Düsseldorfer im Bundestag: „Das Leben wird sich radikal ändern“
Seit der Bundestagswahl stehen Gisela Piltz und Thomas Jarzombek plötzlich im Zentrum der Macht. Innerhalb von zehn Tagen hat sich ihr Leben komplett verändert.
Ein bisschen abgekämpft und müde - so konnte man die Düsseldorfer Bundestagsabgeordnete Gisela Piltz am Dienstagabend in den Tagesthemen sehen. Nur kurz war sie im Bild - als sie gerade die erste Koalitionsrunde von CDU und FDP in Berlin verließ. Mit einem stattlichen Stapel Akten unter dem Arm, dessen Inhalt vermutlich nicht vergnügungssteuerpflichtig ist.
Seit 2002 sitzt die Liberale im Bundestag. Doch seit der Bundestagswahl ist alles anders: Nach sieben Jahren Opposition steht sie plötzlich im Zentrum der Macht. An der Seite der designierten neuen Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger verhandelt sie den künftigen Kurs der Bundesregierung im Bereich Innen und Recht.
Vielen Beobachtern gilt Piltz als mögliche Staatssekretärin im Justizministerium. Die 44-Jährige kommentiert das nicht. Am Wahlabend jedoch hatte sie deutlich abgewunken: "In ein Ministerium will ich gar nicht. Aber das glaubt mir ja keiner." So oder so, Piltz ahnt schon jetzt: "Das Leben wird sich radikal ändern." Das merkte sie schon direkt nach der Wahl: "Das fängt damit an, dass ich viel mehr Glückwünsche bekommen habe als nach früheren Wahlen - auch von Leuten, die mich sonst ignoriert haben."
Doch während sich die Lobbyisten in Schön-Wetter üben, plagen die Liberale ganz andere Sorgen: Die Platzverhältnisse in ihrem Büro sind kurz vor Sardinenbüchse. Weil den neuen Abgeordneten ein Büro erst zusteht, wenn sich der Bundestag konstituiert hat, gewährt sie zwei FDP-Neulingen Asyl. Bedeutet: Sechs Menschen (inklusive Mitarbeiter) teilen sich drei kleine Räume. "Als ich gestern ins Büro kam, hatte ich nicht mal einen Arbeitsplatz." Weit schwerer wiege indes die aktuelle Dauerbelastung. "Das ist mehr als ein Fulltimejob", sagt Piltz, die auch Chefin der FDP-Landesgruppe ist - und sich neben den Koalitionsverhandlungen um die Anliegen von sieben Neu-Abgeordneten kümmern muss. Privatleben? "Habe ich hoffentlich wieder am Wochenende. Aber es kann sein, dass die Runde auch dann tagt. Zurzeit führe ich ein Leben auf Abruf." Das aber sei die Sache wert: "Es ist die einmalige Chance, etwas Neues zu machen."
Die hat auch Thomas Jarzombek. Der 36-Jährige räumt gerade sein Büro im Landtag, er wird als Neuling die CDU in Berlin verstärken. Auch er hat noch kein eigenes Büro, vorläufig ist er bei einem abgewählten CDU-Bundestagsabgeordneten aus Duisburg untergekommen. Dass er künftig Teil der Regierungsmehrheit ist, sickert offenbar erst nach und nach ins Unterbewusstsein. "So richtig realisieren kann ich das noch gar nicht. Ich glaube, das kommt noch: Das erste Mal im Plenarsaal zu sitzen, das ist bestimmt ein irres Gefühl."
Vorher aber steht die Wohnungssuche. Bescheiden soll die Unterkunft sein, so viel ist schon klar. "Höchstens 35 Quadratmeter, ich will es mir nicht zu gemütlich machen", sagt Jarzombek. "Denn wenn es zu gemütlich wird, fährt man bestimmt seltener nach Hause."