Drogenhilfe in Düsseldorf Größerer Drogenkonsumraum soll für Entlastung am Worringer Platz sorgen
Düsseldorf · Die Drogenhilfe hat angebaut – nun gibt es 17 statt zehn Plätze für geschützten Drogenkonsum. Der Bedarf ist offenbar groß, der neue Raum ist bereits stark frequentiert. Das könnte auch für Entlastung am Worringer Platz sorgen.
Der Drogenkonsumraum an der Erkrather Straße ist gewachsen – und damit auch die Kapazität für Drogenabhängige. Zehn Plätze gab es dort zuletzt für den geschützten Drogenkonsum, nun sind es 17. „Wir hatten regelmäßig Warteschlangen vor der Tür und mussten Menschen abweisen“, sagt Michael Harbaum, Leiter der Düsseldorfer Drogenhilfe. Eine Vergrößerung sei darum dringend notwendig gewesen. Andernfalls hätte die Drogenhilfe langfristig einen Teil der Suchtkranken aus dem Hilfesystem verloren, das der Verein anbietet. Kurzfristig führten fehlende Kapazitäten zu mehr offenem Drogenkonsum. Menschen, die schwer abhängig sind, hätten nicht die Zeit, zu warten, sagt Michael Harbaum – sie mussten also zum Konsumieren an andere Orte ausweichen. Und wer kein eigenes Zuhause hat, geht auf die Straße.
Genau das führt am benachbarten Worringer Platz und dem gesamten Bahnhofsumfeld immer wieder zu Problemen. Insbesondere der Platz gilt als Treffpunkt für unterschiedliche Gruppen von Abhängigen, die dort auf wenigen Quadratmetern zusammenkommen. Durch den beengten Raum kommt es immer wieder zu Auseinandersetzungen unter den Gruppen, Anwohner und Geschäftsleute beschweren sich seit langer Zeit über die Zustände, über den offenen Drogenkonsum, über Spritzen und Fäkalien in Hauseingängen. Die Situation hat sich zugespitzt, als der Betreiber einer Pizzeria einen Zaun aufstellte, um seine Terrasse vom Rest des Platzes abzugrenzen – und die Szene noch enger zusammenrücken musste.
Michael Harbaum stellt klar: „Man muss unterscheiden zwischen dem, was die Drogenhilfe macht, und dem, was am Worringer Platz passiert.“ Dennoch: Auch der Leiter des Vereins hofft auf eine Entlastung auf dem Platz durch den größeren Drogenkonsumraum. Dieser befindet sich im Innenhof des Vereins an der Erkrather Straße. Um mehr Raum zu gewinnen, wurde eine Wand versetzt. Hier bekommen Suchtkranke saubere Spritzen oder andere Utensilien und können in einem sicheren Raum konsumieren. Der Raum ist verglast und verspiegelt, die Mitarbeiter der Drogenhilfe können so genau sehen, was die Menschen tun – und vor allem bei Notfällen eingreifen. Etwa alle zwei Wochen komme es vor, dass jemand überdosiere und ärztliche Hilfe brauche, sagt Michael Harbaum.
Der Andrang im erweiterten Drogenkonsumraum ist groß
Bis man eine Bilanz ziehen könne, brauche es noch Zeit, so Harbaum. Der neue Raum hat erst seit Mitte Dezember geöffnet. Doch der Andrang ist offenbar groß, am ersten Tag wurden die Plätze gleich 300 Mal genutzt. Mehr als 70 000 Konsumvorgänge zählt der Verein jedes Jahr. „Jeder Konsum, der hier im Raum passiert, findet nicht auf offener Straße statt“, sagt Harbaum. „Besser wäre aber natürlich, wenn es uns gar nicht geben müsste.“
Der Drogenkonsumraum ist nun in zwei Bereiche getrennt: Es gibt neun Plätze für inhalativen und acht für intravenösen Konsum. Die einen unterhalten sich viel, die anderen wollen mehr Ruhe, sagt Harbaum. Das entspricht auch dem veränderten Konsumverhalten. Drogen, die inhaliert werden, seien auf dem Vormarsch. So werde etwa Heroin mittlerweile vermehrt geraucht statt gespritzt, sagt Harbaum. Die Gefahr von Infektionen und Überdosierungen sei dabei geringer.
Doch auch Kokain werde immer häufiger geraucht – angereichert mit Natron oder Ammoniaksäure wird es zu Crack, einer Droge mit besonders schneller und harter Wirkung. Ob die Drogenhilfe diese Abhängigen erreicht, sei noch zweifelhaft, sagt Harbaum. Denn vor allem Crack-Abhängige teilen sich oftmals eine Pfeife. Das Teilen von Substanzen ist in Drogenkonsumräumen aber verboten. Um diesen Konflikt aufzulösen, bräuchte es eine Gesetzesänderung, die die Zugangsbedingungen für die Konsumräume anpasst, sagt Harbaum.
Vor allem aber fehle es an Rückzugsräumen für Drogenabhängige, sagt der Leiter der Drogenhilfe. Der Hauptbahnhof sei – wie in vielen anderen Städten auch – ein Anzugspunkt für Menschen mit einer schweren Abhängigkeit. Doch im Umfeld fehlen Aufenthaltsräume, sagt Harbaum. Der Immermannhof etwa sei seit dem Umbau weggefallen – dort gebe es keine Bänke mehr, keine Bäume, die im Sommer Schatten spenden. Dort halte sich niemand mehr auf, auch nicht Menschen ohne Suchterkrankung.
Die Stadtverwaltung prüft derzeit alternative Treffpunkte, um die Situation am Worringer Platz zu entspannen. Beteiligt ist an dem Prozess auch ein runder Tisch mit Vertretern der Stadt, Politik, Polizei sowie Anwohner und Händler. An vier Terminen und bei einem Rundgang haben sich die Beteiligten mit alternativen Orten befasst. Es seien bereits welche gefunden worden, heißt es von der Stadt. Um welche Räume oder Plätze es sich dabei handelt, ist bislang nicht bekannt. Inwiefern es möglich ist, die Menschen dorthin umzusiedeln, prüfe die Verwaltung derzeit, heißt es.
Auch ein weiterer Drogenkonsumraum in Bahnhofsnähe war bereits im Gespräch. Der Angst von Anwohnern und Geschäftstreibenden, das Angebot könne noch mehr Drogenabhängige anziehen, widerspricht Michael Harbaum. Es gebe keine Hinweise darauf, dass die Gruppen am Worringer Platz größer geworden seien, sie seien aber aufgrund fehlender Aufenthaltsräume sichtbarer geworden. „Drogenkonsumräume haben keine Sogwirkung“, sagt er. „Die Suchtkranken kommen nicht, die sind schon da.“