Bahnhofsviertel in Düsseldorf Politiker wollen Drogenszene entzerren

Düsseldorf · Der Worringer Platz sorgt als Szene-Treffpunkt für viele Konflikte. Nun könnten die Gruppen auf verschiedene Plätze verteilt werden. Die FDP sieht in Bremen ein gutes Vorbild.

Ein Zaun, den ein Gastronom um seine Pizzeria aufgebaut hat, hat den Platzmangel auf dem Worringer Platz erhöht.

Foto: Verena Kensbock

Die Politik unternimmt einen neuen Anlauf, um die Situation am Worringer Platz zu entschärfen – und denkt über eine Entzerrung der Szene auf mehrere Plätze nach. Eine entsprechende „Arbeitsgruppe Dezentralisierung“ ist eingerichtet, Gespräche unter anderem mit den Bezirksbürgermeistern der innerstädtischen Bezirke 1 bis 3 laufen. Ein Auslöser war ein Papier des Drogenhilfe-Leiters Michael Harbaum. Die Hoffnung ist, dass es dadurch zu weniger Konflikten kommt als auf dem engen Platz in der Nähe des Hauptbahnhofs – zum Vorteil für die Betroffenen, aber auch für die Anwohner und Gewerbetreibenden.

Die FDP bringt das Thema am Donnerstag mit einem eigenen Ansatz in den Stadtrat: Die Liberalen verweisen auf ein Projekt in Bremen. Dort wurden drei von vier Szene-Gruppen in unterschiedlichen Stadtteilen erfolgreich an andere Orte umgesiedelt, wo sie toleriert werden und es zu weniger Konflikten mit Anwohnern und Passanten kommt. „Wir wollen niemanden vertreiben“, sagt FDP-Ratsfrau Christine Rachner. „Aber Bremen hat gezeigt, dass eine Entzerrung funktionieren kann.“

Die Verlegung der Drogenszene in Bremen wurde von einer Studie der dortigen Universität begleitet. Der Studie zufolge wurden vier sogenannte Toleranzzonen in der Nähe der üblichen Treffpunkte eingerichtet. In allen Fällen waren Hütten als Aufenthaltsräume vorhanden oder wurden aufgestellt, ebenso wurden mobile Toiletten eingerichtet. Die Umsiedelung geschah unter Begleitung von Sozialarbeitern, die an den neuen Treffpunkten regelmäßig Kaffee und Essen anbieten. Auch die Polizei wurde einbezogen: Sie hat etwa in den Toleranzzonen weniger Kontrollen durchgeführt.

So wurde in Bremen eine Gruppe von einem Marktplatz in den öffentlichen Garten einer Kirche verlegt, eine andere von einem Straßenbahndepot auf eine Grünfläche auf der anderen Straßenseite. Der Studie zufolge haben Beschwerden von Anwohnern abgenommen, die Abhängigen nehmen die Plätze an und halten sie selbst sauber.

Michael Harbaum von der Drogenhilfe begrüßt die Diskussion. „Eine komplette Verlegung ist nicht unser Anliegen. Aber wir brauchen zusätzliche Plätze“, sagt er. Der Worringer Platz sei für die Menge an Menschen, die sich dort aufhält, nicht geeignet. Der Zaun, den ein Gastronom um seine Pizzeria aufgebaut hat, habe zusätzlichen Druck erzeugt. Darum brauche es zusätzliche Anlaufstellen in direkter Nähe des Hauptbahnhofes. Harbaum betont, dass alle Beteiligten ein Interesse an einer Lösung hätten, auch die Drogenszene. „Uns muss aber klar sein, dass wir dafür einen langen Atem brauchen.“ Das zeige auch die Bremer Studie.

Politik und Behörden suchen seit Längerem den richtigen Umgang mit der Drogenszene. Seit vier Jahren, so beklagen Anwohner und Gewerbetreibende, hat sich die nie einfache Lage auf dem Worringer Platz zugespitzt. Erheblich mehr Drogenabhängige als früher treffen sich auf dem dreieckigen Areal, auf dem auch eine Bahn- und Bushaltestelle liegen. Es wird offen gedealt und gespritzt. In den Hauseingängen liegen Fäkalien, in der Toilette werden Spritzen zurückgelassen. Auch kommt es immer wieder zu gewalttätigen Konflikten. Als eine Ursache gilt, dass die Szene von anderen Treffpunkten bewusst vertrieben wurde, etwa den Immermannhöfen an der Friedrich-Ebert-Straße.

Bezirksbürgermeisterin Annette Klinke (Grüne) verweist darauf, dass man auch andere heutige Treffpunkte wie den Mintropplatz oder den Lessingplatz in die Betrachtung einbeziehen muss. „Wir finden den Vorschlag der FDP gut, aber wir sind schon dran.“ Zu der – politisch brisanten – Frage, welche Plätze zu Treffpunkten entwickelt werden könnten, gebe es noch keine Antworten. „Wichtig ist, dass alle Akteure einbezogen werden.“

Andreas-Paul Stieber (CDU) findet den Ansatz vielversprechend, verweist aber darauf, dass sich rund um den Worringer Platz einige Substitutionspraxen sowie die Drogenhilfe befinden. „Wir können die Menschen nicht zu weit weg von den Praxen verlegen, weil sie dort hin müssen.“ Man müsse zunächst prüfen, welche Chancen die Idee bietet. Auch die SPD unterstützt die Idee. Ratsherr Martin Volkenrath fordert, dass die Fachpolitik einbezogen wird – und stellt die Frage, wo die von CDU und Grünen angekündigte „Innenstadtkonferenz“ bleibt, die sich um solche Themen kümmern sollte.