Aktionstag Für Blinde und Sehbehinderte gilt: Der Weg ist das Problem

Düsseldorf · Blindenleitsysteme sind in der Welt der Sehenden weitgehend unbekannt. In Düsseldorf werden sie oft von Autos und auch Baustellen jäh unterbrochen.

Noppen- und Rippenplatten helfen Blinden bei der Orientierung im Hauptbahnhof.  Archiv-Foto: Sergej Lepke

Noppen- und Rippenplatten helfen Blinden bei der Orientierung im Hauptbahnhof. Archiv-Foto: Sergej Lepke

Foto: Lepke, Sergej (SL)

Auf dem Weg zum Hauptbahnhof schauen wohl die wenigsten Menschen auf den Boden - dort, wo spezielle Pflastersteine Sehbehinderten einen sicheren Weg gewährleisten sollen. Es ist das taktile, also mit dem Stock ertastbare Blindenleitsystem, das in der Welt der Sehenden eher unbekannt ist.

 „Ich dachte, das sei Kunst am Bau und von einem Künstler extra verlegt worden“, sagte jüngst ein Passant zu Elisabeth Stiebeling. Die Vorsitzende des Blinden- und Sehbehindertenvereins in Düsseldorf weiß, dass das Leitsystem bei den Sehenden noch immer weitgehend unbekannt ist.

Um das zu ändern, hatte sie die Idee zu einem Aktionsvideo. Es wird am kommenden Dienstag, 9. Oktober, beim „Aktionstag Sehen“ im Marienhospital vorgestellt. „Die Leute wissen nicht, wie stressig es für uns Sehbehinderte ist, wenn wir unterwegs sind und welch hohe Konzentration es erfordert, auch wenn man es uns nicht unbedingt ansieht“, berichtet Stiebeling weiter. Da seien zum einen Autos rechts wie links, vorbeisausende Fahrräder und auch hupende Lkw. „Und wenn dann noch unser Leitsystem blockiert ist, geht gar nichts mehr, dann fehlt uns jegliche Orientierung.“

Rund 1000 Blinde leben in Düsseldorf, etwa 5000 weitere haben eine Sehleistung von weniger als 30 Prozent und gelten damit als sehbehindert.

Hochschul-Studentin hat ein
Video zum Thema gedreht

 Die Rillen und Noppen auf den Gehwegen sollen Blinden und Sehbehinderten Sicherheit geben. Umso schlimmer ist es folglich, wenn Autos, Fahrräder, Baustellen und abgestellte Gegenstände das Leitsystem jäh unterbrechen.

Anna Sachs studiert an der Hochschule Düsseldorf Ton und Bild im 6. Semester. Menschen mit Handicap liegen ihr sehr am Herzen und so hat zu diesem wichtigen Thema im Rahmen einer Projektarbeit das Aktionsvideo und einen Spot dazu produziert. Zwei Minuten dauert das Video, 30 Sekunden der Spot. „Wir brauchten die Hindernisse gar nicht konstruieren, als wir das Video gedreht haben. Es ist leider Alltag, dass die Leitsysteme einfach immer wieder zugestellt werden“, sagt sie.

 Der Spot widmet sich dem Thema mit großer Ernsthaftigkeit, während der Kurzfilm mit einem Augenzwinkern seine Zuschauer für das Thema sensibilisieren will. „In dem Spot geht es um das Leitsystem an den Haltestellen des öffentlichen Nahverkehrs. Wenn da zum Beispiel auf den Bodenindikatoren ein Koffer steht, kann die Desorientierung beim Behinderten so groß sein, dass er im schlimmsten Fall auf die Schienen fällt“, sagt Stiebeling.

In dem Kurzfilm werden Behinderungen an verschiedenen Stellen gezeigt, sogar eine Baustelle der Stadt stand mitten auf einem Leitstreifen. Etwa 500 Euro hat die Produktion des Videos gekostet, finanziert wurde es von der Stiftung Blindenhilfe in Düsseldorf. „Jetzt müssen die Screens noch so platziert werden, dass sie einer breiten Öffentlichkeit zugänglich sind“, sagt Stiebeling. Ideal seien U-Bahnhöfe und auch Rathäuser, Gespräche mit Stadt und Rheinbahn dazu laufen bereits, berichtet Stiebeling. „Eine Stadt muss doch so gestaltet sein, dass alle in ihr gut leben können“, sagt Sachs.

Aktionstag Sehen am Dienstag im Marienhospital

Die Woche des Sehens läuft dieses Jahr unter dem Motto „Mit anderen Augen – Blindheit verstehen“ und möchte all jene ansprechen, die sich über die Bedürfnisse sehbehinderter und blinder Menschen sowie die Auswirkungen informieren möchten.

Beim „Aktionstag Sehen“ im Marienhospital am kommenden Dienstag von 13 bis 17 Uhr informieren Ärzte in Vorträgen über Behandlungsmöglichkeiten und Aussteller über technische Hilfsmittel.

In der Augenklinik am Marienhospital werden jährlich 1350 Patienten stationär behandelt. Die Therapien böten heute beste Hilfen bei vielen Augenerkrankungen, sagt Chefarzt Babac Mazinani. „Aber leider gehen viele Menschen zu spät oder zu selten zum Augenarzt.“ Er rät besonders älteren Menschen, bei Sehstörungen sofort einen Facharzt aufzusuchen: „Wenn Sie plötzlich verzerrt sehen und der Türrahmen krumm erscheint, kann es sich um eine Makuladegeneration handeln.“ Wer binnen 14 Tagen nach Auftreten der Symptome behandelt werde, habe beste Heilungschancen.