Medizin der Zukunft Uni-Klinik setzt bei Tumoroperationen auf Hilfe von „Mixed-Reality“-Brillen

Düsseldorf · Beim groß angelegten Forschungsprojekt „Giga for Health“ liegen erste Ergebnisse vor. So gab es eine erste Tumoroperation, die mit Hilfe von „Mixed-Reality“-Brillen und einer Simulation des Patienten vorbereitet wurde.

Oberarzt Majeed Rana (l.) demonstriert Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart (M.), wie mit Hilfe von Mixed-Reality-Brillen bessere Einblicke in den Kopf eines Patienten möglich werden.

Foto: 5G.NRW GIGA FOR HEALTH

. Die Reise in den Kopf des Patienten beginnt. Zu sehen ist er mit Hilfe einer Spezialbrille, die ihn als Simulation dreidimensional erscheinen lässt. Auch der Tumor ist deutlich zu erkennen, den es zu operieren galt. Mit einer so genannten „Mixed-Reality“-Brille vor den Augen erklärt Majeed Rana, Leitender Oberarzt an der Klinik für Mund-, Kiefer- und Plastische Gesichtschirurgie, am Mittwoch in der Uni-Klinik, welche Vorteile das neue Verfahren mit sich bringt. Am Eingriff beteiligte Kollegen konnten ihre Analyse gleichzeitig am Modell vornehmen und absprechen. Eine „neue Tiefe der Vorbereitung“ sei möglich gewesen. „So konnten wir besser sehen, mit welchem Sicherheitsabstand im gesunden Gewebe um den Tumor herum operiert werden musste.“ Rana demonstriert zudem, wie die anschließende Transplantation mit Gewebe aus dem Bein des Patienten in der Simulation durchgespielt werden konnte. Und noch einen Vorteil nennt der Professor. Mit einer erneuten Simulation – stets auf Grundlage einer Computertomografie – sei der Erfolg der Operation nachvollziehbar. „Der Patient kann sehen, ob die OP wie geplant verlaufen ist. In diesem Fall hatten wir nur eine Abweichung von 1,5 Millimetern. Wir konnten also sehr genau arbeiten.“ 

Das Land NRW fördert das Projekt mit zehn Millionen Euro

Damit die Spezial-Brille auch kabellos funktioniert, ist eine ausreichende Vernetzung mit Hilfe des neuen Mobilfunkstandards 5G vonnöten. Und der soll im Zuge des Forschungsprojekts „Giga for Health“ noch einige weitere neue Wege der Medizin ermöglichen. Das Land NRW fördert das Projekt mit zehn Millionen Euro. Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart (FDP) ließ sich am Mittwoch über den Zwischenstand informieren. „Das Projekt mit seinem starken Konsortium hat das Potenzial, auch europaweit ein Leuchtturm für den Einsatz von 5G in Krankenhäusern zu werden“, sagt er.

Schon heute ist die Uni-Klinik das zweitgrößte Herztransplantationszentrum Deutschlands. Auch hier hilft die neue digitale Vernetzung weiter. Ebenfalls mit Hilfe von Spezial-Brillen können sich die Teams sowohl für die oft weit entfernte Entnahme als auch für die Implantation besser absprechen. „Das lief bislang per Telefon“, sagt Oberarzt Hug Aubin. Nun könne das Team vor Ort in Düsseldorf viel besser bei der Entnahme anderswo unterstützen und sogar virtuell Markierungen auf dem digital simulierten und zu entnehmenden Herzen vornehmen.

Eine weitere neue medizinische Anwendung sind hochtechnisierte Spezialpflaster. Sie ersetzen per Kabel an Patienten angeschlossene Monitore zur Überwachung der Vitaldaten. Sie werden etwa in der Notaufnahme eingesetzt, aber auch nach Operationen. Ebenfalls verbessert und beschleunigt werden soll die Erstversorgung von möglichen Schlaganfallpatienten, indem videogestützt Experten dem Notarzt vor Ort zur Seite stehen.  Voraussetzung für digital so aufwendige Daten-Übertragungen ist ein stabiles 5G-Netz. Vodafone ist als einer der vielen Partner des Projekts für diese Infrastruktur zuständig. Ein neuer Antennenmast ist bereits für den Campus installiert, der nicht nur den Empfang außen, sondern auch drinnen verbessert. Zudem sollen 250 kleine Antennen in den Klinikräumen verbaut werden. Mit den Studien soll zudem die Frage beantwortet werden, ob der Mobilfunkstandard Nebenwirkungen für medizinische Gerätschaften hat. Das Fazit des Institut für Hochfrequenztechnik der RWTH Aachen fällt eindeutig aus: „Wir haben in unseren Untersuchungen rund 90 Prozent der Geräte abgedeckt und sie besonders starken Einflüssen ausgesetzt. Wir haben dabei keine einzige Störung festgestellt“, sagt die wissenschaftliche Mitarbeiterin Anna-Malin Schiffarth. Das Ziel für das bis Mitte 2023 angelegte Projekt formuliert Frank Schneider, Ärztlicher Direktor und Vorstandsvorsitzender des UKD: „Wir wollen die Medizin besser machen und Marktführerschaft erreichen.“