Düsseldorfer Musikszene: Keine Ideen, keine Substanz - Mit der Musik geht’s bergab
Der Düsseldorfer Musikszene mangelt es an kreativem Nachwuchs. Sogar der Förderpreis wurde nicht vergeben, weil die Qualität fehlte.
Düsseldorf. Am Mittwochabend wurden die städtischen Förderpreise vergeben. Mit einer Ausnahme. Für den Bereich U-Musik (U wie Unterhaltung) hatte die Jury keinen geeigneten Bewerber gefunden. Stattdessen gehen die 4000 Euro an das Schul-Projekt Singpause. "Zu wenig Ideen, zu wenig Substanz", begründet Jury-Mitglied René Heinersdorff senior die Entscheidung des Gremiums. Ein Armutszeugnis für die Düsseldorfer Musikkszene.
Über Jahrzehnte kamen vom Rhein richtungsweisende Bands wie Kraftwerk, die Toten Hosen, La Düsseldorf oder die Krupps. Seit Jahren hat keine Gruppe mehr den großen Durchbruch geschafft, neue Hoffnungsträger sind nicht in Sicht. "Die Musikszene ist kleiner geworden", sagt , Sabine Fleischer, die den Nachwuchswettbewerb City Beats organisiert, "in diesem Jahr hatten wir 60 Bewerbungen, früher waren es 120 bis 150."
Auch die Einstellung der Musiker habe sich verändert: "Viele sind demotiviert und glauben gar nicht an den großen Durchbruch. Die betrachten das Ganze mehr als Hobby." Oft fehle auch das Gemeinschaftsgefühl, was Bands früher ausgezeichnet habe. Sabine Fleischer: "Da sind oft Selbstdarsteller am Werk,. Dazu haben auch die vielen Casting-Shows im Fernsehen beigetragen."
Wie schwer es der Nachwuchs hat, erlebt auch Oliver Haufe. Er wollte im September ein großes Nachwuchs-Festival mit jungen Bands in Reisholz organisieren. Obwohl mit den Killerpilzen ein echter Hauptact verpflichtet wurde, war das Interesse mager: "Wir haben nur 200 Karten verkauft." Das Festival wurde abgesagt
Trotzdem lässt sich der Vater von zwei jungen Musikern nicht entmutigen. Mit elf bis vierzehn Jahren sind 3reep1-4Rock eine der jüngsten deutschen Rockbands. In Düsseldorf sieht er nur begrenzte Möglichkeiten: "Berlin hat eine ganz andere Szene. Auch in anderen Städten wird einfach mehr für den musikalischen Nachwuchs getan."
Dass es jungen Bands an Durchhaltevermögen mangele, kritisiert Konrad Schnabel, der den städtischen Nachwuchswettbewerb mit aus der Taufe gehoben hatte: "Alle Bands, die heute oben sind, ob Hosen, Ärzte oder Pur, haben die Ochsentour durch die kleinen Clubs gemacht. Dazu sind viele junge Musiker aber heute nicht mehr bereit."
"Ein Live-Auftritt bringt mehr als 30 Proben", weiß Wolfgang Wölli Rohde, Ex-Schlagzeuger der Toten Hosen, der sich seit Jahren um neue Bands kümmert. "Was Auftritts-Möglichkeiten anbelangt, ist Düsseldorf wirklich arm dran", stellt er fest. Allerdings hält Wölli wenig von Musik-Wettbewerben: "Da wird viel gemauschelt." Er glaubt nicht, dass es weniger Bands als früher gibt: "Aber die nehmen ihre Vermarktung übers Internet selbst in die Hand." Als Mitglied des Landesmusikrates sieht er einen Lichtblick: "Die Gema hat sich bereit erklärt, Spielstätten, die sich um den Nachwuchs kümmern, von den Gebühren zu befreien."
Oft enden die Träume auch wie bei Sunstalker, die 1997 die City Beats gewannen. "Wir sind lange mit einem alten VW-Bus getourt. Wenn man nach Rostock fährt und vor 15 Leuten spielt, verliert man die Motivation", sagt Sängerin Sabine Wiegand. Heute macht sie Comedy.