Grab auf dem Cimetière Montmartre liegt, der die Endstation der Wanderung bildet.
Erste Termine, die nach dem 31. Oktober sind, stehen jetzt schon fest. Fest steht außerdem: Karin Füllner bleibt ehrenamtliche Geschäftsführerin der Heinrich-Heine-Gesellschaft. „Ich bin offen für das, was kommt“, sagt sie und lacht. Das glaubt man ihr sofort, weil da ja noch ein Lehrauftrag an der Heine-Uni ist und das Seminar für Senioren „Heine um 11“. Oder der Vorsitz des Benrather Kulturkreises oder, oder. Es sieht also ganz danach aus, dass man Karin Füllner auch in ihrem Ruhestand noch oft im Heine-Haus antreffen wird und wer weiß, wo noch. Wie war das noch mit dem Anfang und dem Zauber? Ist zwar nicht von Heine, sondern Hesse, passt aber auch sehr gut.